Illustrierte Weltkarte in Blau mit unterschiedlich hohen Statistiksäulen
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Äthiopien: Wachstum dank Liberalisierung und Reformen, aber Herausforderungen bleiben

Global Situation Report 28.5.2024

Lesedauer: 2 Minuten

04.06.2024

Einschätzung des WKÖ-Wirtschaftsdelegierten


Allgemeine Wirtschaftslage und Länderüberblick

Das Wirtschaftswachstum der größten Volkswirtschaft am Horn von Afrika soll je nach Prognose trotz wirtschaftlicher Herausforderungen zwischen 6 und 7 % im Jahr 2024 betragen. Die Inflationsrate wird für 2024 mit über 25 % erwartet, was unter anderem auf die allmähliche Abwertung der Währung und die Angebotsverknappung durch Handelsblockaden im Roten Meer zurückzuführen ist.

Die politische Instabilität infolge einiger Aufstände wird die Aussichten des Landes im Jahresverlauf belasten. Die Beziehungen zu Somalia sind nach wie vor angespannt, da Somalia das Abkommen zwischen Somaliland und Äthiopien über den Zugang zum Seehafen ablehnt. Die Gefahr einer Destabilisierung besteht auch durch die Streitigkeiten mit Ägypten und dem Sudan über den „Grand Ethiopian Renaissance Dam“ (GERD) und umstrittene Grenzgebiete zum Sudan. Das Wachstum in den Jahren 2024 und 2025 wird durch Investitionen und Staatsausgaben angetrieben, da mehrere wichtige Infrastrukturprojekte abgeschlossen werden sollten.

Fazit: Liberalisierung der Wirtschaft, Privatisierung von Schlüsselsektoren sowie staatliche Ausgaben werden trotz politischer Instabilität aller Voraussicht nach zu hohem Wirtschaftswachstum führen.  

Vier unterschiedliche Statistiken zu den Themen BIP-Wachstum, Inflationsrate, Äthiopiens Außenhandel, Außenhandel Österreich mit Äthiopien
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Auf der Überholspur bzw. wirtschaftspolitische Erfolgsgeschichte?

Das derzeitige und künftig erwartete hohe BIP-Wachstum wird primär durch ein anhaltendes Wachstum der Kapitalinvestitionen, der Infrastruktur und der industriellen Entwicklung angetrieben. Die Regierung strebt eine Steigerung der äthiopischen Energieexporte an, nachdem die GERD-Füllung abgeschlossen ist (siehe oben). Die Regierung plant, bis Mitte 2025 fünf Turbinen in Betrieb zu nehmen, die die Stromerzeugung um ca. 2.000 MW erhöhen sollen. Ein in den VAE ansässiges Unternehmen für Erneuerbare Energien plant die Entwicklung von Solarkraftwerken mit einer Leistung von 2.500 MW, wobei die erste Phase von 500 MW bereits in der Entwicklung ist. Der im Bau befindliche Koysha-Wasserkraftdamm soll bis Ende 2025 weitere 2.000 MW ins Netz einspeisen.

Diese Projekte werden die derzeitige Stromerzeugungskapazität Äthiopiens mehr als verdoppeln. Im Finanzsektor werden mit der Einführung der äthiopischen Wertpapierbörse ESX bis Ende 2024 und der Erteilung von Lizenzen an ausländische Investmentbanken, die in Äthiopien tätig werden wollen, weitere Reformen erwartet.

Fazit: Die Ausgaben der Regierung für große Infrastrukturprojekte werden stark ansteigen. Gleichzeitig werden die Lockerung der Kapitalverkehrskontrollen sowie der Investitionsvorschriften zu einem Anstieg der ausländischen Investitionen führen.  

Geschäftschancen und Situation für österreichische Unternehmen

Das Handelsvolumen zwischen Äthiopien und Österreich belief sich im Jahr 2023 auf 16,2 Mio. Euro, wobei 11 Mio. Euro auf österreichische Exporte entfielen. Die höchsten Exporte sind auf die Branchen Maschinen, Kraftfahrzeuge, mechanische Ausrüstungen, Fette und Öle zurückzuführen.

Geschäftsmöglichkeiten bieten sich bei staatlichen Projekten, die in großem Umfang in große soziale und wirtschaftliche Infrastrukturprojekte investieren, darunter Stromerzeugung, Industriezonen, Wohnungsbau, Wasser und Bewässerung, Straßen und Eisenbahnen, Flughäfen und Trockenhäfen, Telekommunikations- und Internetnetze sowie Düngemittelanlagen. Geschäftschancen gibt es für heimische Unternehmen als Subunternehmer und Zulieferer bei Megaprojekten.

Die Verwaltung des Ausschreibungs- und Beschaffungsprozesses stellt jedoch eine Herausforderung dar, die manchmal dazu führt, dass Ausschreibungen annulliert werden und der Preis Vorrang gegenüber der Qualität erhält. Die internationale Konkurrenz ist stark: Anbieter aus den USA, Saudi-Arabien und China bauen ihre Aktivitäten weiter aus.

Fazit: Geschäftschancen bestehen für heimische Betriebe vor allem als Subunternehmer und Zulieferer bei Megaprojekten.

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