Arbeitsrecht - Entsendemeldung
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Für Entsendungen von EU-Bürgern nach Italien hat es mit Beginn 2017 einige Änderungen gegeben. Diese betreffen folgende Bereiche:
- Meldeverfahren für Entsendungen (verpflichtend bei jeder Entsendung!)
- Bereitstellung von Unterlagen und
- Ernennung von Ansprech-/Bezugspersonen vor Ort in Italien.
Aktuelle Informationen enthält das offizielle Entsendungsportal des italienischen Arbeits- und Sozialministeriums (in italienischer und englischer Sprache).
Arbeitnehmerentsendung
Während der Entsendung bleibt das Arbeitsverhältnis zwischen dem österreichischen Unternehmer und dem entsendeten Arbeitnehmer bestehen. Sollten die italienischen Bestimmungen für örtliche Arbeitnehmer günstigere Beschäftigungsbedingungen als die österreichischen Bestimmungen vorsehen, gelten die örtlichen italienischen Rechtsvorschriften und Kollektivverträge.
Ausnahme: Keine Anwendung finden die italienischen Rechtsvorschriften und kollektivvertraglichen Bestimmungen (jährlicher Mindesturlaub, Mindestlohn und Überstundenvergütung) im Falle von Erstmontagen oder -einbauarbeiten, die im Liefervertrag von Gütern vorgesehen und für deren Inbetriebnahme notwendig sind, sofern diese Arbeiten nicht länger als acht Tage dauern. Diese Ausnahme gilt jedoch nur für Montagen und Einbauarbeiten. Für Bauarbeiten gelten ab Beginn der Tätigkeiten die italienischen Rechtsvorschriften und kollektivvertraglichen Bestimmungen über den jährlichen Mindesturlaub, den Mindestlohn und die Überstundenvergütung.
Wichtigste Mindestarbeitsbedingungen in Italien
(Abweichungen je nach Kollektivverträgen möglich)
Normalarbeitszeit: | 40 Stunden/Woche; Ø max. 48 Stunden/Woche (inkl. Überstunden) |
Ruhezeiten: | 11 Stunden in Folge/Tag; 24 Stunden in Folge (+ 11 Stunden tägl. Ruhezeit)/1x pro Woche |
Urlaub: | 4 Kalenderwochen |
Mindestlöhne (inkl. Überstundenzuschläge): | Festgelegt durch die Sozialpartner und festgehalten in Kollektivverträgen ("C.C.N.L. Contratto Collettivo Nazionale di Lavoro"); Informationen dazu finden sich auf dem Entsendungsportal des Ministeriums (Contratti collettivi nazionali); Kollektivverträge werden im Archivio Nazionale dei contratti collettivi di lavoro del CNEL veröffentlicht |
Entsendemeldung
Unternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, die Arbeitnehmer nach Italien entsenden, Personalleasingagenturen, und Transportunternehmen, die Kabotagefahrten in Italien durchführen, unterliegen einer Meldepflicht. Sie sind dazu verpflichtet, vor Beginn der Entsendung (spätestens bis 24 Uhr des Tages vor Entsendungsbeginn!) eine elektronische Entsendungsmeldung an das italienische Arbeits- und Sozialministerium abzugeben.
Seit 2. Februar 2022 werden Entsendemeldungen für Berufskraftfahrern/-innen über die EU-weit einheitliche mehrsprachige Entsendeplattform Road Transport Posting Declaration Portal (RTPD-Portal) übermittelt – dies gilt auch für Italien.
- Das RTPD-Portal wurde zur Erfüllung der Meldepflichten entwickelt, die die Richtlinie (EU) 2020/1057 für die Entsendung von Kraftfahrern/-innen im Straßenverkehrssektor vorsieht.
Seit 2. Februar 2022 ist jeder Grenzübertritt manuell im digitalen Fahrtenschreiber zu
dokumentieren. Wenn das Fahrzeug mit einem analogen Fahrtenschreiber ausgestattet ist, muss (bereits
seit 21. August 2020) ein handschriftlicher Vermerk auf der Tachoscheibe vorgenommen werden.
Seit 15. November 2020 ist es nicht mehr möglich, diese Entsendemeldung über das Internetportal CLICLAVORO abzugeben. Für die Abgabe von Entsendungsmeldungen muss nun direkt in das Portale Servizi Lavoro des italienischen Arbeitsministeriums eingestiegen werden. Verfügt man bereits über "alte" CLICLAVORO-Zugangsdaten, kann mit diesen alten Zugangsdaten in dieses Portal eingestiegen werden (die alten Zugangsdaten müssen zuerst zurück gesetzt werden), ansonsten ist eine einmalige Neuregistrierung für ein Benutzerkonto notwendig. Mit den Zugangsdaten können sodann über dieses Portal des italienischen Arbeitsministeriums die jeweiligen Entsendungsmeldungen online ausgefüllt und übermittelt werden.
Auf der Homepage des italienischen Ministeriums steht ein Benutzerhandbuch ("Manuale utente") mit einer Ausfüllanleitung für die Entsendungsmeldung "Modello UNI_Distacco_UE" zur Verfügung (nur in italienischer Sprache): www.lavoro.gov.it [Pfad: Menüführung (oben links) > Strumenti e servizi > Distacco transnazionale > "Guida alla compilazione"]. Eine deutsch-italienische Ausfüllhilfe des AußenwirtschaftsCenters Mailand kann auf Wunsch bei der Wirtschaftskammer Tirol, Abteilung Außenwirtschaft (aussenwirtschaft@wktirol.at), angefordert werden. Zudem stellt das AußenwirtschaftsBüro Padua einen deutschen Arbeitsbehelf zur Verfügung.
Unterlagen vor Ort (auf der Baustelle/bei der Ansprechperson)
Das entsendende Unternehmen hat die Pflicht, folgende Unterlagen in italienischer Sprache während der Entsendung und in den zwei auf das Ende der Entsendung folgenden Jahren bereitzuhalten:
- Arbeitsvertrag oder Anstellungsschreiben
- Lohn-/Gehaltsabrechnungen
- Belege über die erfolgte Lohnauszahlung
- Arbeitszeitnachweise
- Bestätigung der gewerberechtlichen Zulassung (EWR-Bescheinigung oder Kopie des österreichischen Gewerbescheines)
- Anmeldung der Arbeitskraft in Österreich (z.B. beim Sozialversicherungsträger)
- A1-Formular (s. Seite "Sozialversicherung")
Laut Arbeitsinspektorat Bozen müssen diese Unterlagen beim Beginn der Entsendung am Ort der Entsendung bzw. bei der zu ernennenden Ansprechperson in Italien verfügbar sein. Für Einsätze in der Autonomen Provinz Bozen müssen diese Dokumente nicht ins Italienische übersetzt werden.
Zusätzlich sollte sich jeder Arbeitnehmer mittels Personalausweis oder Reisepass ausweisen können.
Auf italienischen Baustellen ist des Weiteren das Tragen eines Baustellenausweises vorgeschrieben (s. nachfolgend). Bedingt durch schwere Arbeitsunfälle auf italienischen Baustellen in der Vergangenheit wird bei Kontrollen auch das Vorliegen des Einsatzsicherheitsplans verstärkt überprüft. Nähere Informationen zu den Bestimmungen sind auf der Seite "Arbeitssicherheit - Einsatzsicherheitsplan (ESP)" zu finden.
Um etwaige Missverständnisse zu vermeiden, ist es auch ratsam, eine Auftragsbestätigung bzw. einen Lieferschein für alle Waren, die an den Kunden geliefert werden, sowie Aufzeichnungen über das mitgeführte Werkzeug mitzuführen.
Ernennung von Ansprech-/Bezugspersonen in Italien
Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Italien entsenden, müssen eine Ansprechperson mit Anschrift in Italien ernennen, welche befugt ist, Dokumente entgegenzunehmen und zu versenden, sowie einen Unternehmensvertreter, mit dem die lokalen Sozialpartner z.B. Betriebsabkommen verhandeln können. Beide Funktionen können von der gleichen Person wahrgenommen werden.
Die Ansprechperson(en) und Anschrift(en) sind in der Entsendungsmeldung einzutragen.
Ausweispflicht auf italienischen Baustellen
Auf italienischen Baustellen gilt eine besondere Ausweispflicht. Betroffen davon sind alle auf Baustellen tätigen Personen, unabhängig davon, ob es sich um unselbständig Beschäftigte handelt oder um den Unternehmer selbst bzw. freie Dienstnehmer.
Der Baustellenausweis muss immer gut sichtbar am Körper getragen werden (Hemd, Gürtel, Helm, ...) und die Personalien des Arbeiters (Name, Adresse, Geburtsdatum), Angaben zum Arbeitgeber/Unternehmen, Dauer des Dienstverhältnisses sowie ein Foto enthalten. Der österreichische KIAB-Ausweis erfüllt die vorstehenden Kriterien.
Bei Nichtbeachtung der Ausweispflicht drohen dem Arbeitgeber Strafen in Höhe von EUR 100,- bis EUR 500,- pro Arbeitnehmer, dem Arbeitnehmer selbst Strafen zwischen EUR 50,- und EUR 300,-.
Beitragspflicht - Bauarbeiterkasse
Österreichische Unternehmen, welche bereits Beiträge an die österreichische Bauarbeiterkasse BUAK abführen, sind im Falle von Entsendungen von der Beitragspflicht in Italien befreit. Um die Freistellung zu erwirken, muss die bevorstehende Entsendung von Mitarbeitern bei der BUAK gemeldet werden, die die Informationen an die italienische Kasse weiterleitet. Der entsprechende Antrag „zur Erlangung einer Bescheinigung über die Freistellung von der Teilnahme am Urlaubskassenverfahren in Italien“ steht als Download auf der Homepage der BUAK zur Verfügung.
Arbeitssicherheit
Um den Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer und die Gefahrenverhütung am Arbeitsplatz zu fördern, wurden in Italien mit 15. Mai 2008 entsprechende neue Vorschriften erlassen. Durch die Gesetzesverordnung D. Lgs 81/2008 wird unter anderem geregelt, dass die „idoneità sanitaria“ oder Tauglichkeit des Mitarbeiters für die eingesetzten Arbeiten gegeben sein muss. Diese Tauglichkeit wird durch ein ärztliches Zeugnis bestätigt, welches auch am Einsatzort mitzuführen ist. Das Muster einer ärztlichen Bestätigung ist am Ende des Kapitels eingefügt. Weiters müssen Arbeitgeber am Arbeitsplatz entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffen, um den Arbeitnehmer einen sicheren Arbeitsplatz zu garantieren.
Schwere Unfälle auf italienischen Baustellen in der Vergangenheit haben dazu geführt, dass auf die Sicherheitsproblematik auf italienischen Baustellen besonderes Augenmerk gelegt wird. Am 9. April 2008 wurde in diesem Zusammenhang das gesetzesvertretende Dekret (G.v.D) Nr. 81/2008, „Einheitsgesetz für Arbeitssicherheit“ (testo unico di sicurezza sul lavoro) verabschiedet. Zuletzt wurde die Verordnung durch das gesetzesvertretende Dekret Nr. 106/2009 aktualisiert. Die Bestimmungen zum Thema Arbeitssicherheit sind auch von österr. Unternehmen verbindlich einzuhalten!
U.a. vorgeschrieben sind...:
- die Ernennung eines Sicherheitskoordinators durch Bauherrn (auf Baustellen wo mehrere Unternehmen anwesend sind)
- die Erstellung eines Einsatzsicherheitsplanes (s. nächstes Kapitel)
- die Ernennung eines Arbeitnehmervertreters, um sicherheitsrelevante Informationen an Kollegen weiterzugeben
- besondere Vorschriften zum Gerüstbau (Dokument/Plan erstellen)
- sicherheitstechnische Befähigungen zum Betrieb bestimmter Arbeitsmittel (s. übernächstes Kapitel)