Fahrzeughandel, Landesgremium

Gewährleistungsbestimmungen ab 1.1.2022

Infos zu Gewährleistung, Garantie, Schadenersatz und Produkthaftung

Lesedauer: 4 Minuten

Ab 1.1.2022 sind die neuen Gewährleistungsbestimmungen zu beachten. Wir konnten in intensiven Verhandlungen erreichen, dass die Gewährleistungsfrist für bewegliche Waren auch in Zukunft 2 Jahre beträgt – der Erstentwurf sah noch 5 Jahre vor! 

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:  

  • Das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) gilt für Verbraucherverträge über den Kauf beweglicher Sachen und Waren mit digitalen Elementen (zB Fahrzeug mit Navigationssystem) sowie über die Bereitstellung digitaler Leistungen (zB Cloudspeicherung).
  • Die Gewährleistungsfrist ist grundsätzlich mit zwei Jahren gleich geblieben, jedoch schließt sich daran noch eine dreimonatige Verjährungsfrist an, innerhalb derer noch eine gerichtliche Klage eingebracht werden kann. Diese Verjährungsfrist wurde auch ins allgemeine Gewährleistungssystem des ABGB übernommen. 
  • Die Beweislastumkehr wurde von 6 Monaten auf 1 Jahr ausgedehnt.
    Es wird ein Jahr lang vermutet, dass der Mangel von Anfang an vorhanden war. Für fortlaufend bereitgestellte digitale Leistungen gilt diese Vermutung sogar während des gesamten Bereitstellungszeitraums.
  • Aktualisierungspflicht für die Bereitstellung digitaler Elemente: „Updates“ sollen sicherstellen, dass der Leistungsgegenstand weiterhin dem Vertrag entspricht (zB Sicherheitsupdates bei Navigationssystemen/digitalen Elementen in Fahrzeugen). Diese Aktualisierungspflicht gilt auch im B2B-Bereich.
  • Rückgriffsrecht in der gesamten Lieferkette, wenn der letzte Übernehmer Verbraucher ist. Das volle Regressrecht des Händlers zum Vorlieferanten wurde erfreulicherweise explizit im ABGB § 933 b geregelt.
  • Die Ware bzw. die digitale Leistung muss wie bisher nicht nur die vertraglich vereinbarten (subjektiven), sondern auch die allgemein üblichen (objektiven) Eigenschaften aufweisen. Neu ist allerdings, dass von den objektiven Eigenschaften vertraglich nur abgewichen werden kann, wenn der Verbraucher von dieser Abweichung „eigens“ in Kenntnis gesetzt wird (Informationspflicht) und dem „ausdrücklich und gesondert“ zustimmt (also nicht in AGB). 
  • Eine Rechtsschutzversicherung ist gerade in Hinblick auf die verlängerte Beweislastumkehr überlegenswert – wir möchten auf unsere Rahmenvereinbarung des Fahrzeughandels hinweisen 

Ausführliche Informationen: 

  • Gewährleistung, Garantie und Schadenersatz
    Haftung beim Verkauf von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen
    Die Begriffe Gewährleistung, Garantie, Schadenersatz und Produkthaftung werden in der Praxis oft verwechselt. Bei allen vier Begriffen geht es um die freiwillige oder verpflichtende Haftung beim Verkauf von (mangelhaften) Produkten oder Dienstleistungen. Wer wofür in welchem Umfang und für welche Dauer haftet, unterscheidet sich jedoch zum Teil gravierend.
  • Gewährleistung - Was gilt für meinen Fall?
    Übersicht mit „Entscheidungsbaum“
    Gewährleistung ist die Haftung für Mängel, die bei Übergabe schon vorhanden sind. Diese ist verpflichtend und bis auf wenige Ausnahmen nicht einschränkbar. Der Verkäufer oder Werkunternehmer haftet, egal ob er den Mangel verursacht hat oder nicht. Die Dauer der Haftung beträgt bei beweglichen Sachen zwei Jahre, bei unbeweglichen Sachen (Grundstücke, Gebäude) drei Jahre.

Kurzfilme (von je 8 Minuten) über die neuen Bestimmungen ab 1.1.2022


Einschätzung zur Hinweispflicht bei Diesel-Gebrauchtwagen  

Nachdem im Gebrauchtwagenhandel einige Fragen zur Informations- bzw. Hinweispflicht von Händlern in Hinblick auf neue Erkenntnisse im Zusammenhang dem sog. „Dieselskandal“ (vor allem von Gerichten aus Deutschland) aufgetreten sind, dürfen wir dazu auf folgende Einschätzung der Rechtspolitischen Abteilung der WKÖ hinweisen:

In Österreich gibt es zwar keine ausdrückliche gesetzliche Pflicht des Gebrauchtwagenhändlers, den Käufer darüber zu informieren, dass es sich bei dem zu verkaufenden Kfz um eines mit Abschalteinrichtung für den Prüfbetrieb handelt. Das Unterlassen der Information bzw. Aufklärung über bestimmte Aspekte kann aber negative Auswirkungen insbesondere – aber nicht nur – im Bereich des Gewährleistungsrechts haben. Eine entsprechende Aufklärung ist daher auch im eigenen Interesse des Verkäufers wichtig. Den Händler treffen grundsätzlich allgemeine verkehrsübliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten. Der Käufer ist nach der Judikatur z.B. dazu verpflichtet, über Unfallschäden aufzuklären, wenn sich der Käufer danach erkundigt oder erkennbar darauf Wert legt. Eine Aufklärungspflicht aufgrund der allgemeinen Sorgfaltspflichten des Verkäufers wird etwa auch angenommen, wenn es sich um für Händler bekannte gravierende Unfallschäden handelt, welche die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können.

Zu berücksichtigen ist insbesondere das VGG (VerbrauchergewährleistungsG), welches in Umsetzung der EU-Warenkauf-Richtlinie das Gewährleistungsrecht regelt:

Das VGG differenziert nun deutlicher als bisher subjektive (vereinbarte) und objektive (verkehrsübliche) Eigenschaften des Kaufgegenstandes. Für die objektiven - für gewöhnlich vorausgesetzten – Eigenschaften wurde ein strengerer Mindeststandard verankert. Das heißt für eine wirksame vertragliche Abweichung von diesen objektiv erforderlichen Eigenschaften „nach unten“, also unter diesen objektiven Standard, gilt es bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen (§ 6 Abs 1 VGG):

Wenn der Kaufgegenstand von den objektiven Eigenschaften (negativ) abweicht,

  • so hat der Verkäufer ausdrücklich bzw eigens darauf hinzuweisen.
  • Der Käufer muss der Abweichung von den üblicherweise vorausgesetzten Merkmalen auch - ausdrücklich und gesondert - zustimmen.


Andernfalls kommt keine wirksame vertragliche Vereinbarung über eine von den objektiven Kriterien „nach unten“ abweichende Beschaffenheit der Ware zustande.

Nähere Details finden Sie in folgendem Servicedokument: Gewährleistung nach Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) beim Warenkauf und bei digitalen Leistungen – Umfang der Gewährleistung und Aktualisierungspflicht - WKO.at



OGH-Entscheidung Autoverkauf - keine Haftung bei Verkauf von privat zu privat

In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH zu 4 Ob 96/24g) wurde bei einem Privatverkauf der völlige Gewährleistungsausschluss bestätigt und hat der OGH eine Haftung des privaten Verkäufers auch für die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs ausgeschlossen. Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

Warum ist dieses Erkenntnis für den Fahrzeughandel relevant? Darin hat der OGH bei einem Privatverkauf dem Käufer das volle Risiko zugeschoben und diesen – im Falle von Mängeln – mehr oder weniger sich selbst überlassen. Damit gehen Privatkäufer ein sehr hohes Risiko ein, welches im Fahrzeughandel nicht droht. Dort ist aufgrund der Gewährleistung ein hohes Maß an Sicherheit für den Kunden vorhanden – also ein zusätzliches Verkaufsargument für den Kauf beim Händler/bei der Händlerin!


Stand: 24.07.2024

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