Steuerliche Basisinformation für Direktberater
Informationen aus Sicht eines Steuerberaters
Lesedauer: 10 Minuten
Allgemeines
Direktberater (DB)(1) werden vornehmlich für
Direktvertriebsunternehmen (2) als Geschäftspartner tätig. Im hier verstandenen
Sinne handelt es sich dabei um Personen, die im Direktvertrieb für ein
Unternehmen Waren oder Dienstleistungen verkaufen und Personen anzuwerben
trachten, die eben diese Tätigkeit ausüben möchten und für diese Tätigkeiten vom
Direktvertriebsunternehmen ein Entgelt (z.B. Provision genannt) erhalten, das
bestimmten Kriterien folgend verschieden hoch sein kann und wird.
Im Regelfall wird der DB die Absicht haben,
als unternehmerischer Partner – ausgestattet mit dem entsprechenden
Gewerbeschein (3) – die Produkte seines Direktvertriebsunternehmens zu verkaufen
und – vor allem – andere Personen dafür zu gewinnen, ebenfalls als
Geschäftspartner (DB) für dieses Direktvertriebsunternehmen tätig zu werden. Ein
solcher DB wird natürlich auch seinen eigenen Bedarf an dem von ihm vertriebenen
Artikel bei dem Direktvertriebsunternehmen, mit dem er in Geschäftsverbindung
steht, decken. Als Unternehmer haben diese DB die Aufnahme ihrer Tätigkeit dem
zuständigen Finanzamt innert Monatsfrist anzuzeigen (§ 120 Abs. 2 BAO),
gegebenenfalls unter anderem Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten oder
entsprechende Voranmeldungen abzugeben sowie eine Umsatz- und
Einkommensteuererklärung für jeweils ein Kalenderjahr samt Jahresabschluss beim
Finanzamt einzureichen (4). Da sie für ihre Tätigkeit für das
Direktvertriebsunternehmen von diesem Provisionen, über die im Regelfall in Form
von Gutschriften (5) abgerechnet wird, erhalten, und zwar normalerweise einen
nach Umsatzhöhe gestaffelten Prozentsatz der Umsätze, wobei es nicht nur auf die
selbst getätigten Umsätze ankommt, sondern auch auf die Umsätze der "Gruppe",
die alle vom jeweiligen Unternehmer gewonnenen Unternehmer umfasst, erzielt der
DB Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ist Unternehmer im Sinne des
Umsatzsteuergesetzes (UStG 1994), der (nur) im Hinblick auf seine Provisionen
Umsätze gemäß § 1 des eben erwähnten UStG tätigt, nämlich als Unternehmen im
Rahmen seines Unternehmens im Inland gegen Entgelt (Provision) Leistungen, im
Regelfall Vermittlungsleistungen erbringt.
Der unternehmerische Selbstversorger
Neben dieser gerade geschilderten Art des Tätigwerdens bieten manche Direktvertriebsunternehmen ihren Interessenten, die aus gewissen Gründen, sei es, weil der Erwerb des Gewerbescheins mit Kosten verbunden ist oder weil mit dem Erlangen der Gewerbeberechtigung die Pflichtversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eintritt, bei welcher ein Mindestbeitrag, unabhängig vom Gewinn, somit auch in Verlustjahren, zu entrichten ist, nicht in den Besitz eines Gewerbescheines gelangen wollen, an, eine Partnerschaft als "Selbstversorger" einzugehen. Wer nun tatsächlich als "Selbstversorger" einen Partnervertrag mit einem Direktvertriebsunternehmen schließt, ist naturgemäß nicht als Unternehmer tätig; er wird daher periodisch eine sowohl umsatzsteuerlich (6) als auch ertragsteuerlich unbeachtliche Gutschrift erhalten, die als Rabatt für seine Einkäufe zu werten sein wird. Als Nichtunternehmer hat diese Person keine aus diesem Geschäftsverhältnis resultierenden Verpflichtungen gegenüber der Finanz- und der Gewerbebehörde. Unabdingbare Voraussetzung für eine derartige Betrachtungsweise ist m.E. aber, dass diese Person nur – das heißt ausschließlich (!) – für den eigenen Gebrauch oder Verbrauch einkauft.
Der nichtunternehmerische Selbstversorger, der keiner ist
In einem völlig anderen Lichte wird aber eine
Person, die sich für den Status eines "nichtunternehmerischen Selbstversorgers"
entschieden hat, zu sehen sein, wenn sie von den Möglichkeiten, die der
Direktvertrieb bietet, in einer Art und Weise Gebrauch macht, die ein
ausschließliches Selbstversorgen für ausgeschlossen erscheinen lässt: das wird
immer dann der Fall sein, wenn diese Person Mengen von Waren einkauft und
Dienstleistungen in einem Umfang in Anspruch nimmt, die für einen
Selbstversorger nicht üblich sind, wobei auch ein behauptetes Verschenken von
Waren an dieser Betrachtungsweise nichts ändern können wird, da es der
allgemeinen Lebenserfahrung wohl widerspricht, dass jemand Waren – nicht nur
ausnahmsweise und aus besonderen Anlässen – verschenkt. Aber auch jedes
Tätigwerden, um andere Personen für das Direktvertriebsunternehmen, sei es als
Unternehmer oder "nichtunternehmerischer Selbstversorger" zu gewinnen, wird
einer Einstufung als "nichtunternehmerischer Selbstversorger" schädlich sein,
was zur Folge hat, dass diese Person Unternehmer ist und die im vorstehenden
genannten Verpflichtungen dem Finanzamt gegenüber – und wohl auch gegenüber der
Gewerbebehörde – hat. Er ist somit in dem hier verstandenen Sinne ein
DB.
Wer daher die Absicht hat, mit einem
Unternehmen aus dem Direktvertriebsbereich einen Partnervertrag abzuschließen,
sollte sich m.E. ganz ehrlich gegenüber sich selbst überlegen, wie weit er mit
dieser Geschäftsverbindung gehen will: kommt es ihm wirklich nur auf einen
verbilligten Einkauf durch Rabattgutschrift für seine Einkäufe – die, ich
wiederhole es ausdrücklich, ausschließlich für den Eigenverbrauch bestimmt sein
müssen ! – an, wird er bedenkenlos einen derartigen Partnerstatus eingehen
können; jede andere Form der Partnerschaft wäre ja geradezu unsinnig, will er
doch nur als Endverbraucher von der günstigen Einkaufsmöglichkeit für sich
selbst Gebrauch machen. Hat diese Person aber die Absicht, nach Möglichkeit alle
Vorteile, die das Direktvertriebsunternehmen bietet, auszunutzen, somit nicht
nur für sich selbst einzukaufen, sondern – aus der Menge der getätigten Einkäufe
erschließlich – offenkundig auch zum Verkauf an andere Personen bestimmte Waren,
eventuell an Verkaufswettbewerben (!), die aus der Sicht der
Direktvertriebsunternehmen sowohl den unternehmerischen als auch den
nichtunternehmerischen Geschäftspartnern offen stehen, teilzunehmen und vor
allem auch als Werber für das Direktvertriebsunternehmen bei anderen Personen
tätig zu werden, so ist in ihm zweifelsfrei ein DB zu erblicken. Als solcher ist
er – wie vorstehend ausgeführt – Unternehmer mit allen Rechten und Pflichten
gegenüber der Finanzbehörde. Angemerkt werden soll hier auch, dass für die
abgabenrechtliche Beurteilung der Tätigkeit einer Person nicht entscheidend ist,
ob diese für die Ausübung dieser Tätigkeit einen Gewerbeschein besitzt oder
nicht; ob diese Person subjektiv Unternehmer sein will oder nicht oder ob er
diese Tätigkeit eventuell aus berufs- oder standesrechtlichen Gründen überhaupt
nicht ausführen dürfte. Die Gutschriften, die dieser DB von seinem
Direktvertriebsunternehmen erhält, sind keine steuerlich unbeachtlichen
Rabattgutschriften, wenngleich sie auch so oder ähnlich bezeichnet sein mögen,
sondern Provisionsgutschriften, da diese Provision sowohl von den Umsätzen, die
auf den Eigenverbrauch entfallen als auch natürlich von den Umsätzen, die nicht
aus der Selbstversorgung stammen resp. die einen Bonus aus dem Gruppenumsatz
(Unternehmer plus von ihm geworbene Unternehmer oder Selbstversorger)
darstellen, errechnet werden. Diese Gutschriften weisen im Regelfall auch eine
Umsatzsteuer gesondert aus. Da nun der vermeintliche Selbstversorger in
Wirklichkeit unternehmerisch tätig ist, treffen ihn die oben skizzierten
Verpflichtungen gegenüber der Finanzbehörde und er schuldet – unabhängig von der
Höhe seiner Umsätze – die in den Gutschriften ausgewiesenen Umsatzsteuern.
Selbstverständlich steht ihm aber auch – wie jedem anderen Unternehmer – bei
Einhaltung der gesetzlichen Erfordernisse das Recht auf Vorsteuerabzug zu. Ohne
Bedeutung ist es aber für die Besteuerung, ob die gesamte Provision – oder wie
immer das Entgelt für die oben dargestellte Leistung auch genannt werden mag,
z.B. Rabatt – ausbezahlt, mit Lieferungen verrechnet oder bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt vom Direktvertriebsunternehmen zurückbehalten wird:
dadurch, dass der Unternehmer in seinem Aufnahmeantrag in das
Direktvertriebsunternehmen mit der jeweiligen Verrechnungsart sich einverstanden
erklärt, ist m.E. darin eine Verfügung über die ihm zugeflossene Provision zu
erblicken, was im Bereich der Einkommensteuer deren Versteuerung bereits im Jahr
der Gutschrift und nicht erst der Auszahlung nach sich zieht.
Man wird somit jedem vermeintlichen
Selbstversorger (und tatsächlichem DB), der die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z.
27 UStG 1994 Umsatz/Jahr
(Betrag siehe Link) nicht erreicht,
auf Dauer gesehen mit Vorsteuerüberschüssen (7) nicht rechnen kann und der einen
Regelbesteuerungsantrag im Sinne des § 6 Abs. 3 leg. cit. nicht gestellt hat,
raten müssen, dem Umsatzsteuerausweis in den vom Direktvertriebsunternehmen
erstellten Gutschriften im Sinne des § 11 Abs. 7 UStG 1994 zu widersprechen, da
dies die einzige Möglichkeit ist, diese Umsatzsteuer nicht im Sinne des § 11
Abs. 12 leg. cit. zu schulden. Das Direktvertriebsunternehmen wird wohl in
diesem Falle die Gutschrift ohne Umsatzsteuer erstellen, somit dem
Geschäftspartner aber natürlich auch nur die Provision ohne Umsatzsteuer
gutschreiben, verrechnen oder auszahlen (8)
Das Problem der Betriebsauflösung
Ein besonderes Problem kann aber auf Geschäftspartner zukommen, die bislang DB waren, später aber – aus welchen Gründen auch immer – ihre Gewerbeberechtigung aufgeben und – subjektiv - nur noch als "nichtunternehmerischer Selbstversorger" in einem Partnerverhältnis zum Direktvertriebsunternehmen stehen möchten. Sollten sie – objektiv - weiterhin in einem ähnlichen Umfang tätig werden wie zur Zeit ihrer unternehmerischen Partnerschaft, so wird sich an ihren Verpflichtungen gegenüber der Finanzverwaltung nichts ändern: da sie weiterhin im Sinne des in den vorstehenden Absätzen erwähnten Unternehmer sind, treffen sie auch alle einschlägigen Verpflichtungen. Wer aber tatsächlich nur mehr Selbstversorger ist, hat dem Finanzamt mitzuteilen, dass er seinen Betrieb aufgegeben hat; er hat die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen zu ziehen (siehe dazu im einzelnen § 24 EStG 1988) und wird sich für den Fall, dass er während der Dauer seiner unternehmerischen Tätigkeit als Direktvertriebspartner einen Gesamtverlust (9) erwirtschaftet hat, auch mit dem Vorwurf seitens der Finanzbehörde auseinander zusetzen haben, seine Tätigkeit sei Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinne gewesen. Dieser Vorwurf bedeutet, dass die Finanzverwaltung – gestützt einerseits auf eine Verordnung des Bundesministers für Finanzen, andererseits auch auf die einschlägige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes – annimmt, dass aus dieser Tätigkeit auf Dauer gesehen kein Gesamtgewinn (9) zu erzielen gewesen wäre, was der Abgabenpflichtige durch seine Betriebsaufgabe ja geradezu noch untermauert. In diesem Falle hat der Abgabenpflichtige sämtliche Umsatz- und Einkommensteuergutschriften, die aus dieser Liebhabereitätigkeit (10) stammen, dem Finanzamt zurückzuzahlen.
Zusammenfassung
In der Praxis werden nach meinem Dafürhalten
die Fälle echter Selbstversorgung relativ sehr selten vorkommen. Aus diesem
Grunde bin ich der Auffassung, dass jeder, der einen anderen "in das Geschäft
bringen" will (ihn für den Direktvertrieb gewinnen will), mit aller Deutlichkeit
darauf hinweisen sollte, dass die Absicht, aus selbständiger Tätigkeit Umsätze
zu tätigen und Gewinne zu erzielen, es mit sich bringt, dass man Unternehmer im
Sinne des Umsatzsteuerrechts wird und dass der wirtschaftliche Erfolg dieser
Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind, die in der Einkommensteuererklärung
ihren Niederschlag finden müssen. Besonders wichtig erscheint mir noch der
Hinweis darauf, dass diese steuerlichen Folgen durch Nichtlösen eines
Gewerbescheins oder subjektiv andere Einstellung (z.B. man wolle doch in
Wirklichkeit gar nicht Unternehmer sein; ein Unternehmer sei ganz etwas anderes
als man selber sei) nicht abgeändert werden können.
- Direktberater:
Begriff aus der Liste der freien Unternehmenstätigkeiten des BMWFJ.
- Es wird vorausgesetzt, dass der Leser den
Begriff des Direktvertriebsunternehmens kennt und zumindest in den Grundzügen
weiß, wie ein Direktvertrieb funktioniert.
- Die Ausführungen gelten auch für den Fall,
dass der DB rechtswidrigerweise über keine entsprechende Gewerbeberechtigung
verfügt.
- Auf alle anderen Verpflichtungen gegenüber
Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen (z.B. Krankenkasse) wird hier
nicht eingegangen
- Eine Gutschrift ist gemäß § 11 Abs. 7 UStG
1994 jede Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige
Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird. Sie tritt an die Stelle einer
Rechnung des liefernden oder leistenden Unternehmers, wenn dieser der Gutschrift
nicht widerspricht. Eine unwidersprochen gebliebene Gutschrift entfaltet bei
Einhaltung der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen die Rechtswirkungen einer
Rechnung (siehe dazu allgemein § 11 leg. cit.)
- Da die Gutschrift an einen Nichtunternehmer
erfolgt, ist der darin ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag als auf eine Änderung der
Bemessungsgrundlage im Sinne des § 16 UStG entfallend zu betrachten. Aus diesem
Grunde liegt in diesem Falle keine Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 leg. cit.
(Umsatzsteuerausweis durch einen Unternehmer für eine nicht erbrachte Lieferung
oder sonstige Leistung oder Umsatzsteuerausweis durch einen Nichtunternehmer)
vor.
- Wer bei dieser Art von wirtschaftlicher
Betätigung auf Dauer gesehen Vorsteuerüberschüsse erzielt, wird m.E. innert
kürzester Zeit vom Finanzamt mit der Frage, ob es sich bei seiner Tätigkeit
nicht um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handelt, konfrontiert werden.
Siehe auch FN 10.
- Per Saldo bleibt es für den DB (und für das
Direktvertriebsunternehmen) daher gleich, ob er die Gutschrift samt
entsprechender Auszahlung mit oder ohne Umsatzsteuer erhält: in einem Fall
bekommt er die Umsatzsteuer mit überwiesen, muss sie aber an das Finanzamt
abführen (dem Gutschriftersteller, das ist das Direktvertriebsunternehmen, steht
aber hinsichtlich dieses Betrages der Vorsteuerabzug zu); im anderen Fall wird
ihm keine Umsatzsteuer gutgeschrieben und auch nicht ausbezahlt, es steht dem
Direktvertriebsunternehmen aber auch kein diesbezüglicher Vorsteuerabzug zu.
- Ein Gesamtverlust liegt vor, wenn die
Jahresergebnisse ein und desselben Betriebes innert eines bestimmten Zeitraumes
zusammengezählt < 0 sind. Ein Gesamtgewinn liegt daher vor, wenn die
Jahressergebnisse ein und desselben Betriebes innert eines bestimmten Zeitraumes
zusammengezählt > 0 sind.
- Eine Tätigkeit wird – kurz und vereinfacht gesagt – dann als Liebhaberei eingestuft, wenn aus ihr auf Dauer gesehen objektiv kein wirtschaftlicher Nutzen, d.h. ein Gesamtgewinn (siehe FN 10), erwirtschaftet werden kann. Wird daher ein Betrieb innerhalb des "Beobachtungszeitraumes" vor Erreichen eines Gesamtgewinns aufgegeben, so wird das Finanzamt im Regelfall die aufgegebene Tätigkeit als Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinne zu beurteilen haben.
Siehe dazu näher:
- Liebhabereiverordnung des BMF, BGBl I Nr. 33/1993
- Richtlinien zur Liebhabereibeurteilung
- Erlass des BMF vom 23.12.1997, Z140661/6-IV/14/97
- aber auch: VwGH vom 2.3.2006, 2006/15/0018:
- keine generelle Liebhaberei bei Amway-Vertretern
Stand: 24.02.2020