WKÖ-Wirtschaftsbarometer Sommer 2022
Gedämpfter Ausblick
Lesedauer: 3 Minuten
Die Geschäftserwartungen in der österreichischen Wirtschaft trüben sich ein, der Druck auf die Betriebe steigt. Während die letzten 12 Monate noch mehrheitlich positiv eingeschätzt wurden, liegen die Erwartungssalden zu Auftragslage und Investitionen jetzt im negativen Bereich.
Der Arbeitskräftemangel hat als größte Herausforderung nichts an Brisanz verloren, zusätzlich setzen hohe Preise und Knappheiten bei Energie und Rohstoffen die Wirtschaft unter Druck.
- Ausblick schwächer als gute Lagebewertung
- Unsicherheit lastet auf Investitionen
- Gestiegene Kosten und Preise
Geschäftserwartungen der österreichischen Wirtschaft
Unterschiede nach Branchen
- Wirtschaftliche Aufholeffekte sorgen im konsumnahen Dienstleistungsbereich noch für vorsichtigen Optimismus.
- In der Industrie und im Baugewerbe hingegen sind vor dem Hintergrund von Preissteigerungen und Engpässen bei Energie, Rohstoffen und Vorleistungen teils deutliche Eintrübungen der erwarteten Auftragslage erkennbar.
- Die Auftragslage im Tourismus für die Sommermonate ist gut, der Ausblick ist aufgrund der Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Pandemie ab Herbst aber auch mit vielen Fragezeichen behaftet.
- Die Unternehmen im Handel rechnen im laufenden Jahr mit einer Verschlechterung des Geschäfts. Zum einen fürchten sie eine gedämpfte Konsumlaune angesichts des Krieges und steigender Preise, zum anderen leiden sich auch verstärkt unter Lieferkettenproblemen.
Zuversicht steigt mit zunehmender Größenklasse
Bei Unternehmen aller Größenklassen erwarten eine gedämpfte Geschäftstätigkeit. Die Erwartungssalden zur Auftragslage liegen für kleine, mittlere und große Unternehmen im negativen Bereich. Trotz der negativen Auftragslage weisen die großen Unternehmen expansivere Investitions- und Beschäftigungspläne auf.
Preise verbleiben auf Höchstständen
Der Preisdruck ist bereits in den Zahlen des vergangenen Jahres zu beobachten, die Erwartungen bleiben auf hohem Niveau. In Summe geben 70 % der Befragten an, dass sie in den kommenden 12 Monaten mit steigenden Preisen rechnen. Rund ein Viertel geht von einer gleichbleibenden Preisentwicklung aus.
Die Gründe für die steigenden Preise sind sehr eindeutig, allen voran die Energiekosten, die 9 von 10 Unternehmen als Kosten- und Preistreiber nennen. Jeweils 80 % geben Preise von Vorleistungen sowie Löhne und Gehälter als Kostentreiber an.
Ersatzinvestitionen dominieren
6 von 10 Unternehmen, die investieren wollen, nehmen Geld in die Hand, um Ersatzbedarf zu decken. Die für Wachstum und Beschäftigung entscheidenden Neuinvestitionen stehen dagegen nur mehr bei 38 % der Unternehmen auf der Agenda (im Winter 2021 waren das noch 46%). Hier zeigt sich wiederum der Unterschiede nach Größenklassen: Doppelt so viele große, wie kleine Unternehmen planen Neuinvestitionen. Rationalisierungsinvestitionen gewinnen an Bedeutung. Jedes 5. Unternehmen gibt an, keine Investitionen zu tätigen, bei den kleinen Unternehmen liegt der Anteil höher bei über 30 %.
Neue und alte Herausforderungen
Herausforderungen aus Sicht der Betriebe
(Mehrfachantworten möglich)
82 %
Arbeitskräftemangel
79 %
Energiepreise
65 %
Lieferengpässe
54 %
Arbeitskosten
Arbeitskräftemangel weiterhin als das größte Risiko. 80% der Befragten gehen davon aus, dass der Arbeitskräftemangel auch in den kommenden Jahren anhalten wird. Der Fachkräftemangel stellt vor allem für große Unternehmen eine noch höhere Herausforderung dar als für kleine Unternehmen. Angesichts der demografischen Entwicklung wird dies eine der wesentlichen strukturellen Herausforderungen für die Unternehmen bleiben.
Steigende Energiepreise und Preise von Rohstoffen und Vorleistungen liegen auf Rang zwei der Liste der Herausforderungen. Das Risiko steigender Energie- und Rohstoffpreise – schon in der Vorumfrage auf dem bis dahin höchsten gemessen Stand – klettert erneut auf einen Höchstwert (79 nach zuvor 64 %). Im Winter 2020 gaben nur 12 % der Unternehmen an, dass die Energiepreise eine Herausforderung darstellen – die Nennungen liegen aktuell 6,5 Mal so hoch und deutlich über dem Vorkrisenniveau. Klassische Branchenunterschiede zwischen produzierenden und Dienstleistungsbereichen bestehen zwar weiterhin, die Energiepreise setzen jedoch zunehmend alle Wirtschaftszweige unter Druck.
Durch die Covid-19-Pandemie und auch temporäre globale Entwicklungen haben sich
Lieferengpässe zuletzt als zunehmende Herausforderung für die Unternehmen manifestiert. Im Winter hat sich die Zahl der Nennungen bereits verdoppelt. Aktuell führen sogar 65 % Lieferkettenprobleme als Störfaktor für das kommende Jahr an.
WKÖ-Wirtschaftsbarometer
Der WKÖ-Wirtschaftsbarometer ist die größte Umfrage der gewerblichen Wirtschaft und wird halbjährlich durchgeführt.