"Die DNA der Kelag ist grün"
KELAG-Vorstand Reinhard Draxler über die Sicherstellung der Stromversorgung für Industriebetriebe, den Strom-Großhandelspreis, erneuerbare Energien und über die Energieversorgung in Zukunft.
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Herr Draxler, Sie sind seit 1. Mai 2023 im Vorstand der KELAG. Wie stark stehen Sie seitdem selbst unter Strom?
Reinhard Draxler: Ziemlich…
Wo tanken Sie persönlich Energie, um für den Job gerüstet zu sein?
Bei der Familie, beim Sport und am Wochenende beim Kochen.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage der Energieversorgung für die Industrie in Kärnten? Welche Herausforderungen gibt es?
Rein technisch ist die Versorgung sichergestellt, sie muss aber stärker auf erneuerbare Energie ausgerichtet werden. Dabei dürfen wir nicht nur an Strom denken, viele Industriebetriebe brauchen weiterhin auch Erdgas und Heizöl. Zusätzlich gibt es Unternehmen, die in ihren Produktionen CO2 emittieren. Hier sehe ich in Zukunft sinnvolle Möglichkeiten der Zusammenarbeit, auch bei Wasserstoff, Carbon Capture und E-Fuels. Die Kelag verfügt über eine langjährige Erfahrung mit Industriekooperationen. Zusätzlich vermarktet unser Tochterunternehmen Kelag Energie & Wärme industrielle Abwärme und realisiert so für einige Industriebetriebe zusätzliche Umsätze.
Warum ist die KELAG der ideale Strompartner für die Kärntner Industrie?
Weil wir uns sehr gut kennen - und ein verlässlicher Partner sind. Das macht es uns möglich, maßgeschneiderte Angebote erstellen zu können. Außerdem haben wir in den vergangenen Krisen Ruhe bewahrt und den Industriekunden immer das gewünschte Stromportfolio anbieten können.
Der Strom-Großhandelspreis liegt für das 4. Quartal 2023 bei 124,64 Euro/MWh (oder umgerechnet 12,46 Cent/kWh). Wie argumentieren Sie gegenüber den Industriebetrieben Ihren Aufpreis von über 50 Prozent?
Die Frage mit dem Aufpreis kann ich nicht nachvollziehen. Generell ist zu den aktuell deutlich höheren Preisen als vor der Krise festzustellen: Produkte haben einen Marktwert, das muss man Industriemanagern nicht erklären. Beim Strompreis sind die Zeitpunkte der Beschaffung entscheidend und weniger die aktuellen Großhandelspreise. Jedes Unternehmen entscheidet selbst, ob es längerfristige Fixpreise wünscht, um die Zukunft abzusichern oder ob es lieber mit kurzfristigen Produkten beliefert werden will, die sich nahe an der Entwicklung an den Börsen orientieren.
Wie viele Industrieunternehmen haben in den letzten Monaten bereits den Stecker gezogen?
Mir ist keines bekannt.
Wie unterstützen Sie Industrieunternehmen, die auf ihren Betriebsstätten PV-Anlagen errichten wollen?
Über unser PV-Contracting-Modell können sich die Industriebetriebe von der Kelag eine PV-Anlage errichten lassen und einen Teil ihres Strombedarfes aus dieser Anlage decken. Das bringt Stabilität in ihr Gesamtportfolio Strom. Eine Reihe von Unternehmen nutzt das bereits bzw. hat entsprechende Verträge mit uns abgeschlossen.
Welche Strategien verfolgt die Kelag, um die Versorgungssicherheit für die Industrie in Kärnten zu gewährleisten?
Es ist unsere permanente Aufgabe, die Kunden ausreichend und sicher zu versorgen. Dafür ist eine leistungsfähige Infrastruktur notwendig. Diese Infrastruktur muss ständig an die zukünftigen Herausforderungen angepasst werden. Für die Energiewende hin zu einer grünen, nachhaltigen Energieversorgung brauchen wir einen deutlichen Ausbau der Infrastruktur - bei der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie wie Wasserkraft, Wind und PV, aber auch bei den Stromnetzen. Die grüne Energieversorgung entwickelt sich immer stärker zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
Inwiefern spielen erneuerbare Energien eine Rolle in der zukünftigen Versorgung der Industrie in Kärnten? Sind sie auf Draht, wenn es um erneuerbare Energie geht?
Natürlich sind wir bereit, die DNA der Kelag ist grün. In den kommenden 10 Jahren werden wir rund drei Milliarden Euro in die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energie und in den Netzausbau investieren. Alleine bis 2025 werden es 750 Millionen Euro sein und wir sind damit der Elektromotor für Wachstum in Kärnten. Aber wir würden gerne noch mehr machen.
Wie reagiert die Kelag auf die steigenden Anforderungen der Industrie an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit?
Wir liefern grüne Energie, sowohl Strom als auch Wärme, und bauen unsere Aktivitäten aus. Und wir sind Kunde der Industrie, indem wir industrielle Abwärme abnehmen und vermarkten. Die Verbesserung der Energieeffizienz ist eine innerbetriebliche Aufgabenstellung.
Welche Innovationen oder Technologien plant die Kelag, um die zukünftige Energieversorgung der Industrie in Kärnten zu optimieren?
Unsere Aufgabe ist die sichere Versorgung unserer Kunden mit grüner Energie, hier liegt unsere Kompetenz. Das bedeutet aktuell Strom aus Wasserkraft, Windkraft und PV sowie grüne Wärme. Wenn es neue, marktfähige Energieträger gibt, werden wir diese selbstverständlich anbieten.
Was ist die langfristige Vision der Kelag hinsichtlich der Energieversorgung und -stabilität für die Kärntner Industrie?
Die Energieversorgung wird weiterhin sicher sein, aber in Zukunft vollständig aus erneuerbaren Energieträgern erfolgen, frei von CO2. Das ist das Ziel, an dem wir alle arbeiten müssen. Wenn uns das gelingt, dann geben wir kein Geld mehr für die Importe fossiler Energieträger aus, sondern investieren in Kärnten. Das ist wichtig für die Volkswirtschaft, die Wertschöpfung und für den Wohlstand in unserem Land. Und es ist entscheidend für das Klima und damit für die Lebensbedingungen für uns allen, für unsere Kinder und unsere Enkelkinder. Die Industrie sehen wir auch hier als sehr wichtigen Partner, weil sie viel Energie braucht.
Wie beeinflussen externe Faktoren wie politische Entwicklungen oder technologische Veränderungen die Planung und Umsetzung der Versorgungssicherheit?
Wo Markt ist, beeinflussen externe Faktoren die Preise. Externe Faktoren beeinflussen aber auch die Verfügbarkeit von Energie, denken wir nur an die hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas. Natürlich spielen technologische Veränderungen eine Rolle, etwa die steigende Stromerzeugung aus Windkraft und PV, die sehr volatile Energieträger sind. Bei all diesen Faktoren weiterhin eine sichere Versorgung zu gewährleisten ist eine enorme Herausforderung der Energiewirtschaft, die in der Öffentlichkeit als selbstverständlich vorausgesetzt wird – es in Wirklichkeit aber nicht ist. Da steckt sehr viel Arbeit von unserer Seite drinnen. Noch eine Ergänzung zum Thema Preise: Je mehr erneuerbare Energie wir im System haben, desto günstiger wird mittel- und langfristig betrachtet die Versorgung für die Kunden.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der zukünftigen Entwicklung und Sicherung der Energieversorgung?
Die Digitalisierung ist für uns betriebsintern seit 30 Jahren ein Thema, das sich ständig weiterentwickelt. Ohne den Einsatz digitaler Technologien und Kommunikationswege könnten wir unseren Tagesbetrieb nicht führen. Heute denken wir über unser Unternehmen hinaus. Wir investieren teilweise gemeinsam mit Partnern in den Ausbau des Glasfasernetzes und bieten bereits zahlreichen Unternehmen den Zugang via Glasfaser zum Internet. Das ermöglicht unseren Kunden die Übertragung nahezu unbegrenzter Datenmengen, eine enorm wichtige Voraussetzung, damit sie die Chancen der Digitalisierung nutzen können.