
Italien: Start-ups und innovative KMU
Regelungen zur Förderung von Start-ups, Inkubatoren und Venture-Capital in Italien
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ItalienInhaltsverzeichnis
Dieser Artikel wurde mit freundlicher Unterstützung unserer Vertrauenskanzlei LCA Studio Legale, die Ihnen für nähere Auskünfte gerne zur Verfügung steht.
1. Das neue Gesetz über den Wettbewerb
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 16. Dezember 2024, Nr. 193 („Wettbewerbsgesetz“) wurden bedeutende gesetzliche Änderungen eingeführt, die innovative Start-ups, zertifizierte Inkubatoren und Investitionen in neue Technologieunternehmen betreffen.
Die neuen Maßnahmen zielen darauf ab, eine nachhaltige und zukunftsorientierte Investitionskultur im Bereich innovativer Start-ups zu fördern, die Wettbewerbsfähigkeit Italiens in Europa und der EU weltweit zu stärken sowie attraktive Investitionsbedingungen für junge Unternehmer innerhalb des italienischen Innovations- und Venture-Capital-Ökosystems zu schaffen.
2. Wichtige Neuerungen für innovative Start-ups
Eine der zentralen Änderungen betrifft die Definition innovativer Start-ups. Laut Artikel 28 des Wettbewerbsgesetzes muss ein Unternehmen, um diesen Status zu erhalten, als Mikro-, kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) eingestuft werden. Zudem muss es seinen Sitz in Italien oder in einem EU-Mitgliedstaat haben, sofern es in Italien operativ tätig ist. Diese Regelung folgt der Empfehlung 2003/361/EG der Europäischen Kommission, wonach Folgendes gilt:
- Mikro-, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter und haben entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen EUR oder eine Jahresbilanzsumme von maximal 43 Millionen EUR.
- Kleine Unternehmen beschäftigen weniger als 50 Personen und erwirtschaften einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen EUR.
- Mikrounternehmen haben weniger als 10 Beschäftigte und erzielen einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von maximal 2 Millionen EUR.
Zusätzlich wurde als Voraussetzung für innovative Start-ups festgelegt, dass ihre Haupttätigkeit nicht im Bereich der Agentur- oder Beratungsdienstleistungen liegen darf. Stattdessen muss ihr Unternehmenszweck vorrangig oder ausschließlich die Entwicklung, Produktion und Vermarktung innovativer Produkte oder Dienstleistungen mit hohem technologischem Wert umfassen.
Bzgl. der Dauer der innovativen Start-ups sieht das Gesetz vor, dass nach Ablauf des dritten Jahres ein Unternehmen bis zu insgesamt fünf Jahre im speziellen Abschnitt des Unternehmensregisters für innovative Start-ups verbleiben kann, sofern mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf mindestens 25 % der Gesamtkosten gemäß den bisherigen gesetzlichen Vorgaben,
- Abschluss von mindestens einem Experimentiervertrag mit einer öffentlichen Verwaltung,
- Umsatzsteigerung aus der Kerngeschäftstätigkeit oder Beschäftigungswachstum um mehr als 50 % zwischen dem zweiten und dritten Jahr,
- Aufbau einer Kapitalreserve von über 50.000 Euro durch ein wandelbares Finanzierungsinstrument oder eine Kapitalerhöhung mit Aufschlag – unter der Bedingung, dass ein externer Investor (professioneller Investor, zertifizierter Inkubator oder Accelerator, regulierter Investor, Business Angel oder über eine autorisierte Equity-Crowdfunding-Plattform) eine Minderheitsbeteiligung erhält – sowie eine Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf mindestens 20 %,
- Erhalt von mindestens einem Patent.
Die maximale Verweildauer von fünf Jahren kann um weitere zwei oder vier Jahre verlängert werden – auf bis zu insgesamt neun Jahre –, wenn das Start-up den Übergang zur „Scale-up“-Phase erreicht. Dies ist der Fall, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Kapitalerhöhung mit Aufschlag durch einen Organismus für kollektive Kapitalanlagen in Höhe von mehr als 1 Million Euro pro Verlängerungszeitraum.
- Jährliche Umsatzsteigerung aus der Kerngeschäftstätigkeit von mehr als 100 %.
Artikel 29 des Wettbewerbsgesetzes führt eine Übergangsbestimmung ein, wonach bereits im Unternehmensregister eingetragene innovative Start-ups ihre Registrierung über das dritte Jahr hinaus aufrechterhalten können, sofern sie die oben genannten Anforderungen innerhalb der folgenden Fristen erfüllen:
- Start-ups, die bereits länger als 18 Monate registriert sind: innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des dritten Jahres.
- Start-ups, die weniger als 18 Monate registriert sind: innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf des dritten Jahres.
Start-ups, die die Voraussetzungen für innovative Start-ups nicht mehr erfüllen, können sich stattdessen in die spezielle Sektion für innovative KMU eintragen lassen, sofern sie deren gesetzliche Anforderungen erfüllen.
Artikel 30 des Wettbewerbsgesetzes ändert die Definition des zertifizierten Inkubators, indem diesen Einrichtungen neben der klassischen Inkubationstätigkeit nun auch die Unterstützung und Beschleunigung innovativer Start-ups ermöglicht wird. Dadurch wird ihre strategische Rolle über den gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens hinweg erweitert.
Allerdings müssen zertifizierte Inkubatoren, die diese zusätzlichen Tätigkeiten ausüben, in einem separaten Abschnitt des Unternehmensregisters eingetragen werden, der sich von demjenigen für rein „gastgebende“ Inkubatoren unterscheidet. Zudem sind sie von den steuerlichen Vergünstigungen gem. Artikel 26, Absatz 8, und Artikel 27 des Gesetzesdekrets Nr. 179/2012 ausgeschlossen.
3. Neue steuerliche Anreize für Investitionen in innovative Start-ups
Artikel 31 des Wettbewerbsgesetzes führt weitere Maßnahmen zur Förderung von Investitionen ein. Beispielsweise wird die Dauer der steuerlichen Anreize geregelt. Steuerliche Vergünstigungen für Investitionen in innovative Start-ups können nun für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren ab der Eintragung in dem speziellen Abschnitt des Unternehmensregisters gewährt werden.
Diese Vorteile gelten jedoch nicht, wenn:
- Die Investition zu einer qualifizierten Beteiligung führt, die mehr als 25 % des Gesellschaftskapitals oder der Governance-Rechte umfasst.
- Der Investor gleichzeitig Dienstleister der Start-up-Unternehmen ist – sei es direkt oder über eine verbundene oder kontrollierte Gesellschaft – und aus diesen Dienstleistungen mehr als 25 % des begünstigten Investitionsvolumens erwirtschaftet.
Zudem wird ab dem 1. Januar 2025 die Steuerermäßigung im Rahmen der „de minimis“-Regelung auf 65 % der Einkommensteuer (IRPEF) erhöht. Diese Vergünstigung gilt ausschließlich für:
- Innovative Start-ups in den ersten drei Jahren nach der Eintragung in das spezielle Register.
- Investitionen in wandelbare Finanzinstrumente, sofern die Überweisung mit dem Vermerk „Einlage zur Kapitalerhöhung“ erfolgt und der Betrag einer Kapitalrücklage zugeführt wird.
Des Weiteren führt Artikel 32 des Wettbewerbsgesetzes eine Steuergutschrift für zertifizierte Inkubatoren in Höhe von 8 % des investierten Betrags in das Gesellschaftskapital innovativer Start-ups ein. Die Berechnungsgrundlage ist auf maximal 500.000 Euro pro Steuerperiode begrenzt. Als Bedingungen für die Inanspruchnahme der Steuergutschrift, muss das Investment mindestens drei Jahre beibehalten werden, andernfalls entfällt der Vorteil und die bereits gewährte Steuergutschrift wird zuzüglich gesetzlicher Zinsen zurückgefordert. Die Maßnahme unterliegt zudem einer jährlichen Ausgabengrenze von 1,8 Millionen Euro, die ab 2025 gilt.
Um institutionelle Investitionen zu fördern, sieht Artikel 33 des Wettbewerbsgesetzes vor, dass Einkünfte aus qualifizierten Investitionen in Venture-Capital-Fonds für Pflichtpensionskassen und Zusatzversorgungseinrichtungen steuerfrei sind.
Als Voraussetzung für die Steuerbefreiung gilt folgendes:
- Die Investitionen müssen mindestens 5 % des Portfolios qualifizierter Investitionen gemäß dem Jahresabschluss des Vorjahres ausmachen.
- Diese Mindestquote soll ab 2026 auf 10 % erhöht werden.
Steuerliche Vergünstigungen für Investitionen vor Inkrafttreten des Wettbewerbsrechtsgesetzes bleiben weiterhin gültig.
4. Weitere steuerliche Fördermaßnahmen des „Gesetzes Centemero“
Das Gesetz vom 28. Oktober 2024, Nr. 162 („Gesetz Centemero“) bringt weitere Neuerungen zur Förderung von Investitionen in Start-ups und innovative KMU durch steuerliche Anreize. Konkret sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
- Steuergutschriften für Überschüsse aus „de minimis“-Anreizen, die zur Steuerverrechnung genutzt werden können,
- Steuerbefreiung für Kapitalgewinne aus Beteiligungen an Investmentfonds, sofern Investitionen bis 31.12.2025 getätigt und mindestens drei Jahre gehalten werden,
- Förderung der Kapitalisierung italienischer Unternehmen, indem das sog. „Patrimonio Rilancio“ Finanzierungsmaßnahmen über Investmentfonds durchführt.
Ziel dieser Maßnahmen ist es, ein attraktives Umfeld für privates und institutionelles Kapital zu schaffen und damit das Wachstum von Start-ups und KMU in Italien nachhaltig zu fördern.
Stand: 14.03.2025