Rechtliche Fragen, steuerliche Befreiungen

Lesedauer: 8 Minuten

28.03.2024

1. BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND ARBEITSZEIT?

BGF-Maßnahmen während der Arbeitszeit   ->  Entgeltfortzahlung
BGF-Maßnahmen außerhalb der Arbeitszeit  ->  Keine Entgeltfortzahlung

Betriebliche gesundheitsfördernde Maßnahmen können von Betrieben freiwillig angeboten werden. Auch die Teilnahme durch Arbeitnehmer ist grundsätzlich freiwillig. Eine Verpflichtung zur Teilnahme besteht in der Regel nicht.

Betriebliche Gesundheitsförderung während der Arbeitszeit

Der Arbeitgeber kann seinen Dienstnehmern gesundheitsfördernde Maßnahmen während der Arbeitszeit zur Verfügung stellen (Yogastunden, Raucherentwöhnung, Massagen etc.). Nimmt der Dienstnehmer daran teil, hat er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

BEISPIEL: Ein Betrieb beauftragt den Sportverein X, jeden Dienstag von 10 Uhr bis 11 Uhr in den Betriebsräumlichkeiten eine Yogastunde für sämtliche Mitarbeiter zu veranstalten. Die Arbeitszeit ist täglich von 8 Uhr bis 16:30 Uhr. Alle Mitarbeiter, die an der Yogastunde teilnehmen, erhalten ihr Entgelt für den entsprechenden Zeitraum fortbezahlt.

ACHTUNG: Bei privaten Heilbehandlungen ist darauf zu achten, dass diese möglichst außerhalb der Arbeitszeit stattfinden (z.B. Arztbesuche). Für diese besteht daher in der Regel keine Entgeltfortzahlungspflicht.

Betriebliche Gesundheitsförderung im Rahmen von Gleitzeit

Bei betrieblichen Gesundheitsmaßnahmen bei Gleitzeit besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung dann, wenn die Maßnahme in den Zeitraum der fiktiven Normalarbeitszeit fällt.

BEISPIEL: Der Betrieb beauftragt das Massagestudio D jeden Mittwoch während der Geschäftszeiten von 8 Uhr bis 16:30 Uhr für die Mitarbeiter Massagen anzubieten, um Haltungsbeschwerden vorzubeugen. Die Kernarbeitszeit im Unternehmen ist von 10 Uhr bis 15 Uhr. Die fiktive Normalarbeitszeit deckt sich mit den Geschäftszeiten von 8 Uhr bis 16:30 Uhr. Nimmt daher ein Mitarbeiter eine solche Massage von 15:30 Uhr bis 16:00 in Anspruch, erhält er das Entgelt für den entsprechenden Zeitraum fortbezahlt.

Betriebliche Gesundheitsförderung außerhalb der Arbeitszeit

Im Gegensatz zu Gesundheitsmaßnahmen während der Arbeitszeit sind solche Maßnahmen außerhalb der Arbeitszeit nicht als Arbeitszeit zu werten. Daher besteht auch kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

BEISPIEL: Ein Betrieb beauftragt den Fitnessclub C jeden Sonntag von 19 Uhr bis 20 Uhr in dessen Clubräumlichkeiten eine Pilates-Stunde ausschließlich für Mitarbeiter anzubieten. Es steht jedem Mitarbeiter offen an dieser Stunde teilzunehmen, ohne Verpflichtung. Es handelt sich daher nicht um Arbeitszeit. Es besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts.


2. BESCHÄFTIGUNGSFORM DER TRAINER?  


Werden für Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung Trainer eingesetzt, so ist auf die richtige Beschäftigungsform zu achten.

Folgende Elemente des Rechtsverhältnisses sprechen für

  • einen Arbeitsvertrag:
    Weisungsgebundenheit; Bindung an Arbeitszeit, Arbeitsort und Organisation (persönliche Abhängigkeit)
  • einen freien Dienstvertrag:
    Keine Bindung an Arbeitszeit, Arbeitsort und Organisation, Vertretungsmöglichkeit (ohne persönliche Abhängigkeit)
  • einen Werkvertrag:
    Herstellung eines Werks auf eigenes wirtschaftliches Risiko (persönliche Unabhängigkeit)

Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag ist ein Dauerschuldverhältnis und als solches auf eine unbestimmte oder bestimmte Zeit ausgerichtet. Er ist vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Besondere Merkmale sind Weisungsgebundenheit, Bindung an Arbeitszeiten und Einordnung in eine betriebliche Ablauforganisation.

Der Trainer ist dann ein echter Dienstnehmer, wenn

  • das Unternehmen dem Trainer vorgibt, zu welcher Zeit er die Kursstunden abzuhalten hat,
  • der Trainer die Kursstunden in den Betriebsräumlichkeiten des Unternehmens erbringt und
  • er keine eigenen Betriebsmittel einsetzt.

Selbst wenn der Trainer über einen entsprechenden Gewerbeschein verfügt, ändert dies nichts an der Tatsache, dass er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbringt und somit ein echter Dienstnehmer ist. Eine fallweise Beschäftigung ist aufgrund der Regelmäßigkeit der Kursstunden auszuschließen.

Freier Dienstvertag

Ein freier Dienstvertrag liegt vor, wenn sich jemand gegen Entgelt verpflichtet, für einen anderen (Auftraggeber) seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, ohne sich in persönliche Abhängigkeit zu begeben. Diese persönliche Unabhängigkeit besteht vor allem darin, dass keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort und keine Kontrolle durch den Auftraggeber gegeben ist. Möglich ist auch die Vereinbarung, dass sich der freie Dienstnehmer vertreten lassen kann.

Ein freies Dienstverhältnis scheidet aus folgenden Gründen aus:

  • Der Betrieb gibt dem Fitnesstrainer vor, zu welchen Zeiten er im Betrieb seine Fitnessstunden abhalten soll.
  • Zumeist stellt der Betrieb die Betriebsmittel für die Abhaltung der gesundheitsfördernden Maßnahme und die dafür erforderlichen Utensilien zur Verfügung. Das bedeutet, der Fitnesstrainer verfügt nicht über eigene Betriebsmittel.
  • Selbst wenn dem Trainer ein generelles Vertretungsrecht eingeräumt wird, wird in der Judikatur darauf abgestellt, ob es auch tatsächlich gelebt worden wäre bzw.ob man im Einzelfall zumindest ernsthaft damit rechnen hätte.

Werkvertrag

Ein Werkvertrag liegt vor, wenn sich eine Person - der Auftragnehmer – gegen Entgelt verpflichtet, für eine andere Person - den Auftraggeber - ein bestimmtes Werk herzustellen. Der Auftragnehmer arbeitet dabei auf eigenes wirtschaftliches Risiko, in der Regel nach eigenem Plan, meistens mit eigenen Betriebsmitteln. Im Gegensatz zu Arbeitsverhältnissen und zum freien Dienstvertrag muss er also einen konkreten, „greifbaren“ Erfolg erbringen. Das Vorliegen eines Werkvertrages kann nur dann angenommen werden, wenn der Betrieb beispielsweise mit einem Fitnesscenter einen Vertrag abschließt und dieses einen Trainer zur Abhaltung der Kursstunden zur Verfügung stellt. In diesem Fall wird der Werkvertrag zwischen dem Unternehmen und dem Fitnesscenter abgeschlossen; der in den Betrieb geschickte Trainer ist Arbeitnehmer des Fitnesscenters.

Nähere Informationen zu Beschäftigungsformen unter: 
https://www.wko.at/service/arbeitsrecht-sozialrecht/arbeitsvertrag-freier-dienstvertrag-werkvertrag-praktikante.html


3. BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND UNFALLVERSICHERUNGSSCHUTZ?

Prüfung des Unfallversicherungsschutzes nach folgenden Kriterien:

  • Wird die Aktivität von der Autorität des Arbeitgebers getragen?
  • Steht die Aktivität allen Betriebsangehörigen offen?
  • Dient die Aktivität der Betriebsverbundenheit?
  • Findet die Aktivität während oder außerhalb der Arbeitszeit statt?
  • Hat die Aktivität Wettkampfcharakter?

Unter Arbeitsunfall versteht man einen Unfall, der sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Beschäftigung des Mitarbeiters bzw. mit der selbständigen Erwerbstätigkeit des Unternehmers ereignet hat.

Ob nun Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung dem Unfallversicherungsschutz unterliegen, ist in Anlehnung an folgende Kriterien der ständigen Rechtsprechung für Gemeinschaftsveranstaltungen zu prüfen.

Die Aktivität muss von der Autorität des Arbeitgebers getragen werden

Die Gemeinschaftsveranstaltung/Aktivität muss vom Unternehmen selbst veranstaltet, zumindest aber bei der Planung und Durchführung von seiner Autorität getragen werden. Hierfür sind wichtige Anhaltspunkte: die Anwesenheit des Betriebsinhabers oder eines Organs, die gänzliche oder teilweise Übernahme der Kosten, die Durchführung der Veranstaltung während der Arbeitszeit oder die Gewährung arbeitsfreier Zeit.

Die Aktivität muss allen Betriebsangehörigen offen stehen

Sofern die Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung grundsätzlich allen Arbeitnehmern offen steht, ist sie vom Unfallversicherungsschutz gedeckt. Entscheidend ist auch eine gewisse Mindestbeteiligung am betrieblichen Sportangebot.

Die Aktivität muss der Betriebsverbundenheit dienen

Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind (z.B. auch gemeinsames Skifahren). Die Veranstaltung muss jedoch insgesamt geeignet sein, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Kreis der Beschäftigten anspricht.

Sofern die Maßnahme zur betrieblichen Gesundheitsförderung auch betrieblichen Zwecken dient, wie etwa dem Vorbeugen von Wirbelsäulenkrankheiten durch gezielte Wirbelsäulen-Trainings, so ist ein dabei erfolgter Sportunfall wohl als Arbeitsunfall zu qualifizieren.

Aktivitäten während der Arbeitszeit

Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die während der Arbeitszeit stattfinden und im betrieblichen Interesse des Unternehmens liegen, unterliegen dem Unfallversicherungsschutz gemäß § 175 ASVG. 

Sollten sportliche Betätigungen im Zuge der betrieblichen Gesundheitsförderung außerhalb der Arbeitszeit stattfinden, werden diese wohl eher als Freizeit gewertet, sofern die Teilnahme daran vom Unternehmen nicht ausdrücklich vorgeschrieben wird.

Abgrenzung zum Wettkampf

Sportliche Betätigung mit Wettkampfcharakter fällt nicht unter den Unfallversicherungsschutz. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo die sportliche Betätigung Wettkampfcharakter annimmt oder Spitzenleistungen angestrebt werden. Sportarten mit Wettkampfcharakter fallen nicht unter den Unfallversicherungsschutz, selbst dann nicht, wenn die Aktivität vom Unternehmer finanziert und organisiert wird.

Ausgenommen sind Arbeitsverträge, die die Durchführung der betrieblichen Arbeit mit der Verpflichtung zur Sportausübung koppeln, wie dies bei Halbprofis häufig vorkommt.

Wenn nicht alle oben genannten Kriterien vorliegen, muss dies noch keinen Versicherungsausschluss bedeuten. In solchen Fällen kommt es darauf an, in welcher Intensität die Gemeinschaftsveranstaltung/Aktivität betrieblichen Zwecken dient und in welchem Umfang außerbetriebliche private Interessen beteiligt sind.

Letztlich bedarf es jedoch immer einer Einzelfallprüfung! Wir empfehlen Ihnen daher, den Unfallversicherungsschutz Ihrer Mitarbeiter abzuklären. Die Ansprechpersonen in den Wirtschaftskammern beraten Sie gerne!


4.WELCHE MASSNAHMEN SIND VON STEUER UND SOZIALVERSICHERUNG BEFREIT?

Mit der Steuerreform 2015/2016 wurde in Österreich die Betriebliche Gesundheitsförderung erweitert

Benützung von arbeitgebereigenen und angemieteten Räumlichkeiten

Schon vor der Steuerreform war Gesundheitsförderung durch den Arbeitgeber steuerfrei, wenn diese in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers oder in von ihm angemieteten Räumlichkeiten stattfindet. Dazu gehört zB das hauseigene Fitnesscenter oder die Massage in den Betriebsräumlichkeiten (siehe Beispiele unten).

Erweiterung um externe Gesundheitsförderung

Damit der Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei Beiträge zur Gesundheitsförderung für seine Mitarbeiter leisten kann, müssen fünf Voraussetzungen erfüllt werden. Die Gesundheitsförderung muss:

  1. zielgerichtet,
  2. wirkungsorientiert
  3. vom Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkasse umfasst,
  4. von qualifizierten Anbietern erbracht und
  5. allen Arbeitnehmern oder einer bestimmten Gruppe gewährt werden.

Impfungen sind übrigens immer steuer- und sozialversicherungsfrei.

Anmerkungen:
ad 1) zielgerichtet: Im Vorfeld muss ein Ziel definiert werden wie Raucherstopp oder Gewichtsnormalisierung.
ad 2) wirkungsorientiert: Die Wirksamkeit muss wissenschaftlich belegt sein. Damit dürften die meisten alternativmedizinischen Maßnahmen wie z.B. Homöopathie nicht abgabenfrei sein.
ad 3) vom Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkasse umfasst: Auch dieses Kriterium erfüllen die meisten alternativmedizinischen Maßnahmen nicht.
ad 4) qualifizierter Anbieter: Der Anbieter muss für die Erbringung dieser Gesundheitsförderung qualifiziert und berechtigt sein. Außerdem muss der Arbeitgeber direkt mit den Leistungsanbietern abrechnen.
ad 5) Gruppenkriterium: Steuerfrei sind diese Angebote nur dann, wenn sie an alle oder an eine bestimmte Gruppe (zB alle Mitarbeiter mit dreijähriger Dienstzeit) gewährt werden. 

In den Lohnsteuerrichtlinien Rz 77 und Rz 77a sind außerdem jene vier Handlungsfelder angeführt, die von der Gesundheitsförderung umfasst sind und steuerfrei sein können: Ernährung, Bewegung, Sucht (Raucherentwöhnung) und psychische Gesundheit.

Beispiele:

  • Fitnesscenter, Gymnastikkurse etc.       
    Beiträge für Fitnesscenter oder Mitgliedsbeiträge für Sportvereine (zB Jahrespauschale, Monatspauschale) sind nicht steuerfrei. Stellt der Arbeitgeber aber ein Fitnesscenter zur Verfügung dann ist das abgabenfrei. Steuerfrei ist auch die langfristige Anmietung (zB jeden Montagnachmittag) einer Sportanlage (zB Fußballplatz, Turnsaal), die allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wird.
  • Massagen
    Wenn die Massage im eigenen Betrieb erfolgt und der Arbeitgeber direkt mit dem Masseur abrechnet, ist diese Leistung steuerfrei. Externe Massagen fallen nicht in eines der vier Handlungsfelder der Lohnsteuerrichtlinien und werden daher bei einer Abgabenprüfung wahrscheinlich nicht als steuerfrei anerkannt.
  • Betriebsarzt
    Der betriebsärztliche Dienst bzw. – in Ermangelung eines solchen – die Zurverfügungstellung einer ärztlichen Leistung im Betrieb, die üblicherweise durch den betriebsärztlichen Dienst erbracht wird, ist steuerfrei. 

Alle Details zu den beitragsfreien freiwilligen sozialen Zuwendungen seit 1.1.2016 finden Sie HIER

Weitere Beispiele zur beitragsfreien Behandlung nach § 49 Abs. 3 Z 11 lit. b) ASVG finden Sie HIER

Bei Fragen zu beitragsfreien freiwilligen Zuwendungen wenden Sie sich bitte an die ÖGK (für ganz Österreich):
eMail versicherungsberatung@oegk.at
Telefonnummer: 05 0766 – 1450 4310