Lächelnde Person an Lenkrad eines Autobusses sitzend nimmt Papier anderer Person entgegen
© Vadim Guzhva | stock.adobe.com
Autobus, Berufsgruppe

Entsendung – Neue Regeln und neues Meldeportal seit 02. Februar 2022

Lesedauer: 8 Minuten

15.11.2023

Seit dem 02. Februar 2022 gelten wie berichtet neue EU-Vorschriften für die Entsendung von Berufskraftfahrern/-innen. Mit den neuen Regelungen werden die nationalen Melde-Systeme zur Entsendung von Berufskraftfahrer/-innen abgeschafft und eine EU-weit einheitliche Plattform eingeführt. Nachfolgend finden Sie wie angekündigt weitere Details.  

Nachfolgend möchten wir Ihnen die Regeln zur Entsendung und das neue Meldeportal erläutern:

1. Entsendung

Eine Entsendung liegt vor, wenn Arbeitnehmer/-innen von ihrem Arbeitgeber (Österreichischer Busbetrieb) in einen anderen EU-Staat (Aufnahmestaat) gesendet werden, um dort für einen begrenzten Zeitraum eine Dienstleistung zu erbringen, z.B. um einen Auftrag auszuführen. Im Unterschied zu mobilen EU-Arbeitnehmern halten sie sich zwar vorübergehend im Ausland auf, werden aber nicht in den dortigen Arbeitsmarkt integriert. Sie bleiben Beschäftigte ihres Unternehmens, weshalb für sie weiterhin das Recht ihres Herkunftsstaats (Niederlassungsstaat) gilt. Allerdings sind diverse Rechte des Aufnahmestaats einzuhalten, z.B. Mindestentgeltsätze und Höchstarbeitszeit. Arbeitgeber können aber über diese Regelungen hinausgehende, d.h. für die Arbeitnehmer/-innen bessere, Arbeitsbedingungen einräumen.

Folgende Busfahrten gelten als Entsendung (eine Entsendemeldung ist notwendig!)

  • Kabotage (zB. Reisegruppe 1 fliegt nach Finnland, österreichischer Bus befördert Reisegruppe 1 in Finnland, Reisegruppe 1 fliegt von Finnland wieder nach Österreich zurück)
  • Grenzüberschreitende Beförderungen (nur wenn es sich nicht um „bilaterale Beförderungen“ - Definition siehe unten)

Folgende Busfahrten sind keine Entsendung (und daher ist auch keine Entsendemeldung notwendig!):

  • Transitfahrten
  • Bilaterale Beförderungen: Eine bilaterale Beförderung von Fahrgästen im grenzüberschreitenden Gelegenheits- oder Linienverkehr liegt vor, wenn
    • Fahrgäste in Österreich von einem österreichischen Bus aufgenommen und in einem anderen MG-Staat oder Drittland wieder abgesetzt werden und umgekehrt. Sowohl die Hinfahrt in den anderen MG-Staat als auch die Rückfahrt nach Österreich sind jeweils eine bilaterale Fahrt.
      Beispiel (Fly and Drive): Reisebusfahrt von Österreich nach Frankreich mit Reisegruppe 1 (Route Ö–CH-FR). Fahrgäste steigen in FR aus und fliegen von FR zurück nach Ö. In FR wird eine neue Reisegruppe 2 (die Fahrgäste dieser Reisegruppe 2 sind zuvor mit dem Flugzeug nach FR gekommen) aufgenommen (Retourfahrt) und in Ö abgesetzt.
    • Fahrgäste werden in Österreich von einem österreichischen Bus aufgenommen als auch wieder abgesetzt, um örtliche Ausflüge in einen anderen MS oder in ein Drittland durchzuführen
    • Beispiel: Reisebusfahrt mit einer Reisegruppe nach Frankreich zur Durchführung einer Städtereise mit inkludierter Stadtrundfahrt/Stadtbesichtigung. Anschließend findet die Retourfahrt statt und dieselbe Reisegruppe wird wieder in Österreich abgesetzt (Route Ö–CH-FR-Ö).

Zusätzlich zur bilateralen Beförderung dürfen in den Transitstaaten, jeweils auf dem Hin- und Rückwegeinmalig Fahrgäste aufgenommen und/oder abgesetzt werden. Zu- und Ausstieg dürfen nicht beide im Transitstaat liegen, da das Kabotage wäre.
Z.B. dürfen auf dem Hinweg von Österreich nach Spanien in Frankreich 

  • zusätzliche Fahrgäste aus Frankreich zusteigen und in Spanien aussteigen;
  • ein Teil der Fahrgäste aus Österreich in Frankreich aussteigt und der Rest fährt weiter nach Spanien;
  • ein Teil Fahrgäste aus Österreich in Frankreich aussteigen und neue Fahrgäste aus Frankreich mit Fahrziel Spanien zusteigen.

Dasselbe ist auf der Rückfahrt möglich. Es dürfen aber keine Fahrgäste auf dem Hinweg in Frankreich zu- und aussteigen (Kabotage). Erlaubt ist, wenn Fahrgäste in Frankreich zusteigen, nach Spanien mitfahren und auf dem Rückweg wieder in Frankreich aussteigen.

2. Neues Meldeportal für die Entsendung

Entsendungen von Berufskraftfahrern/-innen werden neu über eine EU-weit einheitliche Plattform gemeldet. Grundlage ist das sog. Binnenmarkt-Informationssystem (IMI), das aus einem Portal für die Behörden der EU-Staaten und einem Portal für die Unternehmen besteht. Die Portale sind miteinander verbunden, die staatlichen Behörden können aber nur die von den Unternehmen übermittelten Daten einsehen.

Die Bestandteile der Plattform für Entsendungen:

  1. Portal für nationale Behörden
    Das Portal wird nur durch die staatlichen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten genutzt. Diese können hier die von den Unternehmen gemeldeten Entsendemeldungen und eingereichten Dokumente einsehen und Anfragen an die einzelnen Unternehmen stellen.
  2. Test-Portal zum Üben (Trainingsplattform)
    Die Trainingsplattform dient nur zu Schulungszwecken und soll es den Unternehmen ermöglichen, die Plattform zu testen. Notwendige Schritte für die Anmeldung zur Trainingsplattform: 
    1. Ein Test-EU-Login-Konto erstellen
      Um auf das Portal zugreifen zu können, müssen alle Nutzer über ein eigenes persönliches EU-Login-Konto verfügen.
    2. Erstellung eines Unternehmenskontos auf der Test-Entsendeplattform
  3. Portal für Straßenverkehr-Entsendemeldungen
    Dieses Portal ist für die Unternehmen. Hier registrieren sich die Unternehmen, tragen das zu entsendende Personal ein, bereiten die Meldung der Entsendung vor, übermitteln die Entsendemeldung an die nationalen Behördenverwalten alle Daten, sehen und übermitteln die von den nationalen Behörden angeforderten Nachweise. Das Portal ist auf Deutsch verfügbar. Nach dem Login können Sie über den Menüpunkt „Hilfe“ (links unten in der blauen Leiste) die FAQ zum neuen Portal mit einer Anleitung und Anleitungs-Videos abrufen.

3. PRAXIS: Benutzung des Meldeportals zur Entsendung

Registrierung des Busunternehmens im Meldeportal

Das Busunternehmen erstellt ein Profil mit allen erforderlichen Angaben zum Unternehmen. Für die einzelnen Mitarbeiter/-innen können über den Menüpunkt „Nutzerverwaltung“ einzelne Nutzerzugänge erstellt und verwaltet werden:

  • Erster Schritt: Ein EU-Login-Konto erstellen
    Um auf das Portal zugreifen zu können, müssen alle Nutzer über ein eigenes persönliches EU-Login-Konto verfügen.
  • Zweiter Schritt: Erstellung eines Unternehmenskontos auf der neuen Entsendeplattform

Wir möchten darauf hinweisen, dass es empfehlenswert ist, bereits jetzt das Unternehmensprofil zur erstellen und alle notwendigen Informationen hochzuladen, Entsendungserklärungen können seit dem 2. Februar 2022 eingereicht werden. Ab diesem Datum wird die neue mehrsprachige Entsendeplattform (Road Transport Posting Declaration Portal) alle nationalen Plattformen für Entsendungen im Straßenverkehr ersetzen.

Fahrer/-innen eintragen

Das zu entsendende Fahrpersonal wird im Unternehmensprofil hinterlegt. Die Fahrer/-innen können einzeln eingetragen werden oder es wird eine Excel-Liste (Vorlage im Portal) hochgeladen.

Pflichtangaben sind:

  • Name, Vorname
  • Geburtsdatum
  • Führerscheinnummer
  • Fahrerkarte
  • Adresse
  • Arbeitsvertrag: Beginn und das auf den Vertrag anwendbare Recht des jeweiligen Mitgliedslandes (in unserem Fall „Österreich“)

Erstellen der Entsendemeldung

Für jeden einzelnen Staat und jede/n Fahrer/-in muss eine eigene Entsendemeldung eingereicht werden. Die Formulare können aber als Vorlage kopiert und an den betreffenden Stellen abgeändert werden.

Folgende Angaben müssen in der Entsendemeldung eingetragen werden:

  • Land der Entsendung (Staat, in welchen die Entsendung erfolgt)
  • Beginn und Ende der Entsendung: Es kann ein Zeitraum von 1 Tag bis 6 Monaten angegeben werden. Werden Mitarbeiter/-innen mehrmals in einen Staat entsendet, muss keine Meldung pro Vorhaben erfolgen, sondern es kann eine einzige Entsendung für bis zu sechs Monate gemeldet werden. Für eine Erneuerung kann die alte Meldung kopiert, aktualisiert und neu eingereicht werden.
  • Art des Vorhabens (grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage)
  • Art der Beförderung (Personen- oder Güterbeförderung)
  • Kennzeichen des Fahrzeugs (Es können mehrere Kennzeichen angegeben werden. Das Kennzeichen von Anhängern muss nicht angegeben werden.)
  • Fahrerinformation/Angaben zum/r Fahrer/-in
  • Angaben zum/r Verkehrsleiter/-in
  • Kontaktperson (Geben Sie hier die Kontaktdaten einer verantwortlichen Person an, welche die Behörden bei einer Kontrolle erreichen können, z.B. Verkehrsleiter oder Disponent, Einzelunternehmer geben sich selbst an.
  • Informationen zum Busunternehmen (ua. Adresse, Nummer der Gemeinschaftslizenz, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)

Das Meldeformular deckt alle 24 EU-Amtssprachen ab. Es kann auf Deutsch ausgefüllt werden und die lokalen Behörden sehen die Daten nach der Übermittlung in ihrer Landessprache. 

Vor der Entsendung: Übermittlung der Entsendemeldung

Die Entsendemeldung muss an den EU-Staat übermittelt werden, in welchen die Entsendung erfolgt. Die Meldung muss vor, spätestens mit Beginn der Entsendung erfolgen. Für die Meldung muss seit dem 02. Februar 2022 zwingend das neue Portal genutzt werden.

Während der Entsendung: Mitführen der Dokumente

Vom Fahrpersonal mitzuführen sind:

  • Kopie der Entsendemeldung:
    Die Kopie muss in Papierform oder digital mitgeführt werden. Das Formular kann direkt im Portal ausgedruckt oder per E-Mail an das Fahrpersonal gesendet werden. Bei Änderungen wird automatisch eine neue Version an das entsandte Personal geschickt. Der dabei generierte QR-Code bleibt gleich, wodurch auch bei einem veralteten Papierausdruck stets die aktuellsten Informationen der betreffenden Entsendung digital abgefragt werden können.
  • Aufzeichnung des Fahrtenschreibers
  • Beförderungsnachweis (z.B. EU-Fahrtenheft im Personenverkehr)
    Bei Kontrollen müssen die Behörden in der Lage sein, digitale Nachweise (QR-Code auf Per Entsendeerklärung) zu prüfen. Sofern die Behörden weitere Dokumente benötigen, können Sie diese beim Unternehmen über das Portal anfordern. Die Unternehmen sind verpflichtet, sämtliche Entsendemeldungen aktuell zu halten, da diese sonst nicht mehr gültig sind. Sofern sich die in der Entsendemeldung getätigte Angaben ändern, z.B. die Dauer der Entsendung oder das Fahrzeug wird gewechselt, müssen Sie die Angaben umgehend aktualisieren.

Nach der Entsendung:

Die Behörden können nachträglich weitere Dokumente anfordern, z.B. Lohn- und Zahlungsnachweise oder Arbeitsverträge. Die Nachweise werden über das Portal angefordert.  Unternehmen können eine E-Mail-Benachrichtig einrichten. Die angeforderten Dokumente müssen innerhalb von 8 Wochen über das Portal eingereicht werden. Bei Nichteinhalten dieser Frist kann der Entsende-Staat ein Hilfegesuch an den Heimatstaat des Unternehmens senden. In der Folge sind auch Kontrollen in der Geschäftsstelle vor Ort möglich.

4. Empfehlung

  • Registrieren Sie sich bereits jetzt, machen Sie sich mit dem Portal vertraut und tragen Sie schon ihr zu entsendendes Personal und Vorlagen für deren Entsendemeldung ein.
  • Sollte es in der Anfangszeit noch zu Umsetzungsschwierigkeiten in einzelnen Staaten, insbesondere bei den Kontrollbehörden, kommen, empfehlen wir, vorerst die Entsendemeldung und die Nachweise in Papierform (Kopien) mitzuführen.

Wir erarbeiten derzeit zusammen mit der IRU Szenarien zu Fragen, die in der Praxis auftreten könnten. Wir werden diese anschließend zur Klärung an die Europäische Kommission übermitteln. Sobald uns die Antworten vorliegen, werden wir Ihnen diese zukommen lassen. 

5. Digitaler Fahrtenschreiber: Grenzübertritt dokumentieren

  • Seit 02. Februar 2022 müssen alle Fahrer/-innen, deren Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgestattet ist, den Grenzübertritt dokumentieren. Beim Grenzübertritt muss bei der nächsten Haltemöglichkeit an oder nach der Grenze das Symbol des Einreiselandes eingegeben werden. Sofern das Fahrzeug einen analogen Fahrtenschreiber hat, muss bereits seit dem 21. August 2020 ein handschriftlicher Vermerk auf der Tachoscheibe vorgenommen werden.
  • Rückkehrverpflichtung
  • Bereits seit August 2020 gilt eine sogenannte Rückkehrverpflichtung für Lenker und Lenkerinnen. Diese müssen die Möglichkeit haben, innerhalb von vier aufeinanderfolgenden Wochen "nach Hause" zu kommen, das bedeutet die Betriebsstätte des Arbeitgebers oder der Wohnsitz, um dort mindestens eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit (mind. 45 Stunden) oder eine wöchentliche Ruhezeit von mehr als 45 Stunden als Ausgleich für eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit zu verbringen.
  • Seit 22. Februar 2022 gilt noch zusätzlich eine Rückkehrverpflichtung für das Fahrzeug. Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass seine Fahrzeuge für grenzüberschreitende Beförderungen spätestens acht Wochen nach Verlassen des Mitgliedstaates zu einer der Betriebsstätten in diesem Mitgliedstaat zurückkehren.

6. Weitere Informationen

Weitere interessante Artikel