Luftansicht einer Straße in einem Wald, auf dem ein Auto fährt
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Sparte Information und Consulting

Nachhaltigkeitsdaten im Fokus: FAQ Scope 3 Emissionen

Fragen und Antworten zur Nachhaltigkeitsdatensammlung und wie vorgelagerte Lieferketten erfasst werden

Lesedauer: 12 Minuten

22.12.2024

Die 2 Hauptgründe, warum ein Unternehmen von seinen Lieferant:innen Daten anfragt sind die eigene Verpflichtung zur Berichtslegung oder die Anfrage eines nachgelagerten Unternehmens hinsichtlich deren Berichtslegung. Dabei handelt es sich oft um konkreten Informationsbedarf (Emissionen eines Produkts oder einer Dienstleistung, Mengeninput, Materialinput, Kosten etc.).

Im 1. Schritt ist daher zu definieren, welche Daten überhaupt von den Zulieferern benötigt werden. Sind Sie die Berichtspflichtigen ist hier relevant nach welchem Standard oder wie Sie berichten möchten.

Im 2. Schritt empfiehlt sich die aktive transparente Kommunikation, welche Daten wofür benötigt werden, um welche "alternativen" Informationen stattdessen Ihnen auch weiterhelfen. Wenn keine passenden Informationen im Sinne von Primärdaten vorliegen, können Schätzungen auf Basis von Branchenstandards und vergleichbaren Daten verwendet werden oder man kann auch auf (kostenpflichtige) Emissionsdatenbanken für eine (erste) Abschätzung über die Kosten zurückgreifen.

Sind Sie ein Element in der Kommunikationskette und werden selbst nach Informationen Ihrer Vorkette gefragt, dann sprechen Sie zuerst mit den Datenanfordernden über den tatsächlichen Bedarf und reichen Sie konkrete Anfragen an Ihre Lieferkette weiter. Liegen bei diesen bestimmte Daten nicht auf, ist auch diese Information an Ihren anfragenden Stakeholder hilfreich. Eine genauere Darstellung finden Sie auch auf der Informationsseite Anfragen an Handelsunternehmen zum Product carbon footprint (PCF).

Hinsichtlich Zuverlässigkeit der übermittelten Informationen stellen Sie sich die folgenden Fragen:

  • Vertraue ich dem zuliefernden Unternehmen? Wie gut ist die Geschäftsbeziehung?
  • Passen die Daten zu verfügbaren Vergleichswerten/Benchmarks?
  • Führt das Unternehmen eine Verifizierung der Daten durch Dritte durch?
  • Werden (auf diesen Daten basierende) Veröffentlichungen des Unternehmens gemacht?
  • Suchen Sie im Zweifel immer das Gespräch. Kommen Sie hier bei Ihren Lieferanten nicht weiter, überlegen Sie, ob Sie gemeinsam mit dem bei Ihnen anfragenden, vermutlich großen Unternehmen diesem Lieferanten gegenüber auftreten.
  • Holen Sie sich Unterstützung.

KMUs sollten frühzeitig mit der Datenerfassung beginnen, Einheiten und Mengen sollten vorhanden und auf Plausibilität (also Sinnhaftigkeit) hin kontrolliert werden (z.B. wie viel Liter sind bei der Putzmittelflasche enthalten). Hier gilt: nicht das eigene Unternehmen überfordern und gleich mit einer Liste von 30 Datenpunkten beginnen.

Ein Überblick über das "Ziel" ist absolut sinnvoll und hilft Ihnen in Ihrer Strategie, aber starten Sie klein mit er Erhebung von 2-3 Informationen dieser Liste und steigern Sie sich zusehends. Eine Priorisierung der Daten – also mit welchen Punkten Sie starten – kann unter 2 Gesichtspunkten stattfinden:

  1. Wozu haben Sie bereits Informationen?
  2. Wie relevant ist eine Kategorie bzw. ein Element einer Kategori? Hier gilt: je relevanter und größer der Einfluss auf Ihr Unternehmen, desto wichtiger und früher sollten Sie sich mit den Daten beschäftigen.

Der Austausch mit anderen Unternehmen und die Nutzung von Best Practices können ebenfalls hilfreich sein.

Services und Tools für nachhaltiges Wirtschaften der WKÖ unterstützen Sie bei der Erstellung ihres Nachhaltigkeitsberichts, ein Intro in die Emissionskalkulation finden Sie im 5-Stufen-Leitfaden des Handels zu Klimastrategie. Förder- und Beratungsangebote finden Sie unter Nachhaltigkeit in Unternehmen der Information und Consulting.

Ja, natürlich ist es möglich und gut die Methode zu ändern (z.B. spend-based zu activity-based), da Sie dann auch die Berichterstattung verbessern und Sie eine Entwicklung (z.B. die Wirksamkeit von gesetzten Maßnahmen) besser abbilden können. Wichtig ist, dass die Änderungen klar dokumentiert und begründet werden.

Ja, Transparenz ist wichtig. Der Fehler sollte im neuen Bericht erwähnt und korrigiert werden. Dies ist besonders dann relevant, wenn Sie Entwicklungen aufzeigen und Beschreiben wollen. Hier können vorangegangene Fehler zu Fehlinterpretationen führen, entsprechend ist ein nachvollziehbarer Umgang mit Ihren Daten essentiell.

Übernachtungen in Hotels mit Ökolabel-Zertifizierung können zu niedrigeren Emissionen führen, da diese Hotels oft umweltfreundlichere Praktiken anwenden.

Am besten Sie wenden sich hier an Ihre Hausverwaltung (Informationen zum Zyklus und der Abfallmenge vom gesamten Gebäude sollten hier bekannt sein). Sie können die Abfallmenge dann schätzen, indem Sie den Anteil Ihres Unternehmens an der Gesamtfläche oder der Anzahl der Mitarbeiter im Gebäude berücksichtigen.

Es kann auch eine interessante Teamaufgabe werden, Ihren Abfall über z.B. 3 Monate hinweg konkret nach Kategorie zu erheben (Bsp. durch Abwiegen von Papier und Restmüll, bevor diese Mengen in der großen Tonne landen) und auf Basis dieser Zahlen hochzurechnen.

Die Erfassung von Scope 3 Emissionen sollte als integraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie betrachtet werden, da nur so "Hot Spots" – also Bereiche mit großen Emissionen erkannt, und gezielt Maßnahmen gesetzt werden können.

Unternehmen sollten daher klare Prozesse und Verantwortlichkeiten definieren und die Daten regelmäßig überprüfen und aktualisieren. So wird die ganze Übung mit der Zeit auch weniger aufwendig.

Beschäftigt sich ein Unternehmen mit seinen Lieferkette-Unternehmen können ihre Umweltbilanz verbessern, regulatorische Anforderungen erfüllen, Kosten senken und ihre Reputation bei Kunden und Investoren stärken.

Auch bei grünem Strom gibt es indirekte Emissionen, die mit der Herstellung, dem Transport und der Installation der erneuerbaren Energiequellen verbunden sind – ähnlich den Emissionen, die bei der Herstellung eines Fahrzeugs anfallen. Diesem Aufwand wird in Scope 3 Rechnung getragen.

Nein, man muss hier unterscheiden: wenn man Anlagegüter beschafft, dann werden die Emissionen zum Kauf angeführt (Scope 3.2, das bedeutet natürlich auch hohen Impact im Beschaffungsjahr). Solche Peaks – z.B. durch die Anschaffung einer PV-Anlage sind dann entsprechend nachvollziehbar zu Dokumentieren.

Sobald es um die Nutzung geht, muss auf den Verbrauch relevanter Ressourcen dieses Anlageguts (z.B. Strom bei einer Maschine, Kältemittel bei einer Klimaanlage) bei der Verwendung geschaut und dementsprechend zu geordnet werden (Scope 1 oder 2).

Auch das Abfallmanagement muss berücksichtigt werden, der Elektroschrott ist im Punkt 3.5 Abfall aufzulisten.

Cradle-to-gate bedeutet in diesem Fall vor allem, dass die Emissionen des Laptops bis zum Verkauf (gate bzw. Tor zu Nutzer:in) inkludiert sind. Das beinhaltet nicht (mehr) die Nutzungsphase und auch nicht die Entsorgungsphase. Diesen wird rein bei einer Betrachtung cradle-to-grave (also von der Wiege bis ins Grab) Rechnung getragen.

Hier müssen in den meisten Fällen Datenmodellierungen angestellt werden, da die Abfallentsorgung in den einzelnen Ländern unterschiedlich ist und entsprechend keine konkreten Daten vorliegen – man muss also Schätzungen verwenden. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass immer mehr Länder sich um Transparenz in diesen Fragestellungen bemühen, und man (wenn auch nach längerer Suche) zu bestimmten Themen bereits Studien finden kann. Auf deren Ergebnisse kann (wenn plausibel und als Quelle angegeben) auch immer verwiesen werden.

Der Vorteil ist, dass so die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird und zum einen keine Lücken entstehen, zum anderen die Unternehmen ihre unmittelbare Wirkung sehen. Ich kann so auch gemeinsam mit meinen Lieferant:innen/Kund:innen an der Reduktion von Emissionen arbeiten.

In der Kategorie Scope 3.1 eingekaufte Waren und Dienstleistungen haben Sie die gesamte Lieferkette abgebildet. Natürlich beinhaltet diese (siehe Bsp. Laptop cradle-to-grave) im Endeffekt sämtliche Glieder der vorgelagerten Kette zurück bis zur ursprünglichen Ressource (Materialgewinnung, Transport, Verarbeitung, weiterer Transport, Verkauf).

Liegt Ihnen z.B. keine zusammenfassende Zahl wie der PCF (Product Carbon Footprint) eines Produktes vor, so können/müssen Sie sich mit den Ihnen bekannten (d.h. bei Ihrem Lieferanten abfragbaren) Informationen und Durchschnittswerten, Studien etc. weiterhelfen (siehe auch die Frage "Wie können Unternehmen sicherstellen, dass die Daten, die sie von ihren Lieferanten erhalten, zuverlässig sind? Was mache ich, wenn ich gar keine passenden Informationen von Lieferanten erhalte?").

Die Wahl der richtigen Methode zur Quantifizierung von Treibhausgasemissionen ist maßgeblich von den individuellen Zielen und Anforderungen des Unternehmens abhängig.

Die spend-based Methode kann als erster Ansatz dienen, um eine grundlegende Orientierung zu erhalten. Zusätzlich muss immer im Blick behalten werden, welche Daten in welcher Qualität verfügbar sind, ansonsten wird der Aufwand vor allem im 1. Jahr sehr hoch sein.

Auch hier kann man den risikobasierten Ansatz heranziehen: Alle Bereiche, die eine große Emissionswirkung auf mein Unternehmen haben, da sie z.B. einen großen Anteil meiner eingekauften Produkte ausmachen, sollten activity-based Kalkulationen anstreben, während die weniger relevanten Bereiche (zumindest in einem ersten Schritt) einmal mit spend-based Daten abgedeckt werden können.

Dies kommt häufig vor. In so einem Fall am besten mit der Hausverwaltung sprechen, ob Daten früher/anders verfügbar gemacht werden können. Wenn dies nicht möglich ist, müssen die Daten im Durchschnitt hochgerechnet/geschätzt werden.

Man kann sich zusätzlich die betreffenden Monate im Vorjahr ansehen und überlegen, ob es hier Veränderungen (z.B. Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs) gab.

Nein - wichtig ist es, immer die Quellen transparent anzugeben und auf Nachfrage erläutern zu können, wie Sie zu Ihrem Ergebnis gelangt sind.

Ja, hier müssten allerdings branchenspezifische Emissionsfaktoren gesucht werden – eine gute Übersicht liegt oft in kostenpflichtigen Datenbanken. Findet man keinen konkreten Emissionsfaktor, weicht man auf einen allgemeineren Faktor wie in diesem Fall "Bauschutt" aus.

Auch hier gilt natürlich: je detaillierter, umso besser. Der Aufwand sollte jedoch im Gesamtkontext des Unternehmens in einem Verhältnis zu Ihren anderen Emissionstreibern stehen.

Wenn bekannt, kann dies verwendet werden - wenn unbekannt, dann kann mit einem "typischen" Durschnitt gearbeitet werden – solange angegeben wird, wie ich berechnet wurde.

CO₂-Bilanzierungen lassen sich sowohl auf gesamte Unternehmen (CCF) als auch auf einzelne Aktivitäten oder Produkte (PCF) anwenden und bieten eine Momentaufnahme der entstehenden Emissionen eines Prozesses, die üblicherweise jährlich aktualisiert wird. Im Überblick:

  • PCF bzw. Product Carbon Footprint: auf ein Produkt bezogen wird kalkuliert, was und wie viele Emissionen angefallen sind
  • CCF bzw. Corporate Carbon Footprint: betrachtet werden alle Emissionen eines Unternehmens in einer Berichtsperiode
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