Brille mit schwarzem Rahmen im Fokus, auf Holzuntergrund liegend, durchscheinend aus blauem Hintergrund Sehtestplakat mit unterschiedlich groß verlaufenden Buchstaben
© Africa Studio | stock.adobe.com

Update zum Myopiemanagement aus medizinischer und optometrischer Sicht

Lesedauer: 3 Minuten

13.09.2024

Gemeinsame Weiterbildung der Augenoptiker, Augenärzte und Orthoptisten in Niederösterreich wieder ein voller Erfolg!

Gruppenbild
© Julia Kastner v.l.n.r.: Markus Gschweidl, Harald Bacik, Christian Simader, Christian Zsidek, Peter Gorka

Bereits zum 7. Mal veranstaltete die Landesinnung der Gesundheitsberufe NÖ einen gemeinsamen Weiterbildungsabend für Augen- und Kontaktlinsenoptiker, Optometristen, Augenärzte und Orthoptisten. Rund 50 Teilnehmer folgten der Einladung von Landes- und Bundesinnungsmeister der Augen- und Kontaktlinsenoptiker Mag. Dr. Markus Gschweidl, MSc, und Landes- und Bundesfachgruppenobmann der Augenärzte MR Dr. Peter Gorka in die Wirtschaftskammer NÖ in St. Pölten. Das Thema der heurigen interdisziplinären Fortbildungsveranstaltung war „Update zum Myopie-Management aus medizinischer und optometrischer Sicht“.

Als erster Referent sprach DI Dr. Christian Simader, Augenarzt und Vorsitzender der ÖOG-Kommission Optometrie, Refraktion und Kontaktologie. Er erläuterte die Faktoren, die für das Entstehen einer Myopie verantwortlich sind, wie Genetik und Umwelteinflüsse. Viel Naharbeit, wenig Aufenthalt im Freien bei Tageslicht und eine geringe Ortsfrequenz können die Entstehung von Kurzsichtigkeit fördern. Untersuchungen zeigen - je früher die Kurzsichtigkeit im Kindesalter anfängt, umso höher steigt sie an und umso länger schreitet die Zunahme im Erwachsenenalter fort. Der Grund für myopieprogressionshemmende Maßnahmen im Kindes- und Jugendalter liegt im erhöhten Risiko für schwerwiegende Augenerkrankungen wie Glaukom, Katarakt, Netzhautablösung und vor allem die myope Makulopathie, wenn eine hohe Kurzsichtigkeit im Erwachsenenalter erreicht wird. Bezüglich der Vorgangsweise bei der Myopiemessung und der verschiedenen Methoden zur Myopiekontrolle verwies Simader auf die entsprechende Leitlinie der ÖOG (Österreichische Ophthalmologische Gesellschaft). Er betonte, dass vor Therapiestart die Refraktion in Zykloplegie und die Hornhautradien gemessen werden sollen. Zur Beurteilung eines Therapieerfolges stellt die Augenlängenmessung die genaueste Methode dar. Im Anschluss ging Simader auf die aktuelle Studienlage zum Einsatz von Atropin-Augentropfen ein. Hinsichtlich des Vergleichs der Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen stellte er fest, dass 0,05% prozentiges Atropin und Brillengläser bzw. Kontaktlinsen mit peripherem Defokus einen ähnlichen guten myopieprogressionshemmenden Effekt haben. Dabei sind laut Studien Kombinationstherapien (zB Ortho-K und Atropin) am effizientesten. Um einen Rebound-Effekt zu vermeiden, sollten die Maßnahmen erst beendet werden, wenn die Kurzsichtigkeit 2 Jahre lang nicht mehr zugenommen hat.

Im zweiten Vortrag des Abends gaben Harald Bacik, Augenoptikermeister und Berufszweigsprecher-Stv. der Augen- und Kontaktlinsenoptiker NÖ, und Ing. Christian Zsidek MSc, Geschäftsführer Hoya Lens Österreich, ein Update zum Myopie-Management aus optometrischer Sicht. Vor dem Ergreifen etwaiger Maßnahmen ist durch Messung der Augenlänge abzuklären, ob überhaupt eine Längenmyopie (und keine Brechungsmyopie) vorliegt. Hinsichtlich der von der Industrie für das Myopie-Management angebotenen Brillengläser und Kontaktlinsen gibt es mittlerweile eine fast unüberschaubare Anzahl von Produkten und laufend neue Entwicklungen. So gibt es etwa laut Zsidek weltweit schon knapp 40 Hersteller von entsprechenden Brillengläsern, von denen er die vier in Österreich gängigsten Produkte analysierte. Interessant sind dabei die unterschiedlichen technischen Konzepte beim peripheren Defokus (z.B. rotationssymmetrisch oder horizontale Progression). Zur Beurteilung der myopieprogressionshemmenden Wirkung empfiehlt es sich, die jeweilige glasspezifische Studie zum Wirkungsnachweis anzusehen. Beim Kostenvergleich ist zu berücksichtigen, ob der Hersteller beim Nachkauf spezielle Konditionen anbietet, etwa bei Dioptrienänderung oder Glasbeschädigung.

Harald Bacik ging dann noch auf wichtige Aspekte bei der Auswahl und Anpassung der Brillenfassung ein. Zu beachten ist natürlich die richtige Brillenglaszentrierung, die je nach Hersteller nach Augendrehpunktsforderung oder Nullblickrichtung erfolgen muss. Nach Abgabe sind halbjährliche Nachkontrollen empfohlen, bei denen der Brillensitz und der Visus überprüft und idealerweise eine Augenlängenmessung durchgeführt wird. Bei einer Änderung der Refraktion von mindestens -0,50 Dpt. im sphärischen Äquivalent ist ein Glastausch ratsam.

Für einen optimalen Erfolg beim Myopie-Management sind eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation aller Beteiligten (Kunde/Patient samt Angehörigen, Augenoptiker, Augenärzte, Orthoptisten) absolut nötig. Grundlage dafür ist natürlich, dass sich die Experten immer fachlich auf dem Laufenden halten, wozu diese Weiterbildungsveranstaltung sicher beigetragen hat.

Beim kulinarischen Ausklang konnte dann der Meinungsaustausch zu den Vorträgen erfolgen und der persönliche Kontakt zwischen den Teilnehmern aus den drei Berufsgruppen gepflegt werden. „Aufgrund der positiven Rückmeldungen planen wir auch nächstes Jahr wieder eine gemeinsame Fortbildungsveranstaltung in Niederösterreich“, so die Organisatoren Gschweidl und Gorka.

Präsentation Harald Bacik & Christian Zsidek (PDF)