Gasversorgung: kritischer Ausblick 2023/2024
Informationen der Bundessparte Industrie
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Mildes Winterwetter und gut gefüllte Speicher haben zu niedrigen Erdgaspreisen geführt. Für die weitere Entwicklung sind mehrere Faktoren kritisch.
Zu Beginn des Frühjahrs sind österreichs Erdgasspeicher mit rund 64 TWh zu 66% gefüllt. Die Reserven zum Ende des Winters sind deutlich höher als im Vorjahr und als im Mittel der letzten fünf Jahre. Mit zunehmend wärmeren Temperaturen scheint das Ende der Ausspeichersaison demnächst erreicht zu sein, an manchen Tagen kann sogar bereits wieder eingespeichert werden. EU-weit beträgt die Speicherquote mit rund 625 TWh 55%. Anders als noch vor wenigen Monaten erwartet, ist Europa dank der milden Witterung, des hohen LNG-Angebots und freiwilliger Sparmaßnahmen gut durch den Winter gekommen und scheint gerüstet für die kommenden Herausforderungen.
Gaspreis: Day-ahead rückläufig, Futures steigend
Der Gaspreis am niederländischen TTF-Hub für den aktuellen Frontmonat April 2023 liegt bei 41 Euro/MWh und ist zuletzt sogar erstmals in diesem Jahr unter die 40 Euro-Marke gefallen. Das ist der niedrigste Gaspreis seit Sommer 2021, lange vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022. Zur Erinnerung: mit der sukzessiven Drosselung der russischen Gaslieferungen und dem anschließenden völligen Lieferstopp der russischen Gaslieferungen durch die Gaspipeline Nord Stream 1 war der Gaspreis im August 2022 für den damaligen Frontmonat zwischenzeitlich auf über 350 Euro/MWh geklettert.
Ausblick von Risken geprägt
Den Preisrückgang bestätigt auch der österreichische Gas-Großhandelspreisindex, der im März 2023 im Vergleich zum Vormonat Februar um 21,2% gesunken ist und 17% unter dem Wert von März 2022 liegt. Bei den Futures dreht sich aber der Ausblick: die Notierungen für das 4. Quartal 2023 und den Winter 2023/2024 liegen mit rund 50 EUR/MWh um 20% höher als der aktuelle Preis und bestätigen damit die Sorgen der Industrie im Hinblick auf eine mögliche Verknappung in der kommenden Heizperiode. Mehrere Risken prägen die Entwicklung, insbesondere ein möglicher kompletter Stopp der russischen Lieferungen auch auf der Ukraine-Route, signifikante Verknappungen des LNG-Angebots durch forcierte Nachfrage Asiens, weitere Ausfälle der französischen Kernkraftwerke und damit ein höherer Gaseinsatz für die Stromproduktion, sowie ein kalter Winter 2023/2024.
Verlängerung des EU-Gas-Notfallplans
Ein weiteres Senken der Gasnachfrage wird die Vorbereitung auf den nächsten Winter sicherstellen. Zudem wird damit das Ziel, die Gasspeicher bis zum 1. November zu 90 Prozent zu füllen, leichter erreicht. Der EU-Gas-Notfallplan war vor dem Hintergrund eines möglichen Stopps russischer Gaslieferungen im vergangenen August in Kraft getreten und sollte ursprünglich bis Ende März gelten. Er sieht vor, dass alle EU-Länder ihren Gasverbrauch freiwillig um 15 Prozent senken, verglichen mit dem Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre. Kommissionsangaben zufolge sank die Gasnachfrage in der EU zwischen August und Jänner sogar um mehr als 19 Prozent - rund 42 Milliarden Kubikmeter seien eingespart worden. Die Behörde schlägt nun vor, die Gasnachfrage weiterhin bis März 2024 um 15 Prozent zu reduzieren. Darüber hinaus sollen die Länder - nach den Vorstellungen der Behörde - monatlich über die erzielten Einsparungen berichten, statt alle zwei Monate. Der Vorschlag soll von den Energieministerinnen und -ministern der Länder bei ihrem nächsten Treffen am 28. März 2023 besprochen werden.
Autor:
DI Oliver Dworak
E-Mail: oliver.dworak@wko.at