Kündigung im Krankenstand: "So löst man keine Probleme"
Hermann Talowski, Unternehmer und Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, legt erste Vorschläge auf den Tisch.
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Der Fall hat hohe mediale Wellen geschlagen: Eine Mitarbeiterin eines Unternehmens erhält die Diagnose Krebs und wird noch im Krankenstand gekündigt. Das ist rechtlich zwar einwandfrei, aber moralisch höchst bedenklich. Mit einer Novelle der derzeitigen gesetzlichen Regelungen hätte das gar nicht erst passieren müssen: Denn Arbeitgeber haben kein Interesse daran, zusätzlich zu den psychischen und physischen Belastungen, denen der Arbeitnehmer ausgesetzt ist, auch noch existenzielle Schwierigkeiten zu verursachen. Klein- und mittelständische Betriebe sind durch solche Situationen aber auch selbst existenziell gefährdet. Lösungen für diese unbefriedigende Situation sind daher dringend gefordert. Hermann Talowski, Unternehmer und Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, legt erste Vorschläge auf den Tisch.
Herr Talowski, warum kommt es eigentlich zu Fällen wie diesem?
Eines vorweg: Niemand ist mit der derzeitigen Situation der Gehaltsfortzahlung zufrieden, weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer. Beide Seiten stehen vor existenziellen Problemen. Wir reden hier nicht von „schnupfenbedingten, kurzzeitigen Krankenständen“, sondern von lebensbedrohenden Krankheiten mit langen Ausfallzeiten. Hier kann die Entgeltfortzahlung vor allem für kleine Betriebe zu einem massiven existenziellen Problem werden.
Übernimmt diese Kosten nicht die ÖGK?
Zunächst einmal muss das Unternehmen das Gehalt weiterbezahlen. Wer etwa 12 Jahre in einem Betrieb beschäftigt ist und plötzlich aufgrund einer Erkrankung ausfällt, hat Anspruch auf 8 Wochen volles Entgelt, das zu 100 % der Unternehmer trägt, und weitere 4 Wochen halbes Gehalt, ebenfalls vom Unternehmer. Erst hier springt die ÖGK mit der zweiten Hälfte des Gehalts ein. Und was besonders schwer wiegt: Mit Beginn des neuen Arbeitsjahres entsteht im Krankheitsfall ein neuer voller Anspruch auf Entgeltfortzahlung dem Arbeitgeber gegenüber; dies auch dann, wenn das neue Arbeitsjahr während einer laufenden Arbeitsunfähigkeit beginnt. Dieser Stichtag muss wegfallen. In weiterer Folge übernimmt die ÖGK die laufenden Kosten, das heißt, der Unternehmer beginnt nicht wieder bei null und muss nicht erneut 8 Wochen das volle Entgelt und weitere 4 Wochen das halbe Entgelt bezahlen.
Wie kann man die Situation entschärfen?
Indem man die Regelungen ändert. Man kann beispielsweise eine Liste von schweren Erkrankungen definieren, bei denen die ÖGK ab dem ersten Tag die Gehaltsfortzahlung übernimmt und der Mitarbeiter Kündigungsschutz erhält. Das lässt sich also lösen, ist jedoch eine Frage des politischen Willens. Man braucht nur an das Thema Abfertigung Neu denken: Das funktioniert bestens und ist eine klassische Win-Win-Situation.
Wie soll das finanziert werden?
Indem man etwa die ÖGK-Beiträge heranzieht, die für das 13. und 14. Gehalt anfallen. Um es pointiert zu formulieren: Man kann nur 12 Monate im Jahr krank sein, bezahlt wird aber von Arbeitnehmer und Arbeitgeber für 14 Monate.
Was haben Sie in weiterer Folge vor?
Im ersten Schritt fordern wir die existenzbedrohende Abschaffung des Stichtages, an dem die Entgeltfortzahlung wieder von Neuem beginnt. In weiterer Folge möchten wir einen Diskussionsprozess anstoßen und möglichst viele Partner gewinnen, um entsprechenden Druck auf die Politik auszuüben. Dafür möchten wir zu einem Runden Tisch einladen, an dem die Sozialpartner, aber auch die Österreichische Krebshilfe und andere Organisationen teilnehmen. Fest steht: Eine Kündigung im Krankenstand darf nicht die Lösung des Problems sein! Das wollen wir als Arbeitgeber nicht. Unternehmer und Mitarbeiter sitzen im selben Boot. Hier muss eine Regelung gefunden werden, die finanzielle Härten entschärft. Ein klarer Auftrag an die nächste Bundesregierung!