Insbesondere für Skigebietekann eine Windkraftanlage eine sinnvolle und effiziente Möglichkeit sein, erneuerbare Energie zu produzieren.
© Leitwind/ Klaus Rockenbauer

„Windkraft ermöglicht eine ganzjährige Energieproduktion“

Im Gespräch mit der Tiroler Wirtschaft erklärt Leitwind-Standortmanager Lukas Emberger, wie Windkraft zum Gelingen der Energiewende beitragen kann.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 30.05.2023

Die Energiewende erfordert den Ausbau sämtlicher erneuerbarer Energiequellen. Das Erneuerbaren Ausbaugesetz sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 100 % Ökostrom erzeugt wird. Dafür ist im Bereich der Windkraft ein Ausbau im Ausmaß von 10 Terawattstunden (TWh) erforderlich. Die Firma Leitwind ist der italienische Marktführer für Windkraftanlagen in der Kategorie 200 bis 1.000 kW. Mit seiner 20-jährigen Erfahrung hat Leitwind über 400 Windenergieanlagen weltweit installiert. In Telfs erfolgt die Produktion von Generatoren, Trafostationen, Naben und Maschinenträgern. Zugleich ist Telfs der Standort des Test Centers von Leitwind.

Welchen Beitrag kann die Windkraft zur Energiewende leisten?

Lukas Emberger: Windkraftanlagen sind essenziell für eine ganzheitliche, nachhaltige und erneuerbare Energieproduktion, da sie andere Energiequellen ergänzen und somit einen umfangreichen Energiemix ermöglichen. Bei einem erfolgreichen Energiemix werden alle lokalen Gegebenheiten und Ressourcen effizient genützt, um stabile, kostengünstige und saubere Energie zu erzeugen. Durch die Windkraft ist eine ganzjährige Energieproduktion möglich. Besondere Vorteile ergeben sich vor allem in der kalten Jahreszeit, in der die Energieerzeugung aus Solar-
energie und Wasserkraft begrenzt ist. So werden vor allem in den alpinen Regionen zwei Drittel der Windenergie in den Wintermonaten erzeugt.

Sind alpine Regionen zur Erzeugung von Windenergie geeignet? Wenn ja, welche Landschaftsräume kommen dafür in
Frage?

Auch in alpinen Regionen ist eine ökologisch und wirtschaftlich sinnvolle Produktion von Wind-
energie möglich. Hier müssen die Standorte jedoch aufgrund des topographisch mitunter komplexen Geländes einzeln überprüft werden. Infrastruktur wie Zuwege oder Netzanschluss sollten im Idealfall bereits vorhanden sein. Insbesondere für Skigebiete kann eine Windkraftanlage eine sinnvolle und effiziente Möglichkeit sein, erneuerbare Energie zu produzieren.

„Auch in alpinen Regionen ist eine ökologisch und wirtschaftlich sinnvolle Produktion von Windenergie möglich.“

Braucht es für alpine Regionen andere Windräder als beispielsweise für Küstengegenden?

In alpinen Regionen haben die natürlichen Gegebenheiten wie Durchschnittswinde, Turbulenzen und Extremwinde einen großen Einfluss auf die ganzjährige Energieproduktion. Diese Faktoren müssen daher genau analysiert und berücksichtigt werden. Auch die Erreichbarkeit des Standortes ist ausschlaggebend für die nachhaltige und wirtschaftlich sinnvolle Installation der Anlage. Robuste Windkraftanlagen mit modularer Bauweise sind hier klar im Vorteil. Anders als in Küstengebieten sind im alpinen Raum grundsätzlich eher kleine und mittelgroße Windräder geeignet. Die LTW42 beispielsweise ist die kleinste Windkraftanlage im Leitwind Portfolio. Dank der geringen Gesamthöhe sowie der kompakten und modularen Bauweise ist diese Anlage nicht nur einfach zu transportieren, sondern auch zu installieren und lässt sich gut in das jeweilige Landschaftsbild integrieren.

Was wird im Leitwind-Werk in Telfs erzeugt? Findet dort auch Forschung & Entwicklung statt?

Im Bereich der Windkraft werden Generatoren, Trafostationen, Naben und Maschinenträger in Telfs produziert. Der Standort verfügt darüber hinaus über umfangreiche Teststandaufbauten für Direktantriebsmotoren und Windkraftgeneratoren. In Telfs entsteht auch das Herzstück der Leitwind-Anlagen, der DirectDrive Generator. Dieser ist ein Direktantrieb mit Synchrongenerator und Permanentmagneten, welcher eine besonders geräuscharme und effiziente Energieproduktion ermöglicht und zudem sehr wartungsfreundlich ist.

Die Arbeitsplätze im Leitwind-Werk in Telfs sind typische „Green Jobs“. Ist Tirol für diese Art von Arbeitsplätzen ein guter Standort?

Grundsätzlich ist Tirol ein guter Standort für „Green Jobs“, da es gut ausgebildetes Fachpersonal gibt. Es bleibt aber wie überall auch weiterhin eine Herausforderung, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Am Beginn der Leitwind-Geschichte stand die Technologie der Seilbahnen von Leitner, die Kernkompetenz des Mutterkonzerns HTI. Wie lässt sich Seilbahn-Know-how für den Bau von Windrädern nutzen?

Anfang der 2000-er wurde der DirectDrive bei Leitner entwickelt und bei einer ersten Seilbahn in Südtirol installiert. In einem Gespräch zwischen dem damaligen technischen Direktor der Leitner AG, Otto Pabst, und Michael Seeber entstand die Idee, diese entwickelte Technologie des DirectDrive auch für Windkraftanlagen zu nutzen. Das war sozusagen die Geburtsstunde von Leitwind und so wurde schließlich im Herbst 2003 in Mals im Vinschgau der erste Prototyp einer Windkraftanlage installiert.

Der Tiroler Landtag hat die Aktualisierung der zehn Jahre alten Studie zur Nutzung der Windkraft in Tirol beschlossen. Was sollte Ihrer Meinung nach in einer neuen Studie erhoben werden?

Man sollte berücksichtigen, dass dank moderner Windkraftanlagen bereits in windarmen Zonen mit einem Durchschnittswind von 5m/s eine wirtschaftliche und nachhaltige Produktion von Windenergie möglich ist. Außerdem sollten bereits vorhandene technische Innovationen zum Schutz von Flora und Fauna berücksichtigt werden. In den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen im Energiebereich grundlegend verändert, sodass heute die Windkraft ein fixer Bestandteil eines nachhaltigen Energiemixes sein muss.

Was muss sich bei den gesetzlichen Vorgaben ändern, damit es zu einer Beschleunigung beim Ausbau der Windkraft kommt?

Es müssten einerseits klare gesetzliche Rahmenbedingung geschaffen werden. Gleichzeitig sollte auch ein zeitlich klar definierter Genehmigungsprozess eine bessere Planbarkeit und Kalkulierbarkeit eines Projekts gewährleisten.

Welchen Stellenwert haben aus Ihrer Sicht die Anstrengungen mancher Skiliftbetreiber, Windräder in Skigebieten aufzustellen?

Im Rahmen eines optimalen Energiemixes wird Wind auch in den alpinen Gebieten eine Rolle spielen, wobei das Thema auch in Zusammenhang mit Skigebieten sehr interessant ist. Windkraftanlagen ermöglichen einerseits die Produktion von nachhaltiger und kostengünstiger Energie vor Ort, die für den Skibetrieb benötigt wird. Andererseits können Windkraftanlagen auch als wichtige zusätzliche Einnahmequelle dienen, wie z.B. im Skigebiet Salzstiegl in der Steiermark.