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Ukraine und die österreichische Wirtschaft

Fakten, Zahlen und Expertenmeinungen zur Wirtschaft in der Ukraine, den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Ukraine und Österreich und den wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs. 

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 21.04.2023

Am 24.2.2022 hat Russland die Ukraine angegriffen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm. Welche Fakten zeichnen ein Bild 1 Jahr nach Kriegsbeginn? 

Handelsbeziehungen zwischen Österreich und der Ukraine

Die Ukraine ist für Österreich ein wichtiger Handelspartner, insbesondere Rohstofflieferant. 2021 importierte Österreich fast ein Zwölftel aller Rohstoffe aus der Ukraine, mehr als zwei Fünftel aller Eisenerzimporte Österreichs kamen von dort (Quelle: Außenhandel 2021, Statistik Austria). Von 2021 bis 2022 stieg das Importvolumen aus der Ukraine auf 1 Mrd. Euro (November 2022), ein Plus von 13,9 %, wobei die wichtigsten Importprodukte weiterhin Erze und Metallabfall waren. Das liegt vor allem daran, dass Getreide und Ölsaaten über Österreich exportiert werden.

Die Exporte in die Ukraine sind hingegen kriegsbedingt zurückgegangen. Betrug der österreichische Exportwert in die Ukraine 2021 noch 441 Mio. Euro, ist dieser im Zuge des Kriegs auf 403,4 Mio. Euro gefallen (November 2022). Die wichtigsten Exportgüter sind pharmazeutische und medizinische Produkte.

Österreichische Unternehmen in der Ukraine

Österreich ist mit ungefähr 200 Niederlassungen in der Ukraine vertreten, die in Summe mehr als 3.000 Mitarbeiter:innen beschäftigen. Sie sind unter anderem in den Bereichen Agrar, Gewürze, Agrartechnik und Engineering tätig. Mitte 2021 war Österreich mit einem kumulierten Investitionsvolumen von 1,77 Mrd. US-Dollar (1,62 Mrd. Euro) sechstgrößter direkter Investor in der Ukraine.

Österreichische Unternehmen bleiben trotz Krieg in Ukraine aktiv

Laut einer WKÖ-Umfrage von Februar 2023 unter 69 Unternehmen sind 93 % der österreichischen Niederlassungen nach wie vor in der Ukraine aktiv. Davon sind 42 % vollständig operativ tätig, während mehr als die Hälfte mit reduzierter Kapazität weiterarbeitet. Nur 6 % denken über einen Rückzug nach.

Nach dem russischen Angriff haben wir gesehen, dass die österreichischen Firmen alles darangesetzt haben, ihre Aktivitäten in der Ukraine fortzusetzen, auch aus Verantwortungsgefühl ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber. Sie haben wirklich Unglaubliches geleistet, diese vor Ort oder auch im Ausland zu unterstützen.

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Herausforderungen für österreichische Betriebe in der Ukraine

In der WKÖ-Umfrage von Februar 2023 nennen 70 % der befragten österreichischen Niederlassungen in der Ukraine die Sicherheit ihrer Mitarbeiter:innen sowie Strom- und Internetausfälle als größte Herausforderungen. 46 % rechnen mit Umsatz- und Auftragsrückgängen.  

Wirtschaftliche Folgen des Ukrainekriegs

Die Schäden durch den Krieg hat die ukrainische Privatuniversität „Kyiv School of Economics“ bereits im September 2022 auf 127 Mrd. Euro geschätzt. Darin sind noch nicht die massiven Zerstörungen durch die russischen Luftangriffe berücksichtigt.

Im Juni 2022 sind die Europäische Kommission und die Weltbank davon ausgegangen, dass der Wiederaufbau 349 Mrd. US-Dollar kosten werde. Doch andere Schätzungen sehen einen Investitionsbedarf von mehr als 1 Mrd. Euro.

Der Krieg führte zu einer Unterbrechung der Lieferketten und erschwerte die  Logistik. Aufgrund der Blockade ukrainischer Häfen mussten Getreide, Stahl etc. größtenteils über die Schiene oder mit LKW und teilweise über die Donauhäfen exportiert werden. Die Grenzübergänge sind überlastet, Personen- und Güterverkehr in der Ukraine eingeschränkt.  

Chancen beim Wiederaufbau

Trotz der anhaltenden Kämpfe findet der Wiederaufbau bereits statt. So werden etwa Wohnbauten repariert und errichtet, die Gesundheitsversorgung wiederhergestellt und Brücken, die Energieversorgung und weitere Infrastruktur wiederaufgebaut. Schon jetzt laufen öffentliche Ausschreibungen (wko.at, laufend aktualisiert) für verschiedene Projekte. Für Ausschreibungen der ukrainischen Regierung gibt es eine eigene Plattform.

Ukrainische Agentur für Wiederaufbau im Februar 2023 gegründet

Anfang Februar hat die ukrainische Regierung die „Agentur für den Wiederaufbau und die Entwicklung der Infrastruktur“ gegründet.. Der Aufbauplan der ukrainischen Regierung umfasst derzeit rund 850 Projekte.

Bereits jetzt werden konkrete Wiederaufbaupläne erarbeitet und Projekte entwickelt, um nach Kriegsende rasch mit der Umsetzung beginnen zu können.

Know-how in Green Energy, Agrarsektor, Wasserleitungen und Infrastruktur gefragt

WKÖ-Wirtschaftsdelegierte Gabriele Haselsberger rechnet mit einem durch den Wiederaufbau bedingten Innovationsschub. Beim Wiederaufbau wird vor allem Know-how in den Bereichen Green Energy, im Agrarsektor, in der Renovierung von Wasserleitungen und dem Aufbau der Infrastruktur gefragt.

Österreichische Unternehmen können zum Wiederaufbau beitragen

Österreichische Betriebe sind beim Wiederaufbau mit ihren Produkten und Services in vielen Bereichen gefragt – vom Bausektor über Maschinen und Abwasser-Management bis zum Infrastruktur-Bereich. Das Interesse von Österreichs Unternehmen ist entsprechend groß, wie die internationale Messe

Rebuild Ukraine Mitte Februar 2023 in Warschau zeigte: Dort präsentierten rund 40 österreichische Unternehmen ihre Leistungen. Darunter waren beispielsweise Frequentis, Innio Jenbacher, Strabag, Waagner-Biro und VA Tech Wabag.

Unternehmen, die hier tätig sind und bereits ihre Netzwerke haben, tun sich natürlich leichter.