Metalltechniker beim Messen eines Stahlbolzens
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Metalltechniker, Landesinnung

Martin Steinhäufl im Gespräch über Normen in der Metalltechnik

Die Arbeit im Normenausschuss der Bundesinnung der Metalltechniker

Lesedauer: 4 Minuten

In Österreich gelten aktuell rund 25 000 Normen. Allein ein Metalltechniker wird in seiner Arbeit täglich mit bis zu sechzig dieser technischen Regeln konfrontiert. Martin Steinhäufl ist Experte, wenn es um Normen und Zertifizierungen geht. Metalltechnik.at hat mit dem gebürtigen Wiener Neustädter über seinen beruflichen Alltag im Normenausschuss gesprochen und warum es für Unternehmen schnell teuer werden kann, wenn sie zu wenig informiert sind.

Metalltechnik.at: Herr Steinhäufl, Sie sind selbst gelernter Schlosser, mittlerweile konzentrieren sie sich aber hauptsächlich auf die Beratung zu Normen und Zertifizierungen. Wie ist es dazu gekommen?

Steinhäufl: Das Thema Normen und Zertifizierung hat mich schon immer interessiert, außerdem war ich immer offen für Aus- und Weiterbildungen. 1998 habe ich meine Bau- und Kunstschlosserei in Wiener Neustadt gegründet, später bin ich mit meinen zehn Mitarbeiter:innen in eine große Halle ins Burgenland übersiedelt. Berufsbegleitend habe ich Wirtschaft studiert, zusätzlich die Ausbildung zum beeidigten Gerichtssachverständigen, Werkstoffprüfer und Schweißtechniker gemacht. Im Laufe der Jahre hat sich mein Schwerpunkt immer weiter weg von der Produktion in Richtung Beratertätigkeit verlagert – hin zur Unterstützung anderer Betriebe, als Auditor, etc. Das ist aktuell mein Hauptbetätigungsfeld.

Metalltechnik.at: Was konkret gibt es hier zu tun?

Steinhäufl: Ich begleite Unternehmen durch den unübersichtlichen "Normen-Dschungel". Sie müssen sich vorstellen, allein bei uns in Österreich gibt es mittlerweile 25.000 Normen, die einzuhalten sind. Da verliert man als Unternehmer:in, der/die im Businessalltag hauptsächlich kalkulieren und verkaufen muss, schnell einmal den Überblick, welche Normen aktuell zu beachten sind bzw. wie sie sich verändert haben. Genau hier helfe ich bzw. helfen wir im Normenausschuss der Bundesinnung weiter. Wir stehen beratend zur Seite, wenn sich ein Betrieb bei einer Norm nicht sicher ist und Fragen hat. Leider werden wir meistens erst dann gerufen, wenn bereits ein Schaden entstanden ist und es teuer wird.

Metalltechnik.at: Wieso das?

Steinhäufl: Es gibt immer wieder Betriebe, die "seitlich" der Norm arbeiten – das heißt, sie umgehen eine Norm nicht absichtlich, sondern wissen es einfach nicht besser. Dass jemand vorsätzlich einer Norm zuwider arbeitet, passiert so gut wie gar nicht. Prinzipiell sollte es aber schon so sein, dass eine Norm so selbstverständlich angewandt wird wie ein Smartphone oder das Internet. Dazu braucht es im Zweifelsfall kompetente Beratung.

Metalltechnik.at: Damit beschäftigt sich ja auch der Normenausschuss der Bundesinnung mit Ihnen als Vorsitzender. Was sind weitere Aufgaben des Arbeitsausschusses?

Steinhäufl: Wir behandeln alle Angelegenheiten rund um Normen und Zertifizierungen für unsere Mitgliedsbetriebe. Insgesamt sind wir siebzehn Personen im Ausschuss, jedes österreichische Bundesland ist mit Expert:innen vertreten. Einmal im Monat treffen wir uns online und besprechen Neuigkeiten, bzw. konkrete Fälle. Außerdem gibt es zweimal pro Jahr ein persönliches Treffen und wir sind als Vertreter für unsere Mitgliedsbetriebe in diversen Komitees des ASI (Austrian Standard Institute) mit dabei, wo Normen festgelegt werden.

Metalltechnik.at: Wozu braucht es Normen überhaupt?

Steinhäufl: Eine Norm ist ein freiwilliger Standard – man kann auch sagen, Normen sind die Regeln der Technik und werden heutzutage meistens international festgelegt. Große Firmen haben eigene Personen, die in ein Normungskomitee entsandt werden, um diese Regeln aktiv zugunsten dieser global player mitzubestimmen. Kleinere Betriebe haben das nicht. Wir als Bundesinnung greifen deshalb für KMU´s aktiv in den Normungsprozess ein, so gut es uns möglich ist.

Metalltechnik.at: Welche Normen sind aktuell in Bearbeitung, bzw. kommen neu auf das Handwerk zu?

Steinhäufl: Relativ neu Ende 2022 herausgekommen ist die überarbeitete ENISO 3834. Das ist eine Normenreihe, die sich mit der Qualitätssicherung beim Schweißen beschäftigt und besonders wichtig für die Betriebe in der Metalltechnik. Grundsätzlich sollten sich alle Mitgliedsbetriebe in diese Norm einlesen und sie natürlich entsprechend richtig anwenden. Außerdem wurde die Ö-Norm B1600 gerade überarbeitet. Diese Norm hatte bisher fünfzig Seiten, mittlerweile sind noch einmal fünfzig Seiten neu dazugekommen. Hier geht es hauptsächlich um barrierefreie Stiegen, Rampen, etc. − also ebenfalls eine Norm, die Kernthema der Metalltechniker:innen ist. Überarbeitet werden aktuell auch die gesamten Eurocodes, das sind Berechnungsnormen für Tragwerke auf EU-Ebene. Generell werden alle fünf Jahre sämtliche Normen geprüft, weil sich natürlich auch die Technik ändert. Eine Norm, die zwanzig Jahre alt ist, kann nicht mehr auf dem neuesten Stand der Dinge sein.

Metalltechnik.at: Wie lange dauert so eine Überarbeitung im Schnitt?

Steinhäufl: Wenn eine Norm inhaltlich komplett überarbeitet werden muss, dauert so etwas mindestens zwei bis drei Jahre. Schließlich gibt es unzählige Komitees im ASI und jede Berufsgruppe (Tischler, Steinmetze, Baumeister, etc.) redet mit, bis sich alle einig sind und man die Norm auch wirklich so veröffentlichen kann.

Metalltechnik.at: Sind Sie persönlich ein „Normen-Verfechter“?

Steinhäufl: Nein. Man muss die Normen-Thematik kritisch sehen. Der Vorteil einer Norm ist: sie verschafft mir Rechtssicherheit. Wenn ich verpflichtet bin, ein Produkt in der genormten Qualität zu liefern, bin ich rechtlich aus dem Schneider, falls etwas sein sollte. Der große Nachteil von Normen ist, dass sie Innovationsbremsen sind. Ich kann eigentlich kaum etwas Neues ausprobieren, ohne dass ich mich aus dem "Schutzmantel" der Norm herausbewege.

Metalltechnik.at: Wie sehen Sie die Zukunft der Metalltechnik bzw. des Handwerks generell?

Steinhäufl: Auch wenn die Zeiten aktuell schwierig sind, glaube ich, dass die Metalltechnik eine gute Zukunft hat. Metall und Stahl sind ganz tolle Werkstoffe, die auch hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit punkten. Zudem wird es immer Reparaturen, Sonderanfertigungen, etc. brauchen.

Metalltechnik.at: Wenn Sie nicht gerade im Normen-Ausschuss oder als Berater aktiv sind, was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Steinhäufl: Ich fahre sehr gerne Motorrad, außerdem sammle und restauriere ich amerikanische Oldtimer. Wenn mir die Zeit dazu bleibt, verreise ich – und ich lese sehr viel, am liebsten Sachbücher.

Stand: 26.10.2023

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