„One in – one out“- Illusion oder Innovation?
Nachlese: Veranstaltung am 7.11.2016 in der Wirtschaftskammer Österreich
Lesedauer: 3 Minuten
Die Abteilung für Rechtspolitik und die Industriellenvereinigung luden am 7. November 2016 in der Wirtschaftskammer Österreich zu einer Veranstaltung unter dem Titel „One in – one out“- Illusion oder Innovation?
Das Prinzip der „One in - one out“ Regelung findet sich im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013-2018. Im Kapitel „Entbürokratisierung und Entlastung“ ist in diesem Zusammenhang vorgesehen, dass für jedes neue Gesetz oder jede neue Verordnung, ein bereits bestehendes Gesetz oder eine bestehende Verordnung in vergleichbarem Ausmaß entfallen soll.
In seiner Eröffnungsrede forderte Wirtschaftskammer-Präsident Dr. Christoph Leitl die rasche Umsetzung von langjährigen Entbürokratisierungsforderungen. So sollen insbesondere das Prinzip beraten statt strafen, die Einführung von Toleranzschwellen und die weitgehende Abschaffung des Kumulationsprinzips im Verwaltungsstrafrecht rasch umgesetzt werden.
„Wir alle haben ein wichtiges Ziel - die Eigendynamik der Bürokratie muss gestoppt werden“, betonte Präsident Leitl.
„Die One in – one out Regelung ist ein Modell, um den ständigen Zuwachs an Bürokratie zu verhindern. Ob dieses Modell in der Praxis wirklich geeignet ist, die Bürokratieflut zu stoppen und welche Erfahrungen andere Länder bereits mit diesem Konzept gemacht haben, das werden wir heute im Rahmen der Veranstaltung diskutieren“ schloss Präsident Leitl seine Eröffnungsrede und übergab das Podium an den ersten Vortragenden Univ.-Prof. Dr. Gerhard Baumgartner.
Nutzen für die österreichische Wirtschaft?
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Baumgartner hat in seinem Vortrag die möglichen Konsequenzen eines solchen Prinzips in der österreichischen Rechtsordnung sowie dessen Nutzen für die Wirtschaft kritisch beleuchtet. So kann eine „One in – one out Regelung“ zwar grundsätzlich zu einer Verbesserung des regulativen Umfelds unternehmerischer Tätigkeit führen. Es kann jedoch der politische Einigungsprozess erschwert werden, weil nicht nur ein politischer Konsens über den Inhalt des neu zu schaffenden Gesetzes erzielt werden muss, sondern es auch einer entsprechenden Einigung darüber bedarf, welches Gesetz gleichsam als Kompensation aufgehoben werden soll.
Weiters kann das Konzept zu einer Umverteilungsdiskussion führen. Denn es stellt sich die Frage, wen der Mehraufwand aufgrund der neuen Vorschrift trifft und wer von den kompensatorischen Einsparungen von Kosten bzw. Aufwänden profitiert.
Erfahrungen aus Deutschland und Großbritannien
Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein Einblick in die bestehenden Regelungen in Großbritannien und in Deutschland gewährt.
In Deutschland gilt die „One in - one out“- Regelung für alle Regelungsvorhaben der Bundesregierung, die sich auf den laufenden Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft auswirken. Fazit aus den Vorträgen von Stephan Naundorf vom Deutschen Bundeskanzleramt und Dr. Ulrike Beland vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag ist, dass die „One in – one out“ Regelung eine innovative Idee ist, die in der Praxis jedoch noch verbesserungsfähig ist. Ein großer Kritikpunkt sind insbesondere die zahlreichen Ausnahmen von der Regelung (z.B EU-Recht).
Rob Brightwell von der Better Regulation Executive hat von den Erfahrungen in Großbritannien berichtet. In Großbritannien wurde die „One in – one out“ Regelung bereits im Jahr 2011 als Teil eines umfassenden Programms für weniger und bessere Regulierungen eingeführt. Mittlerweile wurde eine „one in, two out“-Regel eingeführt. Für jedes Pfund an neuen Kosten, müssen dadurch 2 Pfund eingespart werden. Während der letzten Legislaturperiode konnten die Kosten für Unternehmen um 2,2 Mrd. Pfund pro Jahr (insgesamt 10 Mrd. Pfund) reduziert werden. Brightwell betonte, dass der politische Wille entscheidend ist, um diesem Konzept zum Erfolg zu verhelfen.
Podiumsdiskussion
Unter der Moderation von Dr. Christoph Kotanko, Wien-Korrespondent der OÖ Nachrichten, diskutierten die vier Vortragenden sowie Mag. Helga Berger, Sektionschefin für Budget im Bundesministerium für Finanzen.
In der Podiumsdiskussion wurde erörtert, ob dieses Modell in der Praxis wirklich geeignet ist, die Bürokratieflut zu stoppen. Insbesondere wurde dabei der Frage nachgegangen, wie eine „One in – one out Regelung“ in Österreich möglicherweise ausgestaltet werden könnte, welche Parameter dabei zu beachten wären und ob eine Verankerung von Sanktionen, für den Fall dass keine „Out“- Regelung gefunden werden kann, sinnvoll wäre.
Dass das Thema „One in – one out“ auf großes Interesse stieß, zeigte nicht nur die Anwesenheit des zahlreich erschienen Publikums, sondern auch dessen rege Beteiligung an der Diskussionsrunde am Ende der Veranstaltung.