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Gewährleistung nach Verbraucher­gewährleistungs­gesetz (VGG) bei digitalen Leistungen – Gewähr­leistungsfrist, Verjährungsfrist, Beweislast

Regelungen ab 1.1.2022

Lesedauer: 3 Minuten

Allgemeines

Das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) sieht für Kaufverträge über Waren (bewegliche Sachen) und über die Bereitstellung digitaler Leistungen an Verbraucher besondere Gewährleistungsbestimmungen vor. Die Bestimmungen des VGG sind zwingend und können mit wenigen Ausnahmen nicht abweichend vereinbart werden.

Das VGG ist die nationale Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie
(Warenkauf-RL) sowie der europäischen Richtlinie betreffend digitale Leistungen
(RL digitale Inhalte).

Gesamtdarstellung der Bestimmungen des VGG bezüglich digitaler Leistungen: Übersicht

Außerhalb des Anwendungsbereichs des VGG gelten die Gewährleistungsbestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB): Entscheidungsbaum

Achtung:
Dieses Dokument behandelt die Bereitstellung digitaler Leistungen ab 1.1.2022. Für die Bereitstellung digitaler Leistungen bis inklusive 31.12.2021 gelten die bisherigen Gewährleistungsbestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Für Verträge über herkömmliche (analoge) Leistungen (Werkverträge) gelten die Bestimmungen des ABGB.

1. Gewährleistungsfrist (§ 18 VGG)

Die Gewährleistungsfrist ist jener Zeitraum, innerhalb dessen der Mangel hervorkommen muss. Innerhalb der Gewährleistungsfrist kann der Verbraucher seine Rechte durch bloße Erklärung ausüben.

Wenn die digitale Leistung nach dem Vertrag nur einmal (z.B. Kauf einer CD als Datenträger) oder mehrmals einzeln (Abruf verschiedener Downloads) bereitzustellen ist, so ist für jeden Mangel Gewähr zu leisten, der im Zeitpunkt der jeweiligen Bereitstellung vorliegt und innerhalb von 2 Jahren nach diesem Zeitpunkt hervorkommt.

Für Rechtsmängel (z.B. mangelhafte Werknutzungsrechte) gibt es in diesem Fall keine Gewährleistungsfrist (wohl aber die Verjährung).

Wenn die digitale Leistung nach dem Vertrag fortlaufend (egal ob für einen befristeten oder unbefristeten Zeitraum) bereitgestellt wird, muss die digitale Leistung für den gesamten Zeitraum mangelfrei sein; der Unternehmer haftet also in diesem Fall für alle Mängel, die während der Dauer der Bereitstellungspflicht auftreten oder hervorkommen.

Für Rechtsmängel gilt in diesem Fall dasselbe (Haftung für die Dauer der Bereitstellungspflicht). 

2. Verjährungsfrist (§ 28 VGG)

Die Verjährungsfrist ist jener Zeitraum, innerhalb dessen der Verbraucher vom Unternehmer seine Rechte aus der Gewährleistung für Mängel, die innerhalb der Gewährleistungsfrist hervorgekommen sind, gerichtlich einklagen kann.

Die Rechte des Verbrauchers verjähren drei Monate nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist.

Rechtsmängel verjähren hingegen zwei Jahre nach dem Zeitpunkt, zu welchem dem Verbraucher der Rechtsmangel bekannt wird. Wird die digitale Leistung fortlaufend (befristet oder unbefristet) bereitgestellt, tritt die Verjährung allerdings frühestens drei Monate nach dem Ende des Bereitstellungszeitraumes ein.

Nach Ablauf der Frist können die Ansprüche nicht mehr eingeklagt werden. Wenn der Verbraucher dem Unternehmer den Mangel innerhalb der Verjährungsfrist angezeigt hat, kann er allerdings den Mangel zeitlich unbeschränkt durch Einrede gegen die Entgeltforderung des Unternehmers geltend machen.  

3. Beweislast – Vermutung der Mangelhaftigkeit (§ 19 VGG)

Wird die digitale Leistung einmal oder mehrmals einzeln bereitgestellt und tritt der Mangel innerhalb eines Jahres nach der jeweiligen Bereitstellung auf, wird vermutet, dass er bereits zum Zeitpunkt der Bereitstellung vorgelegen ist. Danach muss der Verbraucher beweisen, dass der Mangel zum Bereitstellungszeitpunkt bereits vorhanden war.

Wird die digitale Leistung für einen befristeten oder unbefristeten Zeitraum bereitgestellt, so trägt hingegen der Unternehmer bei Auftreten eines Mangels für den gesamten Bereitstellungszeitraum die Beweislast dafür, dass die digitale Leistung während dieses Zeitraums dem Vertrag entsprochen hat.

Die Regelung sieht allerdings für beide Fälle zwei Möglichkeiten zur Beweislast-Umkehr vor, nämlich nicht entsprechende Systemvoraussetzungen beim Verbraucher und eine mangelnde Mitwirkung des Verbrauchers bei der Mangelbehebung. 

3.1. Nicht entsprechende Systemvoraussetzungen beim Verbraucher

Die dargestellten Beweislastregeln kommen nicht zur Anwendung, wenn der Unternehmer beweist,

  • dass die digitale Umgebung des Verbrauchers („Systemvoraussetzungen“) den technischen Anforderungen der digitalen Leistung nicht entspricht, und
  • wenn er den Verbraucher vor Vertragsabschluss klar und verständlich über diese Anforderungen informiert hat.

3.2. Mangelnde Mitwirkung durch den Verbraucher bei der Mangelbehebung

Der Verbraucher hat bei der Prüfung der Frage, ob der als Mangel erscheinende Fehler auf die bei ihm vorhandene digitale Umgebung zurückzuführen ist, mitzuwirken. Dazu hat er in dem dafür vernünftigerweise notwendigen und möglichen Ausmaß mit dem Unternehmer zusammenzuwirken. Diese Mitwirkungsobliegenheit ist aber auf die technisch verfügbaren Mittel beschränkt, die für den Verbraucher den geringsten Eingriff mit sich bringen.

Bei einem Verstoß gegen diese Mitwirkungsobliegenheit kommt es zu einer Umkehr der Beweislast. Der Verbraucher muss dann beweisen, dass der Mangel zum maßgeblichen Zeitpunkt (Zeitpunkt der Bereitstellung bei einmaliger oder einzelner Bereitstellung) oder im maßgeblichen Zeitraum (befristeter oder unbefristeter Bereitstellungszeitraum) vorlag,

  • wenn der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsabschluss klar und verständlich über diese Mitwirkungsobliegenheit informiert hat und
  • wenn der Verbraucher dieser nicht nachkommt.

3.3. Beweis der Mangelfreiheit

Natürlich kann der Unternehmer immer auch den Beweis erbringen, dass gar kein Mangel vorliegt.

Stand: 08.08.2024

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