Sparte Industrie

CO2-Bepreisung: Positive Aspekte, mögliche neue Belastungen

Der Begutachtungsentwurf zum Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz gibt aus Sicht der BSI keine befriedigenden Antworten auf zentrale standortpolitische Fragen. 

Lesedauer: 4 Minuten

11.03.2023

Der Entwurf des Ökosozialen Steuerreformgesetzes 2022 sieht im zweiten Abschnitt die Einführung einer nationalen CO2-Bepreisung im Rahmen des Nationales Emissionszertifikatehandelsgesetzes 2022 (NEHG 2022) vor. Ziel dieses Bundesgesetzes ist die stufenweise Einführung einer kosteneffizienten und wirkungsvollen Maßnahme zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Damit soll das Erreichen der unionsrechtlichen Zielvorgaben für die Reduzierung der nationalen Treibhausemissionen unterstützt werden. Der Entwurf sieht ein stufenweises Vorgehen vor:

  • In der Einführungsphase (1. Juli 2022 bis 31. Dezember 2023) soll grundsätzlich an das bestehende System der Energieabgaben angeknüpft werden. Es kommt ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung, Emissionsüberwachung, eine unterjährige Treibhausgasemissionsmeldung und Abgabe von nationalen Emissionszertifikaten zur Anwendung. Der CO2-Preis pro Tonne beträgt € 30 für das Kalenderjahr 2022 und € 35 für das Kalenderjahr 2023.

  • In der Übergangsphase (1. Jänner 2024 bis 31. Dezember 2025) soll das nationale Emissionszertifikatehandelsregister eingeführt werden, mit dem strengere Anforderungen an die Handelsteilnehmer verbunden werden. Der CO2-Preis pro Tonne beträgt € 45 für das Kalenderjahr 2024 und € 55 für das Kalenderjahr 2025.

  • In der Marktphase (ab 1. Jänner 2026) werden Emissionszertifikate frei handelbar und nicht mehr zu Fixpreisen, wie in den beiden Phasen zuvor, ausgegeben. In dieser Phase soll es unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf europäischer Ebene zu einer freien Preisbildung kommen.

Für die ersten beiden Phasen (Einführungsphase und Übergangsphase) soll ein Preisstabilitätsmechanismus zur Anwendung gelangen. Kommt es zu einer Steigerung von mehr als 12,5% der fossilen Energiepreise für private Haushalte im laufenden Jahr, dann soll sich die Erhöhung der CO2-Bepreisung im Folgejahr halbieren. Sinken die fossilen Energiepreise hingegen um 12,5% so erhöht sich die CO2-Bepreisung im Folgejahr um 50%. Damit die grenzüberschreitende Wettbewerbsfähigkeit und die Vermeidung von Carbon Leakage und Abmilderung von besonderen Mehrbelastungen sichergestellt werden, können Betroffene auf Basis einer nationalen Carbon-Leakage-Liste eine anteilige Entlastung von jenen Kosten erhalten, die durch die Mehrbelastung entstehen. Unternehmen, die besonders hart von der Einführung der CO2-Bepreisung betroffen sind, werden durch die Implementierung einer Härtefall-Regelung entlastet.

BSI-Anmerkungen mit Fokus auf Standort

Die Bundessparte Industrie hat sich in ihrer umfassenden Stellungnahme grundsätzlich positiv zum geplanten Gesetzesvorhaben geäußert. Mit dem Entwurf werden nicht nur Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes gesetzt, sondern gleichzeitig auch ökologische Komponenten verankert, um sowohl wirtschafts- als auch gesellschaftspolitische Anreize für ein klimafreundlicheres Verhalten zu schaffen. Der Begutachtungsentwurf enthält aber auch kritische Aspekte, wobei eine definitive Beurteilung erst mit der jeweiligen Ausgestaltung der einzelnen Vorgaben in den zahlreich angekündigten Verordnungen möglich sein wird. Wichtig ist dabei, dass die Ausgestaltung der Detailregelungen jedenfalls keinen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich bringt, sowie das Grundprinzip der Technologieoffenheit auch widergespiegelt wird.

Mit dem nationalen Emissionshandelsgesetz soll durch die Bepreisung von CO2 eine Kostenwahrheit und ein Lenkungseffekt für den Einsatz innovativer, emissionsarmer Technologien erreicht werden. Die Inverkehrbringer von Erdgas und Wärme sollen CO2-Emissionszertifikate erwerben und – so ist es anzunehmen - die daraus entstehenden Kosten an die Endverbraucher weitergeben. Hier bedarf es jedenfalls noch gesetzlicher Klarstellungen. Um die Wirtschaftsabläufe nicht unnotwendig zu belasten, ist auch zu klären, inwiefern die bestehenden Energielieferverträge weiterhin wirksam sind.

Ziel muss EU-Level Playing Field sein

Prinzipiell ist anzuerkennen, dass die Vorschläge der Bundesregierung den Tendenzen auf europäischer Ebene – mit dem Vorschlag im Rahmen der „Fit-for-55“ Pakets einen Emissionshandel im Verkehrs- und Gebäudebereich einführen zu wollen – oder dem kürzlich erst eingeführten nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen in Deutschland (BEHG) folgen. Österreich greift allerdings mit dem Vorschlag zur Einführung des NEHG zum jetzigen Zeitpunkt den Entwicklungen auf Europäischer Ebene vor. Aus unserer Sicht muss rasch ein europäisches Level Playing Field hergestellt werden, da ein nationaler Zertifikatehandel, der auf einen Markt in der Größe Österreichs beschränkt ist, einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringt; diesem Aufwand steht gegenüber, dass der Beitrag zur tatsächlichen CO2-Reduktion nur begrenzt sein kann. Um die Potenziale zur CO2-Reduktion tatsächlich ausschöpfen zu können, braucht es daher rasch einen internationalen/europäischen Marktmechanismus, in den das nationale Emissionszertifikatesystem übertragen werden kann. Kritisch gesehen wird, dass – entgegen der geplanten Erweiterung der ETS-RL auf die Sektoren Gebäude und Verkehr - Non-ETS-Industrieanlagen auf nationaler Ebene einbezogen werden sollen. Dies stellt im Vergleich zur EU-Ebene eine überschießende Regelung bzw. Gold Plating dar.

Umfassende Kompensation erforderlich

Ziel ist die Reduktion von Treibhausgasemissionen, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Es muss daher unbedingt sichergestellt werden, dass die Ausnahme von ETS- Anlagen treffsicher und klar geregelt ist und somit den produzierenden Betrieben – die üblicherweise Käufer von Energieprodukten im Geltungsbereich der Steuerreform sind – kein zusätzlicher Aufwand entsteht. Die Abwicklung und Erreichung der Ziele innerhalb des Europäischen Emissionshandels ist bereits sehr zeitintensiv und mit hohen Kosten verbunden. Dabei ist zu bedenken, dass auch „ETS-Unternehmen“ Bereiche außerhalb des Emissionshandels aufweisen. Etwaige Zusatzaufwände in diesen Bereichen wirken sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit aus und müssen daher vermieden werden.

Von besonderer Bedeutung ist die Einführung eines Carbon-Leakage Schutzes für energieintensive produzierende Unternehmen, welche auf dem europäischen Carbon-Leakage Standard beruht. Die Carbon Leakage Gefährdung ist anhand der Handelsintensität und der Emissionsintensität eines Wirtschaftszweiges oder Teil eines Wirtschaftszweiges festzustellen. Die Handelsintensität ist sicher in manchen Fällen kein adäquater Indikator einer möglichen CL-Gefährdung. Es müssen daher wie bei der EU-Carbon-Leakager-Liste auch qualitative Indikatoren zugelassen werden. Kritisch zu hinterfragen sind jedenfalls die vorgesehenen budgetären Obergrenzen für den Carbon Leakage Schutz.

Autor:
DI Oliver Dworak
E-Mailoliver.dworak@wko.at

 

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