Ausblick auf die Versorgungslage mit Erdgas im Winter 2023/24

Die Gaswirtschaft sieht sich mit einem Rekordspeicherstand für den Winter 2023/24 gut vorbereitet, um den Bedarf für Industrie, Gewerbe, Haushalte und Stromproduktion sicher decken zu können.

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13.11.2023

Die Speicherstände sind europaweit auf einem sehr hohen Niveau und das deutlich früher, als dies vor dem Winter 22/23 der Fall war. In den österreichischen Gasspeichern sind aktuell mehr als 95 TWh eingelagert

Der Gasverbrauch in den Winterquartalen betrug in Österreich in den letzten Jahren zwischen 50 und 65 TWh. Die Gaswirtschaft sieht sich daher mit diesem Rekordspeicherstand für den Winter 2023/24 gut vorbereitet, um den Bedarf für Industrie, Gewerbe, Haushalte und Stromproduktion sicher decken zu können.

Auch der aktuelle Bericht zur Ausfall- und Störungsstatistik der E-Control zeigt, dass die durchschnittliche Ausfalldauer im Jahr 2022 pro Gasnetzbenutzer:in ("SAIDI") im Jahr 2022 bei lediglich etwas mehr als einer Minute lag.

Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Gasflüsse über die Ukraine Richtung Österreich bleibt erhalten, allerdings blieben diese Gasflüsse in den letzten Monaten relativ stabil. Ganz im Gegensatz dazu sind die Importe aus Deutschland im Vergleich zu 2022 im Zeitraum von Jänner bis September diesen Jahres um rd. 50 Prozent niedriger, seit Juli ist die Reduktion mit 78 Prozent sogar noch signifikanter.

Erklären lässt sich diese Entwicklung durch mehrere Faktoren:

  • die Speicherfüllstände waren auch nach dem Winter 22/23 auf einem relativ hohen Niveau und daher der Einspeicherbedarf im Vergleich zum Vorjahr deutlich niedriger
  • der Gasverbrauch ist im Vergleich zu den Vorjahren weiterhin niedriger, insbesondere der Einsatz in Gaskraftwerken hat sich im Vergleich zu 2022 um rund 40 Prozent reduziert
  • die vergleichsweise stabilen Gasflüsse in Baumgarten
  • Exporte nach Italien sind um 81 Prozent geringer als im Vergleichszeitraum zu 2022
  • Ein weiterer wesentlicher Grund, warum Importe aus Deutschland an Attraktivität verloren haben, ist die deutsche Gasspeicherumlage:

Diese wird seit Oktober 2022 vom deutschen Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) für Exporte aus Deutschland verrechnet und beeinträchtigt den freien Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten.

Die stärkere Reduktion der Importe aus Deutschland ab Juli 2023 fällt zeitlich mit der Erhöhung der Gasspeicherumlage auf € 1,45/MWh zusammen – ein starkes Indiz dafür, dass mit diesen zusätzlichen Kosten marktgetriebene Gasexporte aus Deutschland unterbunden werden.

Angesichts der Unterdeckung des Gasspeicherumlagekontos des THE im Ausmaß von rund 8,6 Mrd. Euro ist allerdings abzusehen, dass mit weiteren Erhöhungen der Umlage zu rechnen ist, wenn es nicht zu einer fundamentalen Änderung des Aufbringungsmodus für die Deckung des Gasspeicherumlagekontos kommt. Die Abkopplung des österreichischen Gasmarkts vom liquiden Nord-West-Europäischen Markt würde sich damit weiter verfestigen und die für Österreich angestrebte Diversifizierung der Lieferquellen zusätzlich erschwert.

Über die aktuelle Versorgungslage informiert die AGGM weiterhin täglich in ihrem Lagebericht.

Zusätzliche Importkapazitäten noch in der Warteschleife

Für die Ermöglichung der Diversifizierung der Lieferquellen für den österreichischen Gasmarkt sind neben der Abschaffung der deutschen Gasspeicherumlage vor allem zusätzliche Importkapazitäten aus Deutschland notwendig. Die entsprechenden Projekte der Gas Connect Austria, die zusätzliche Importkapazität aus Deutschland schaffen und auch den Grundstein für den Aufbau einer Wasserstoff-Transportinfrastruktur bilden würden, sind von der Regulierungsbehörde E-Control in der Zwischenzeit dem Grunde nach genehmigt worden.

Ohne verbindliche langfristige Marktnachfrage ist eine Finanzierung und damit zeitnahe Umsetzung dieser Investitionen unter den gegebenen regulatorischen Rahmenbedingungen allerdings nicht gesichert. Wie strategisch wichtige Infrastrukturinvestitionen ermöglicht werden können, dazu besteht weiterhin kein politischer Konsens.

Die sparte.industrie fordert so rasch wie möglich den Start der Umsetzung der Infrastrukturprojekte, die die Versorgbarkeit Österreichs und Osteuropas mit Erdgas aus Deutschland sicherstellen (siehe auch Standpunkt im aktuellen industrie.aktuell).