Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Lebensmittelindustrie), Fachverband

Presseinformation: Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln nur im EU-Gleichklang

Appell an den Nationalrat: Nationaler Alleingang schadet österreichischen Lebensmittelherstellern – Versorger des Landes nach der Coronakrise entlasten statt belasten!

Lesedauer: 3 Minuten


(Wien, 16.6.2020) Die heimische Lebensmittelindustrie richtet einen Appell an den Nationalrat. Dieser plant am 18. Juni 2020 einen Entschließungsantrag für eine zwingende, rein nationale Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln zu verabschieden, die über EU-Recht hinausgeht. „Eine rein nationale Verpflichtung für eine zusätzliche Herkunftskennzeichnung für die Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier bei verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln trifft nur unsere heimischen Hersteller und ihre Lebensmittel ‚Made in Austria‘, nicht aber deren ausländische Mitbewerber und Importprodukte. Die Abgeordneten würden somit den österreichischen Lebensmittelproduzenten zusätzlichen Aufwand an Kosten und Administration aufbürden und sie gegenüber deren ausländischen Konkurrenten benachteiligen. Das ist gerade jetzt nach der Coronakrise eindeutig der falsche Weg. Jetzt gilt es vielmehr, die heimischen Versorger zu entlasten statt zu belasten! Die Kennzeichnung von Lebensmitteln darf nur im EU-Gleichklang erfolgen", fordert Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie.

Gerade nach der Coronakrise gilt: Entlasten statt belasten 
Eines hat sich in der Coronakrise klar gezeigt: Es braucht eine leistungsstarke Lebensmittelindustrie im Land. Sie sichert die Versorgung von Millionen Menschen, im Normalbetrieb wie auch in Krisenzeiten. „Gerade erst hat in der Coronakrise die Lebensmittelindustrie mit ihren 27.000 direkt Beschäftigten die österreichische Bevölkerung verlässlich versorgt. Ohne den unermüdlichen Einsatz der rund 200 Unternehmen und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären die Regale im Handel leer geblieben", erinnert Koßdorff. Auch an der Lebensmittelindustrie ist die Coronakrise nicht spurlos vorbeigegangen. Betriebe, die mit der Gastronomie, Hotellerie und dem Tourismus wirtschaftlich verbunden sind, haben nach wie vor mit deutlichen Umsatzeinbrüchen zu kämpfen.

Die Angabe der Herkunft von Lebensmitteln ist EU-weit bereits geregelt und wird laufend erweitert - zuletzt 1. April 2020 bei Primärzutaten und erneut ab 2022 gemäß EU-„Farm to Fork"-Strategie
Bereits heute muss die Herkunft von bestimmten Lebensmitteln EU-weit angegeben werden. Diese Vorschriften wurden erst jüngst erweitert: Seit 1. April 2020 müssen Lebensmittelunternehmen, die mit der Herkunft eines verpackten Lebensmittels werben möchten, die Herkunft der Primärzutat des Produktes deklarieren, wenn diese eine andere Herkunft hat. In der „Farm-to-Fork"-Strategie des europäischen „Green Deal" ist bereits die nächste Erweiterung der Herkunftsangabe bei Lebensmitteln EU-weit verpflichtend vorgesehen und zwar bereits ab 2022.

Die Umsetzung der neuen EU-Vorgaben bei Primärzutaten war in der Praxis aufwändig. Die heimische Lebensmittelindustrie hat über ein Jahr daran gearbeitet, weil die gesamte Lieferkette betroffen ist. Aufgrund der scharfen Trennung der Rohstoffe nach deren Herkunft mussten Einkauf, Logistik, Lagerhaltung, Verpackungen etc. angepasst werden. Auch in Zukunft wird damit ein hoher Arbeitsaufwand verbunden sein, da jede Änderung des Herkunftsortes der Primärzutat auf der Verpackung stets abzubilden ist, damit die Kennzeichnung korrekt ist: Fällt also ein Lieferant aus oder entspricht die Ernte in einem Land nicht, muss die Zutat in einem anderen Land eingekauft werden. Da in diesem Fall ihr Herkunftsort wechselt, ist in der Folge auch die Angabe über den Herkunftsort der Primärzutat auf der Verpackung zu adaptieren und das freilich laufend. Das wird künftig in der Praxis mit hohem Aufwand verbunden und sehr kostenintensiv sein.

Über gesetzliche EU-Vorgaben hinaus steht die heimische Lebensmittelindustrie seit vielen Jahren für eine freiwillige Herkunftskennzeichnung, etwa über das seit über 20 Jahren bekannte AMA-Gütesiegel oder andere freiwillige EU-Modelle wie „geschützte geographische Angaben" und „geschützte Ursprungsbezeichnungen", die in vielen Produktsegmenten bereits fast den gesamten Markt abdecken. Solche etablierten freiwilligen Systeme werden freilich durch nationale Kennzeichnungsvorschriften ausgehöhlt.

„Jetzt eine nationale Herkunftskennzeichnung für bestimmte Primärzutaten für 2021 zu beschließen, wo einerseits gerade erst seit April 2020 die EU-Vorschriften zur Herkunftskennzeichnung bei Primärzutaten umzusetzen sind und andererseits bereits ab 2022 wiederum neue und zusätzliche EU-Vorgaben für Herkunftsangaben bei Lebensmitteln erlassen werden, grenzt an bürokratische Schikane für die heimische Lebensmittelindustrie", so Koßdorff. Auch wäre eine solche nationale Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit geltendem EU-Lebensmittelrecht eingehend zu prüfen.

 

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Stand: 16.06.2020

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