Erfolgreich trotz Familie - Puzzleteile
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„Erfolgreich trotz Familie“

Der Experte für Familienunternehmen, Markus Weishaupt, beschäftigt sich in seinem aktuellen Buch damit, welche typischen Fehler eine Betriebsübergabe verhindern.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 14.04.2023

Zugegeben – der Titel des neuen Buchs „Erfolgreich trotz Familie“ von Markus
Weishaupt ist provokant. Das ist aber durchaus beabsichtigt: Denn der erfahrene Berater für Familienunternehmen beschreibt darin anhand von 36 realen Fallbeispielen, wie es und was in Familienunternehmen nicht laufen sollte.

Die Absicht wird im Untertitel deutlich: „Wie Sie gravierende Fehler in Familienunternehmen vermeiden und Generationen überstehen“. Weishaupt schließt damit an sein Buch „Radikal anders. Die DNA erfolgreicher Familienunternehmen“ aus dem Jahr 2015 an. Das Buch wird inzwischen als eines der Standardwerke für Familienunternehmen bezeichnet. Während in „Radikal anders“ die Erfolgsmuster aufgeführt sind, will „Erfolgreich trotz Familie“ durch die Darstellung gravierender Fehler zur Einsicht führen.

Markus Weishaupt kennt als Partner des Beratungsunternehmens Weissman und Referent an der FH Kufstein Familienunternehmen aus Theorie und Praxis und hat diese Erfahrungen in sein Buch einfließen lassen. Im Interview mit der Tiroler Wirtschaft erläutert der Beratungsprofi, wo die größten Hürden bei Übergaben liegen, welche Rolle das Thema Gerechtigkeit spielt, wie Generationen auch nach der Übergabe noch zusammenarbeiten können und welche Vorteile Familienunternehmen in Krisensituationen haben.

Herr Weishaupt – steigen wir gleich direkt ein: Was zählt Ihrer Meinung nach zu den häufigsten Fehlern, die bei der Übergabe von Familienunternehmen begangen werden?

Ein Muster, das sich immer wieder als Problem für die Entwicklung von Familienunternehmen identifizieren lässt, ist die vermeintliche Unsterblichkeit. Das Gefühl der Seniorchef:innen, unersetzlich zu sein, schadet ab einem gewissen Zeitpunkt dem Unternehmen. Gerne umschreibe ich dieses Problem als „Prinz-Charles-Syndrom“. Wenn die Nachfolge nicht rechtzeitig in die Wege geleitet wird, dann hat die folgende Generation Probleme bei der Übernahme.

Das Gefühl der Seniorchef:innen, unersetzlich zu sein, schadet ab einem gewissen Zeitpunkt dem Unternehmen.


Welche weiteren kapitalen Fehler haben Sie in Ihrer Tätigkeit beobachtet?

Ein Fehler oder zumindest eine große Hürde kann darin liegen, dass es nur eine reduzierte Schriftlichkeit in Familienunternehmen gibt. Das bedeutet, dass unternehmensinterne Rollen, Entscheidungsbefugnisse und Nachfolgeregelungen selten schriftlich festgehalten werden. Aus reiner Mündlichkeit entsteht großer Interpretationsspielraum und erschwert dadurch das Schaffen von Verbindlichkeit. Im Zuge der Übergabe muss dieser Mangel beseitigt werden, beispielsweise in Form einer „Familienverfassung“, in der Rollen und der zukünftige Entwicklungsprozess der Firma festgehalten werden. Ein wesentlicher Faktor besteht auch darin, Eigentum und Führung zumindest konzeptionell voneinander zu trennen.

Sie betonen in Ihrem Buch, dass das Thema „Gerechtigkeit“ eine große Relevanz hat. Was meinen Sie damit konkret?

Gerade Nachfolgeprozesse müssen meiner Erfahrung nach den folgenden beiden Kriterien entsprechen, um langfristig akzeptiert zu werden: Einerseits sollen sie für jeden Beteiligten subjektiv gerecht sein, andererseits darf die Nachfolge auch objektiv „nicht ungerecht“ sein. Damit ist gemeint, dass die Erbschaftswerte, die aus dem Unternehmen und anderen Werten bestehen, gerecht unter den Nachfolger:innen aufgeteilt und bestimmte Personen nicht überzogen überproportional bedacht werden. Es hat sich von Vorteil erwiesen, wenn alle Betroffenen frühzeitig in die Übergabeüberlegungen miteinbezogen werden und die Nachfolgeregelungen gemeinsam getroffen werden, sowohl hinsichtlich des Eigentums, als auch der Führung des Unternehmens.

Nachfolgeprozesse müssen objektiv und subjektiv als gerecht empfunden werden.


Wo sind Betriebsübergaben leichter – in kleinen oder in großen Unternehmen?

Es mag im ersten Moment paradox klingen, aber eindeutig in großen Unternehmen. Ein Hauptgrund liegt darin, dass diese gewohnt sind, bei komplexen Aufgaben Beratung von außen in Anspruch zu nehmen. Das schützt vor Betriebsblindheit und erleichtert eine professionelle Übergabe. Was weiters auffällt: Je länger Unternehmen exis-tieren und je häufiger diese schon mit Nachfolgeprozessen konfrontiert waren, desto einfacher wird im Normalfall auch die Übergabe.

Welchen Blickwinkel nehmen Sie bei der Beratung ein?

Ich werde als Berater des Unternehmens engagiert, nicht als Ratgeber für die Familie. Daher lautet der Blickwinkel eindeutig: Unternehmen vor Familie. Es geht darum, eine für den weiteren Erfolg des Unternehmens möglichst befriedigende Lösung zu finden. Und für den Erfolg des Unternehmens ist ausschließlich der Nutzen für den Kunden ausschlaggebend. Dieser muss daher auch bei der Regelung der Nachfolge im Vordergrund stehen.

Bedeutet eine Übergabe, dass der Senior-Chef komplett ausscheiden muss?

Nein, das bedeutet es nicht. In den meisten Fällen ist ein langsames Ausgleiten die wesentlich bessere Option, und zwar für beide Seiten. Es ist sowohl für die neuen Juniorchefs von Vorteil, dass der Senior-Chef mit seiner Erfahrung und seinem Fachwissen dem Unternehmen noch in einer klar definierten Rolle erhalten bleibt, und auch für den Senior selbst liegt darin meist eine persönlich befriedigende Lösung. Senior-Chefs können zum Beispiel eine Rolle im Aufsichtsrat ausüben, für die strategische Begleitung zuständig sein oder spezielle Bereiche und Projekte weiter betreuen. Klar muss jedoch sein: Die oberste Entscheidungsbefugnis im Unternehmen haben jetzt die Nachfolger.

Mein Blickwinkel in der Beratung lautet: Unternehmen vor Familie.


Noch eine abschließende Frage zur DNA von Familienunternehmen. Ticken diese tatsächlich „anders“ als Unternehmen, die in keinerlei Verwandtschaftsbeziehungen verstrickt sind?

Ja – die Unterscheidung liegt schlicht und einfach in „der Familie“. Schon bei der längerfristigen Ausrichtung des Betriebs zeigen sich grobe Unterschiede. Familienunternehmen orientieren sich selten an einer expliziten Profitmaximierung. Stattdessen geht es häufiger um gesellschaftsrelevante Aspekte und Wertehaltungen sowie eine risikoangepasste, konstante Rendite. Der Anspruch nach einem guten Ruf und gesellschaftlicher Reputation rücken mehr in den Mittelpunkt als es in anderen Unternehmen der Fall ist. Das führt dazu, dass sie – langfristig betrachtet – solide aufgestellt sind und meist auch über entsprechende Reserven verfügen. Das macht Familienunternehmen in Krisen resistenter und verschafft ihnen gerade in turbulenten Zeiten wie heute einen handfesten Vorteil.

Weitere Informationen online unter: www.weissman-international.com