„Leistung gehört zu unserer DNA“
WK-Präsidentin Barbara Thaler erklärt im Interview, warum die Wirtschaftskammer einen Schwerpunkt zum Thema Leistung verfolgt und welche Ziele damit erreicht werden sollen.
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Das Wirtschaftsparlament der WK Tirol hat sich intensiv mit dem Thema Leistung befasst. Was war die Motivation dafür?
Mir ist die Wertschätzung für Unternehmerinnen und Unternehmer und ihrer Leistungen ein zentrales Anliegen. Für alle Selbstständigen und unternehmerisch denkenden Menschen ist es selbstverständlich, dass Leistung die Grundlage für jeden Erfolg darstellt. Das Leistungsprinzip gehört zur DNA von uns Unternehmer:innen. Doch in der öffentlichen Meinung fehlt vielfach dieses Verständnis. Das zeigt sich beispielsweise in den Debatten um ein bedingungsloses Grundeinkommen, der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sowie einer negativen Grundstimmung gegenüber neuen Projekten.
Worin liegt Ihrer Meinung nach der Grund dafür?
Der Grund für diese Entwicklungen liegt im fehlenden Verständnis für den Stellenwert von Leistung für unseren Wohlstand. Daher herrscht bei vielen Menschen Verunsicherung darüber, ob es sich lohnt, sich anzustrengen. Es gab und gibt so viele Veränderungen, etwa in der Arbeitswelt oder im Bereich Energie, dass viele glauben, man könne den Wandel mit Stillstand aufhalten. Das funktioniert aber nicht. Die Veränderung findet trotzdem statt und man vergibt die Chance, sie zu gestalten. Wir Unternehmerinnen und Unternehmer überwinden diese Angst vor dem Ungewissen dadurch, dass wir etwas unternehmen, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir wissen, dass der Mut und der Wille zur Veränderung mehr bringen, als den Kopf in den Sand zu stecken – weil dann schlicht und einfach etwas dabei herauskommt.
Und diese Begeisterung wollen Sie nun neu entfachen?
Ja. Wir müssen den Funken neu entzünden, uns die Begeisterung wieder zurückholen. Leistung muss wieder cool werden. Der Wille zur Leistung und damit verbunden das Bekenntnis zur Eigenverantwortung und die Lust am Gestalten sind die Voraussetzungen dafür, dass sich unsere Gesellschaft nach vorne entwickelt. Leistung ist das Fundament für alles, was wir an unserer Heimat so schätzen: Wohlstand, Arbeitsplätze, unser Gesundheits- und Sozialsystem. Und alles andere, was uns lieb und teuer geworden ist. Mit Leistung fängt alles an – ohne Leistung hört alles auf.
Und Sie sehen hier die Wirtschaftskammer in der Pflicht?
Es ist unsere Aufgabe, für ein positives Leistungs-Klima zu sorgen. Die Wirtschaftskammer Tirol versteht sich als Anwalt aller Leistungsträger und Leistungsträgerinnen des Landes. Unternehmerische Ideen brauchen Platz: in den Schulen, um Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge zu schaffen; in der Raumordnung, um Betriebserweiterungen zu ermöglichen; in den Köpfen, um Leistung zu entfesseln.
Welche Maßnahmen hat das Wirtschaftsparlament beschlossen?
Wir wollen mit einem gemeinsamen Leitantrag, einem Kurzfilm und einem Handbuch das Bewusstsein für Leistung fördern. Im Leitantrag geht es um die Kommunikation nach außen sowie Forderungen an die Landes- und Bundespolitik, um geeignete Rahmenbedingungen für die Leistungsträger:innen zu schaffen. Der Kurzfilm „Manifesto“ ist eine Hommage an das Unternehmertum. Man soll spüren, wer das Land vorantreibt. Es sind die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die tagtäglich unseren Wohlfahrtsstaat am Laufen halten. Und im Handbuch „Panoptikum der Leistung“ geht es nicht um Zahlen-Daten-Fakten, sondern um Denkanstöße und um 10 konkrete Forderungen zum Thema Leistung, mit denen wir uns direkt an die Politik richten.
Wie soll das Ziel, Leistung wieder ihren gebührenden Platz zu verschaffen, erreicht werden?
Dafür braucht es Verbesserungen auf drei Ebenen: Erstens muss es uns gelingen, das Leistungsprinzip wieder positiver zu besetzen als es derzeit der Fall ist. Im Arbeitsleben ist uns die Freude an Leistung offenbar teilweise verloren gegangen. Das müssen wir uns wieder zurückholen. Wenn der Leistungs-Funke gezündet ist, braucht er, zweitens, Platz zur Entfaltung. Dafür müssen Hürden beseitigt werden. Ausufernde Bürokratie ist eine der größten Bremsen für die Betriebe. Um mehr Leistung freizusetzen, muss das Motto lauten: So viel Administration wie nötig, so wenig wie möglich. Auch das große Thema Arbeitskräftemangel hat viele Hürden und Schranken. Der Staat muss einen Rahmen schaffen, der den Platz frei macht für die Leistungswilligen. Und drittens muss Leistung belohnt werden.
Wie können derartige Belohnungen aussehen?
Dass Leistung nur dann erbracht wird, wenn sie sich lohnt, ist uns Unternehmer:innen völlig klar. Dem Staat offenbar nicht. Sonst wäre beispielsweise die Besteuerung von Teilzeiteinkommen nicht die drittniedrigste in ganz Europa, die Besteuerung von Vollzeit aber die dritthöchste. Das ist nicht nur leistungsdämpfend, das ist leistungsfeindlich. Wir können den Satz zwar nicht mehr hören, aber er ist vollinhaltlich richtig: Unternehmer:innen und Mitarbeiter:innen brauchen mehr Netto vom Brutto. Mit Forderungen wie diesen heben wir den Stellenwert von Leistung aufs Stockerl und fordern von der Politik ein, mehr Spielräume für Unternehmer:innen und ihre Mitarbeiter:innen zu schaffen.