Indien: Mit fast 7 % BIP-Wachstum der am stärksten wachsende G20 Staat

Einschätzung des WKÖ-Wirtschaftsdelegierten

Wirtschaftslage und politische Situation

Indien ist laut IWF 2023 um über 7 % gewachsen – damit befindet sich die indische Wirtschaft nach der Covid-19-Pandemie wieder auf einem positiven Wachstumspfad. Für heuer (6,8 %) und 2025 wird von einem BIP-Wachstum von klar über 6 % ausgegangen. Indien ist damit die am stärksten wachsende Volkswirtschaft aller G20-Staaten. Diese Dynamik wird von einem wiedererstarkten Privatkonsum und einem enormen Investitionsprogramm der Regierung getragen, die einen wirtschaftsfreundlichen Kurs fährt und Indien verstärkt in die Weltwirtschaft integrieren möchte. Indien hat das Potenzial, zum „Bürohaus“ der Welt zu werden.

Fazit: Die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt holt mehr und mehr auf und integriert sich zunehmend in die Weltwirtschaft.  

Auf der Überholspur bzw. wirtschaftspolitische Erfolgsgeschichte?

Mit „Self-Reliant India“ startete die Regierung 2020 ein umfangreiches Wirtschaftsentwicklungsprogramm. Die Wettbewerbsfähigkeit der verarbeitenden Industrie soll erhöht und Indien zu einem weltweiten Produktionsstandort ausgebaut werden. Folglich soll Indien zunehmend in die globalen Wertschöpfungsketten integriert und die Importabhängigkeit verringert werden. Der große Inlandsmarkt sowie ein enormer Talente-Pool sollen noch besser genützt werden. Seit März 2020 sind für einen Zeitraum von fünf Jahren Investitionsdirektförderungen von USD 27 Mrd. für 14 Schlüsselindustrien budgetiert, wobei damit 6 Mio. neue Jobs geschaffen werden sollen.

Mit der „National Infrastructure Pipeline - NIP“ sollen knapp 7.000 Spitzen-Infrastruktur-Projekte im Wert von 1,3 Bio. Euro im Zeitraum von fünf Jahren umgesetzt werden. 70 % sollen dabei auf die Sektoren Energie, Straße, Eisenbahn sowie städtische Projekte entfallen. Ein Spezial-Eisenbahnfrachtkorridor (DFCCIL) mit einer Streckenlänge von 8.359 km wird gerade errichtet bzw. ist streckenweise schon operativ. Aus- und Neubau des Straßennetzes, der Häfen, Logistikparks und des Eisenbahnnetzes werden zusätzlich vorangetrieben. Derzeit werden täglich 28 km an Autostraßen errichtet.

Die im Jänner 2023 gestartete “National Green Hydrogen Mission” soll die Transformation zu einer niedrigen CO₂-Intensität und den Import fossiler Brennstoffe reduzieren sowie Indien Technologieführerschaft in diesem Zukunftsbereich verschaffen. Bis 2030 soll eine jährliche Wasserstoff-Produktionskapazität von 5 Mio. Tonnen umgesetzt werden. Für Batteriespeichersysteme mit einer Kapazität von 4.000 MWh gibt es ebenso spezielle Förderungen.

Fazit: Massiver Infrastruktur- und Industrieausbau bei zunehmender Integration in die Weltwirtschaft.  

Geschäftschancen und Situation für österreichische Unternehmen

Nachdem im Vorjahr ein Exportrekord erzielt wurde, sind die heimischen Exporte nach Indien heuer um weitere 7,8 % auf 1,28 Mrd. Euro gestiegen, während Importe aus Indien um 10,8 % auf 1,39 Mrd. Euro zurückgegangen sind. Dadurch hat sich das Handelsbilanzdefizit mit Indien von 374,2 Mio. Euro im Vorjahr auf 112,8 Mio. Euro reduziert.

Derzeit bestehen in Indien 150 österreichische Niederlassungen. Österreichisches Know-how genießt in Indien einen sehr guten Ruf. Sowohl dem Export von Spitzentechnologien als auch dem Technologietransfer kommen große Bedeutung zu. Ausgezeichnete Geschäftschancen bestehen in den Bereichen Industriemodernisierung (Anlagenbau, Automatisierung), Automotive/Mobility, Verkehrsinfrastruktur (Schiene, Seilbahnen, Tunnelbau, Verkehrsmanagement), E-Wirtschaft, Erneuerbare Energien und im Bereich Smart City & Green Tech (Urbane & Umwelt-Technologie); weiters in Nischen wie bei Start-ups, Digitalisierung, Innovation oder im Rahmen von Bollywood-Film-Produktionen. Der enorme indische Fachkräfte- und Talente-Pool gewinnt ebenso an Bedeutung für die österreichische Wirtschaft.

Fazit: Heimische Rekordexporte sowie zunehmende Bedeutung des indischen Fachkräfte-Pools.