Sparte Industrie

Wackeliger Kompromiss zum EU-Lieferkettengesetz

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 2 Minuten

29.01.2024

Das Europäische Parlament und der EU-Ministerrat haben im Dezember 2023 eine vorläufige politische Einigung zum Europäischen Lieferkettengesetz erreicht.

Nach der offiziellen Veröffentlichung und dem Inkrafttreten der „EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) – erwartet wird das Mitte dieses Jahres – haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Gesetz umzusetzen. Damit werden die Regelungen ab Mitte 2026 für die umfassten Unternehmen schlagend, sofern es bei der Umsetzung in Österreich keine Verzögerungen gibt.

Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen dazu, die negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt entlang ihrer Lieferkette zu reduzieren. Laut Vereinbarung umfasst der Geltungsbereich große Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro sowie Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro, wenn mindestens 20 Millionen in bestimmten Risikosektoren erwirtschaftet werden. Nicht-EU-Unternehmen sind betroffen, wenn sie drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro in der EU erzielen. Die Kommission muss eine Liste der Nicht-EU-Unternehmen veröffentlichen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen. Diese Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten in ihre Strategien und Risikomanagementsysteme integrieren. Finanzdienstleistungen werden vorübergehend vom Geltungsbereich ausgenommen, es wird jedoch eine Überprüfungsklausel für eine mögliche zukünftige Einbeziehung geben.

Im Bereich der zivilrechtlichen Haftung stärkt das Abkommen den Zugang der Betroffenen zur Justiz. Betroffene (inklusive Gewerkschaften und NGOs) erhalten 5 Jahre Zeit für die Geltendmachung von Ansprüchen. Unternehmen müssen im Extremfall Geschäftsbeziehungen beenden, wenn negative Auswirkungen nicht verhindert werden können.

Für Unternehmen, die verhängte Geldbußen nicht zahlen, sieht die Vereinbarung mehrere Unterlassungsmaßnahmen vor.  Bei der Verhängung von Geldstrafen wird der weltweite Umsatz des Unternehmens (bis zu 5 % des Nettoumsatzes) berücksichtigt. Ebenso müssen Unternehmen in einen Dialog mit Betroffenen und der Zivilgesellschaft treten.

Die Unklarheiten bezüglich der Definition des Begriffs „Lieferkette“ – welche Elemente der Wertschöpfungskette also letztendlich umfasst sind – lassen sich wohl erst mit Vorliegen des endgültigen Textentwurfs klären. Ebenso regt sich nun, spät aber doch, in einigen wichtigen Mitgliedstaaten sanfter Widerstand gegen diverse Bestandteile der vorläufigen Einigung. Es ist also vorerst noch nicht ausgemachte Sache, dass der Rat dem Ergebnis seine Zustimmung erteilt – was eigentlich eine Formsache wäre. In klassischer europäischer Manier wird wohl ein kreativer Kompromiss gefunden werden, den die Unternehmen dann zügig umzusetzen haben. Ob dieser zu echter Planungs- und Rechtssicherheit beiträgt oder eine Interpretation der Vielzahl an Regelungen den österreichischen Behörden überlassen wird, bleibt daher noch abzuwarten.

Autoren:
Clemens Rosenmayr, MSc, MSc, BSc (clemens.rosenmayr@wko.at)
Mag. Hagen Pleile (hagen.pleile@wko.at)

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