
Der Zukunft auf der Spur
Bei einer Funktionärsveranstaltung der Tiroler Wirtschaftskammer analysierte Top-Speaker und Zukunftsforscher Maximilian Lude, welche Technologien und Gesellschaftstrends zukunftsfähig sind. In seinem Impulsvortrag „Ist das Zukunft oder kann das weg?“ zeigte er, wie sich Unternehmer:innen auf kommende Herausforderungen vorbereiten können.
Lesedauer: 4 Minuten
Die Welt wird schneller, digitaler und komplexer. Was können KMU tun, um von dieser Entwicklung nicht überfordert zu sein?
Maximilian Lude: Die zunehmende Geschwindigkeit werden wir nicht einbremsen können. Den Anspruch, überall der „Erste“ zu sein, erachte ich aber ebenfalls für hinfällig. Es gibt ein schönes englisches Sprichwort: „The second mouse gets the cheese“. KMU sollen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren: Immer ein offenes Ohr und ein Auge für neue Technologien und Entwicklungen und vor allem den Mut zu haben, neue Ideen auszuprobieren. Die Balance aus Kerngeschäft und konstanter Exploration kann der Schlüssel für langfristigen Erfolg sein.
Sie sprechen von „Zukünften“. Was meinen Sie damit?
Durch die bereits angesprochene zunehmende Geschwindigkeit, in der sich Technologien, Konsumentinnen und Konsumenten, und Märkte derzeit verändern, ist es aus meiner Sicht schlichtweg unmöglich, die eine Zukunft zu antizipieren oder vorherzusagen. Deshalb sollten wir in Szenarien denken, also von vielen möglichen Zukünften ausgehen – so können wir uns auf verschiedene Entwicklungen einstellen. In unseren „Strategic Foresight“-Projekten machen wir genau das mit KMUs und deren
Führungsebene.
Unternehmer:innen sehen Unsicherheit weniger als Risiko, sondern vielmehr als Chance, neue Werteschöpfungsmöglichkeiten zu entdecken und zu nutzen.
Maximilian Lude
Sie unterscheiden zwischen Managern und Unternehmern. Welche Eigenschaften zeichnet die jeweilige Gruppe aus?
Ich unterscheide zwischen den beiden Gruppen vor allem hinsichtlich einer Entscheidungsfindung unter Unsicherheit. Die stereotypisierte Gruppe der Manager:innen handelt oft nach einer vorausgeplanten und risikominimierenden Strategie, die stark auf Prognosen und bestehenden Daten basiert. Sie neigen dazu, in etablierten Strukturen zu operieren und suchen nach Möglichkeiten, Unsicherheiten durch gründliche Analyse und strategische Planung zu reduzieren. Im Gegensatz dazu fokussieren sich Unternehmer:innen darauf, mit den verfügbaren Mitteln zu beginnen und von dort aus Möglichkeiten zu entwickeln. Sie sind bereit, Unsicherheiten als Teil des Prozesses zu akzeptieren und passen ihre Ziele und Strategien dynamisch an, während sie neue Informationen und Ressourcen erhalten. Diese Flexibilität und die Bereitschaft, auf Grundlage aktueller Gegebenheiten zu handeln und diese kreativ zu nutzen, unterscheiden Unternehmer:innen signifikant von Manager:innen. Unternehmer und Unternehmerinnen sehen Unsicherheit weniger als Risiko, sondern vielmehr als Chance, neue Werteschöpfungsmöglichkeiten zu entdecken und zu nutzen.
Was können Traditionsbetriebe tun, damit sie den Sprung in die nächste Generation schaffen?
Ich denke, sie sollten versuchen, Hypes von Trends zu unterscheiden und letztere mitgehen, wo immer es ihnen möglich ist. Ein Beispiel: Ist Künstliche Intelligenz ein Trend oder ein Hype? KI ist definitiv kein Hype und wird auch 2025 weiterhin ein Fokusthema bleiben, allerdings etwas weniger hektisch als im Jahr zuvor. Auch wird sich der KI im Jahr 2025 vermutlich vermehrt von generativer KI auf KI-Agenten verschieben, die nicht mehr „nur“ Inhalte erstellen, sondern autonom handeln und entscheiden. Auch Traditionsbetriebe sollten also mit KI arbeiten – dafür gibt es deutlich mehr Möglichkeiten, als sie vielleicht denken.
Welches Skillset sollten wir uns jetzt aufbauen, damit wir mit dem Fortschritt der Technik mithalten können?
Im Future of Jobs Report 2025, der vom World Economic Forum veröffentlicht wird, wird genau diese Frage beantwortet. Der Report sollte daher zur Pflichtlektüre von vielen Führungskräften gehören. In der aktuellen Ausgabe wird als Skill zum Beispiel „Lebenslanges Lernen“ aufgeführt, was für mich als absolute Metakompetenz und Grundlage für Zukunftsgestaltung gesehen werden kann. Lebenslanges Lernen ist der Herzschrittmacher unseres individuellen Technologieverständnisses. Nur durch eine immerwährende Bereitschaft, Neues zu lernen, können wir in dieser sich unaufhaltbar schnell wandelnden Welt mithalten.
Deshalb sollten neue Weiterbildungs- und Akademieformate auf der Tages- und Investitionsplanung jedes Unternehmens stehen. Weitere Skills, die innerhalb der kommenden Jahre enorm an Bedeutung gewinnen werden, sind KI- und Big Data-Kompetenzen, technologische Fähigkeiten und Creative Thinking. Zu letzterem gehört meiner Ansicht nach auch das Critical Thinking, also die Fähigkeit, Output kritisch zu hinterfragen und Informationsquellen zu verifizieren. Gerade in einer Welt, die nun auch geprägt ist von Deepfakes und Fake News, wird dies zu einer essenziellen Kompetenz. Der Future Jobs Report 2025 nennt als Top 3 Skills: ‘Analytical Thinking‘, ‘Resilience, Flexibility and Agility’ und ‘Leadership und Social Influence’. In anderen Worten: Unsere wichtigste Technologie ist und bleibt die Konversation.
Mehr Informationen unter: www.maximilianlude.de
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