Neuerungen im italienischen Steuerrecht
Gesetzesnovellen zum Jahreswechsel für österreichische Unternehmen relevant
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Italien
Dieser Artikel wurde mit freundlicher Unterstützung unserer Vertrauenskanzlei Mayr Fort Frei – Studio Tributario Associato verfasst, die Ihnen für nähere Auskünfte gerne zur Verfügung steht.
Zu Jahresende sind einige wichtige Neuerungen im italienischen Steuerrecht ergangen. Zum einen wurden von der italienischen Finanzverwaltung mit Rundschreiben N. 20 vom 4. November 2024 die Erläuterungen in Bezug auf die gesetzliche Neufassung der Definition der steuerlichen Ansässigkeit der natürlichen Personen und der Gesellschaften (d.h. Körperschaftssteuersubjekte und Personengesellschaften) veröffentlicht (Eingeführt mit Gesetz N. 209 vom 27.12.2023 im Rahmen der aktuell in Bearbeitung befindlichen umfassenden Steuerreform), zum anderen wird zur Zeit im italienischen Parlament das neue Haushaltsgesetz für 2025 diskutiert. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes sieht auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der italienischen „Websteuer“ vor.
Neue Definition der steuerliche Ansässigkeit von Gesellschaften
Was die Merkmale der Ansässigkeitsbegründung der Gesellschaften betrifft, galten bis zum 31.12.2023 jene Subjekte als in Italien ansässig (und wurden entsprechend als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt), wenn sie für den Großteil der Steuerperiode eines der folgenden Anknüpfungsmerkmale mit dem italienischen Territorium erfüllten:
- den Ort an dem sich der Rechtssitz befindet ode
- den Ort an dem sich der Verwaltungssitz befindet ode
- den Ort, an dem sich der Hauptgegenstand der Geschäftstätigkeit befindet.
Mit der Steuerreform sind neue Kriterien eingeführt worden, wobei der Rechtssitz beibehalten wird, und als neue Kriterien „der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung“ und der „Ort in dem die laufenden Geschäfte hauptsächlich abgewickelt werden“ eingeführt wurden (Art. 73 des TUIR – Einheitstext der direkten Steuern). Das Merkmal „der Ort, an dem sich der Hauptgegenstand der Geschäftstätigkeit befindet“, das in der Vergangenheit zu vielen Problemen geführt hatte (da von der ital. Finanzverwaltung sehr weit ausgelegt), wurde abgeschafft.
Ziel der Steuerreform ist eine Koordinierung mit den Begriffen des OECD-Musterabkommens, wo zur Klärung von Fragen in Bezug auf die steuerliche Ansässigkeit auf den „place of effective managament“ verwiesen wird, der im Wesentlichen dem „Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung“ entspricht, auch wenn diesbezüglich gewisse Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Der Ort „der tatsächlichen Geschäftsleitung" (place of effective management) und der Ort „in dem die laufenden Geschäfte hauptsächlich abgewickelt werden“ sind im neuen Gesetzestext wie folgt definiert: unter dem „Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung“ ist der Ort, in dem kontinuierlich und koordiniert strategische Entscheidungen getroffen werden zu verstehen, die die Gesellschaft oder Körperschaft als Ganzes betreffen. Unter „laufende Geschäfte“ versteht man die kontinuierliche und koordinierte Ausführung der Handlungen des Tagesgeschäftes, die die Gesellschaft oder Körperschaft als Ganzes betreffen.
Mit den Neuerungen wird ein wichtiges Thema aber nicht behandelt. Weiterhin gilt, dass eine Gesellschaft – sofern eines der obigen Merkmale für den Großteil der Steuerperiode erfüllt ist – für die gesamte Steuerperiode als in Italien ansässiges Subjekt behandelt wird (und daher nach dem Welteinkommensprinzip besteuert wird). Aber wenn die Merkmale nur für weniger als die Hälfte der Steuerperiode gegeben sind, gilt das Subjekt für die gesamte Steuerperiode als nicht ansässig. Das italienische Steuerrecht sieht also weiterhin keine Regelung in Bezug auf das sogenannte „split-year“ (wonach eine unbeschränkte Steuerpflicht auch für einen Teil der Steuerperiode gegeben sein kann) vor, was in bestimmten Fällen zu einer Doppelten-Nichtbesteuerung führen kann.
Haushaltsgesetz 2025 und Websteuer
Am 15. Oktober 2024 wurde der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2025 von der italienischen Regierung verabschiedet, das nun von den Abgeordneten des Parlaments endgültig beschlossen werden muss. Eine der wichtigen Änderungen betrifft die Erweiterung des Anwendungsbereichs der „Websteuer“. Diese Steuer wurde ursprünglich für sogenannte „Web-Giganten“ eingeführt, die hauptsächlich ihren Sitz in den USA haben und große Umsätze aus digitalen Dienstleistungen erzielen. Ziel der Gesetzesänderung ist es, diese Steuer auch auf kleinere Unternehmen auszudehnen, die digitale Dienstleistungen erbringen, unabhängig von ihrer Unternehmensgröße oder vom Umsatz.
Die Steuer wird in Höhe von 3 % auf den Betrag der „digitalen Dienstleistungen“ (im Sinne von Art. 1 Absatz 37 des Gesetzesdekrets 145/2018) erhoben. Gemäß des geltenden Gesetzesdekrets N. 145/2018 unterliegen jene Unternehmen der Websteuer, die allein oder auf Gruppenebene im vorangegangenen Jahr einen Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio. Euro (unabhängig davon, wo er erzielt wird) und in Italien einen Umsatz aus digitalen Dienstleistungen von mindestens 5,5 Mio. Euro erzielt haben.
Die Änderung soll dazu dienen, den Bedenken der USA entgegenzukommen, wonach die bisherige Regelung diskriminierend sei, da sie vor allem auf die großen US-amerikanischen Unternehmen abzielt. Dennoch bleibt offen, in welcher endgültigen Form diese Regelung verabschiedet wird, da es innerhalb der Regierung unterschiedliche Auffassungen über die Ausgestaltung gibt.
Was unterliegt der Websteuer?
Die Websteuer wird auf digitale Dienstleistungen erhoben, wobei der Begriff „digitale Dienstleistungen“ weit gefasst ist. Im Wesentlichen betrifft sie die „Übermittlung“ von gezielter Werbung an Nutzer über digitale Plattformen wie Websites und Apps. Diese Werbung muss dabei gezielt an die Nutzer ausgerichtet sein, basierend auf den Daten, die von diesen Nutzern generiert werden. So fallen beispielsweise die Werbung von Websites, Blogs oder Verlagen sowie Vermittlungsdienstleistungen unter die Websteuer.
Nicht unter die Websteuer fallen hingegen Dienstleistungen wie der Direktverkauf von Waren und Dienstleistungen über digitale Plattformen, sofern der Betreiber der Plattform nicht als Vermittler auftritt. Die Steuer betrifft auch nicht die bloße Bereitstellung von digitalen Inhalten wie Musik, Filme, Texte oder Online-Zeitungen gegen Zahlung einer Vergütung.
Die wichtigsten Merkmale der digitalen Dienstleistungen, die der Websteuer unterliegen, sind somit die Interaktivität und die Schaffung von Wert durch die Nutzer, auch wenn dieser Wert nicht aktiv oder direkt von den Nutzern erzeugt wird. Ein ausführliches Rundschreiben der italienischen Finanzverwaltung (N. 3 vom 23.3.2021) erläutert den Anwendungsbereich der Regelung im Detail, und ist bei der korrekten Einordnung der digitalen Dienstleistungen hilfreich (wenngleich gewisse komplexe Sachverhalte weitere Untersuchungen erfordern).
Dr. Vito Alexander Paciello bietet rechtliche Beratung und Unterstützung in Bezug auf diese Thematiken.
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