Eine junge Frau näht an einer Nähmaschine. Im Hintergrund große Holzteile
© Christian Vorhofer | WKO

„Um Menschen kümmern, statt um Formulare“

Die Konjunkturstimmung im Tiroler Gewerbe und Handwerk ist verhalten. Ein Bürokratiestopp würde die Betriebe bei Dokumentations- und Kontrollpflichten entlasten und Rückenwind für den Aufschwung bringen.

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Aktualisiert am 17.07.2024

Eine Auswertung der KMU Forschung Austria belegt eine durchwachsene Stimmungslage bei den heimischen Betrieben im Tiroler Gewerbe und Handwerk. Die Auftragseingänge bzw. Umsätze im 1. Quartal 2024 sind im Vergleich zum Vorjahresquartal wertmäßig um 3,3 % gesunken. Der Blick nach vorne fällt verhalten aus: Für das 3. Quartal 2024 überwiegen per Saldo die pessimistischen Einschätzungen um -11 %. Besonders groß fällt das Minus mit -19 % in stark von der Baukonjunktur abhängigen, investitionsgüternahen Branchen aus, etwa im Holzbau oder der Metalltechnik. Einen leicht positiven Ausblick sehen hingegen konsumnahe Branchen wie Mode und Bekleidungstechnik oder das Lebensmittelgewerbe. „In Summe zeigen die Einschätzungen, dass wir aktuell wohl die Talsohle erreicht haben, aber noch nicht über den Berg sind“, erklärt Spartenobmann Franz Jirka. Die Sparte fordert daher von der Politik, Anreize zur Konjunkturbelebung zu setzen, vor allem im Baubereich. Als positives Signal sieht der Spartenobmann den Handwerkerbonus, der seit dieser Woche beantragt werden kann.

Zurückhaltender Konsum

Die Betriebe leiden neben hohen Kosten, einem schwachen Arbeitsmarkt und zurückhaltendem Konsum auch unter hoher Bürokratie: 70 % der Betriebe beklagen, dass diese in den letzten 3 Jahren weiter zugenommen hat. „Der Staat belastet mit komplizierten Regelungen die Tiroler Firmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich. Das muss nicht sein“, betont Jirka. Die große Stärke der heimischen Betriebe ist der Servicegedanke und die Nähe zu den Kundinnen und Kunden. „Wir möchten unsere Arbeit machen und uns um die Menschen kümmern können, nicht um Formulare. Wir haben Meisterprüfungen abgelegt, um handwerkliche Qualität zu erbringen, und nicht um sinnlose Papiere auszufüllen, die zudem auch noch immer mehr werden“, erklärt der Spartenobmann. Um den Betrieben Rückenwind zu verschaffen, fordert die Sparte einen Bürokratie-Stopp für neue Rechtsvorschriften und eine Reduktion bei allen bestehenden Bürokratieauflagen um ein Viertel. Franz Jirka ist überzeugt, dass damit ein effektives und günstiges Konjunkturpaket verbunden ist.

Bürokratieirrsinn stoppen

Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Spartenobmann, dass Regelungen, die ursprünglich auf Großkonzerne abzielten, nun auch kleine und mittlere Betriebe treffen. So sind etwa die EU-Lieferkettenrichtlinie oder die EU-Entwaldungsverordnung gut gemeint, bringen aber in der Praxis zahlreiche Berichts- und Dokumentationssysteme auch für mittelständische Unternehmen. Deshalb fordert die Sparte Gewerbe und Handwerk in der Petition „Stoppt den Bürokratieirrsinn“ unter anderem, dass Produkte aus Österreich und der EU automatisch als konform mit sozialen und ökologischen Standards gelten sollen und KMUs sich auf die Sorgfaltserklärung des EU-Importeurs verlassen können. „Überzogene Dokumentations- und Kontrollpflichten, die meist aus der Welt der Großkonzerne stammen, bringen den Innovationsgeist und das Engagement unserer Gewerbe- und Handwerksbetriebe Schritt für Schritt zum Erliegen. Deshalb wehren wir Gewerbetreibende und Handwerker:innen uns jetzt gegen dieses Übermaß an Bürokratie. Dann können die top ausgebildeten Fachkräfte in den Tiroler Firmen endlich wieder mit Freude ihre Arbeit machen. Immer mehr Verwaltung und immer weniger Handwerker wird sich am Ende des Tages nicht ausgehen“, gibt Franz Jirka zu bedenken.