Bei Gradl sind Tüftler am Werk
Philipp Gradl und sein Team sind Experten, wenn es um Schaltungsentwicklung, Platinenlayout und Leiterplatten geht. Für das Arbeiten im Gerätebau muss man bestimmte Eigenschaften mitbringen.
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„Es gibt den Typ ,Tüftler‘ und bei uns muss man ein Tüftler sein. Ansonsten ist die Arbeit hier frustrierend“, weiß Philipp Gradl, Geschäftsführer der WGT-Elektronik GmbH. In dem 700 m2 großen Gebäude in der Rettenbergstraße 30a in Kolsass entstehen Spezialgeräte, wie der Unternehmer weiter erklärt: „Wir setzen für unsere Kunden elektronische und elektromechanische Aufgabenstellungen um, für die keine passende industrielle Lösung existiert. Wenn ein Kunde ein Problem hat, dann suchen wir gerne eine passende Lösung und entwickeln ein entsprechendes Gerät.“
Bereits seit über 50 Jahren ist der Name Gradl untrennbar mit Spezialanfertigungen im Gerätebau verbunden. Unternehmensgründer Walter Gradl machte anfangs als Ein-Personen-Unternehmen sehr viel Vorrichtungs- und Gerätebau für das physikalische Institut der Uni Innsbruck. Sein Sohn Philipp stieg bereits mit 23 Jahren ins Unternehmen ein. „Ich studierte gerade Maschinenbau in Graz als drei wichtige Mitarbeiter meines Vater kündigten. Da war es für mich an der Zeit, das Studium abzubrechen und in das Unternehmen einzusteigen. Der kaufmännische Bereich und die Lehrlingsausbildung waren dann meine Aufgabenbereiche, in die ich schnell hineingewachsen bin. Begonnen habe ich mit einem Buchhaltungskurs, es folgte die Werkmeisterschule für Elektrotechnik und anschließend die gewerbliche Meisterprüfung als Elektromechaniker“, wirft Gradl, der auch Landesinnungsmeister-Stellvertreter der Mechatroniker in der WK Tirol ist, einen Blick zurück.
Schon mein Vater war Funktionär und ich habe damals sehr viel mitbekommen. Da war es für mich naheliegend, dass ich mich auch ind er Landesinnung engagiere.
Worauf sind Sie in Ihrer Funktionärstätigkeit stolz?
Stolz bin ich darauf, dass wir innerhalb unserer Innung sehr gut zusammenarbeiten und bei Stellungnahmen an die Bezirkshauptmannschaft ein gutes Übereinkommen haben.
Welche Ziele verfolgen Sie als Funktionär?
Mein Ziel ist, dass die duale Ausbildung den nötigen Stellenwert bekommt, der ihr zusteht und dass dieser Stellenwert der Realität entspricht.
Projekte in der Medizintechnik
Der Unternehmer und sein 18-köpfiges Team sind Spezialisten, wenn es um Schaltungsentwicklung, Platinenlayout, Leiterplatten, Messtechnik, Prototypenbau, Reparaturen oder Wickeltechnik geht. Ein Vorzeigeprojekt des Unternehmens WGT Elektronik ist das Sauerstoffmessgerät O2k-FluoRespirometer. Die Entwicklung startete im Jahr 2001 durch den Wissenschaftler Dr. Erich Gnaiger und seine Firma Oroboros Instruments GmbH. Ganze zwei Jahre lang entwickelte, forschte und probierte das Team rund um Philipp Gradl, bis das fertige Gerät schließlich „geboren“ war.
„Von der Idee weg, über Entwicklungsversuche hin zu Prototypen, folgten Kleinserien. Heute sind über 1.100 produzierte Geräte in 67 Ländern im Einsatz. Nun ist dieses Sauerstoffmessgerät auf der ganzen Welt Forschungsstandard in diesem Bereich. Das Gerät hat zwei Kammern. In diese Kammern kommt eine flüssige Probe hinein, zum Beispiel Wasser, Kochsalzlösung oder Blut. Und in diese flüssige Probe wiederum kommt eine Zellprobe hinein. Das Gerät kann dann online messen, wieviel Sauerstoff in dieser Kammer verbraucht wird. Und das auf einem sehr hohen Niveau. Die Wissenschaftler interessiert besonders der Bereich, in dem der Sauerstoff niedrig ist“, skizziert Gradl. Das O2k-FluoRespirometer wurde inzwischen weiterentwickelt. Das NextGen-O2k ist ein all-in one Gerät mit integriertem PC, abnehmbarem Bildschirm und drei zusätzlichen Modulen.
Wie entwickelt man solche Geräte?
Es fängt an mit der Vorstellung des Kunden, die mehr oder weniger ausgereift ist. Der Unternehmer führt weiter aus: „Das Gerät muss handhabbar sein, über die entsprechende Messtechnik verfügen und es sollte präzise wiederholbare Ergebnisse liefern können. In diesem Fall gab es einige besondere Anforderungen, an denen wir arbeiten mussten. Es ist zudem zu erforschen, was auf diesem Gebiet vielleicht schon ausprobiert wurde. Irgendwann kommt es zu einer Lösung. Genau das macht die Arbeit in der Elektronik aus: Du siehst es nicht, du riechst es nicht, du schmeckst es nicht. Durch theoretische Auseinandersetzung, ohne es wahrzunehmen, findet man heraus, warum etwas nicht funktioniert und wie es funktionieren könnte. Es braucht viel Fingerspitzengefühl. Man ist ganz oft allein mit dem Werkstück und hat keinen Ansprechpartner. Das ist eine Typsache. Der eine mag das und der andere mag das nicht.“
Das gesamte Gerät wird im Unternehmen gebaut. In der Werkstatt im Erdgeschoß wird gedreht, gefräst, geschweißt und gebogen. „Wir können alles, was es für die Prototypenherstellung braucht“, sagt Gradl. Auch die komplette Logistik und der weltweite Versand laufen über das Kolsasser Unternehmen WGT.
Die Lehrlingsausbildung ist dem Landesinnungsmeister-Stellvertreter ein besonderes Anliegen. Insgesamt 21 Lehrlinge sind im Lehrberuf Elektroniker in seinem Unternehmen ausgebildet worden, aktuell unterstützt Lehrling Nico das Team. Sieben ehemalige Lehrlinge arbeiten noch immer bei WGT Elektronik und tragen maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens bei. Regelmäßig unterstützt Gradl auch Berufsorientierungs-Veranstaltungen wie den Girls Day oder Rookie. „Ich nehme auch Lehrlinge auf, die vorher eine höhere Schule gemacht haben und noch eine Lehre anschließen möchten“, betont Gradl. Er selbst hat nach der AHS-Matura noch eine Lehre zum Feinmechaniker gemacht und kennt die Vorzüge der dualen Ausbildung.
Kinderwerkstatt in Planung
Ein Herzensprojekt von Gradl steht gerade in den Startlöchern: eine Kinderwerkstatt namens Herzkraftwerk. Hintergrund ist folgender: „Mich hat immer schon interessiert, wie Kinder später zu einem Beruf kommen und wie man sie dabei am besten anleitet. Früher hat es auf einem Hof oder in einem Einfamilienhaus fast immer eine kleine Werkstatt gegeben, wo irgendetwas repariert wurde. So sind Kinder mit Werkzeug in Berührung gekommen. Das ist in der heutigen Zeit nicht mehr der Fall, da ist oft kein Platz und kein Raum für Lärm und das in Berührung-kommen mit Werkzeugen. In Volders plane ich gerade eine Werkstatt, in der Volksschulkinder mit verschiedenen Werkzeugen etwas bauen können. Anfangen möchte ich mit Holz und wichtig ist mir vor allem, dass die Kinder das Werkzeug selber in der Hand haben und ein Werkstück herstellen können. Es muss nicht perfekt sein, es geht nur um die Erfahrung, selbst etwas herstellen zu können“, erklärt Gradl.
Was soll die Zukunft für das Unternehmen bringen? Philipp Gradl hat konkrete Vorstellungen: „Mit unserer Betriebsgröße bin ich sehr zufrieden. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir weiterhin Kunden finden, die gute Ideen haben und wir diese Ideen realisieren können. Wichtig für uns ist auch, dass der Kunde die Produkte dann auf den Markt bringt.“
Weitere Informationen: WGT-Elektronik Gradl