Wilfried Hopfner
© WKV/Mauche

Sozialpartnergipfel 2024 – klare Positionen der Wirtschaftskammer

Morgen Freitag, 19. Jänner 2024, findet im Landhaus ein Sozialpartnergipfel statt. WKV-Präsident Wilfried Hopfner warnt angesichts des anstehenden Superwahljahres vor einem monatelangen Stillstand durch Wahlkämpfe.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 13.02.2024

Die Stärke unseres Wirtschaftsstandorts sind die Leistungen unserer Betriebe und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihnen gebührt großer Dank. Breiter Wohlstand und ein hohes Maß an sozialer Sicherheit sind das Ergebnis der Leistungen der heimischen Betriebe – und nicht politischer Sonntagsreden. 

Senkung der Lohnnebenkosten 

Angesichts der hohen Lohnabschlüsse, die sehr wohl zu einer Lohn-Preis-Spirale beitragen, sowie der bedenklichen Entwicklung der Lohnstückkosten brauchen wir dringend eine Lohnnebenkostensenkung. Wir haben in Österreich das bewährte System der Sozialpartnerschaft und eine Kollektivvertragsabdeckung von 98 Prozent. Das ist Weltspitze. Eine Folge davon ist aber, dass wir höhere Lohnabschlüsse haben als andere Länder, was sich natürlich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Höhere Löhne bedeuten auch eine steigende Inlandsnachfrage. Das ist gut. Aber wie weit dann über die Preisweitergabe, die die Unternehmen wegen der Kollektivvertragserhöhungen vornehmen müssen, die Inflation doch wieder ansteigt – das wird jetzt abzuwarten sein. 

Zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes braucht es jetzt eine deutliche Senkung der im internationalen Vergleich hohen Lohnnebenkosten, damit der Arbeits- und Industriestandort wettbewerbsfähig bleibt und in diesen herausfordernden Zeiten Betriebe spürbar entlastet werden.  

Dies ist gerade für die Industrie, die im harten Wettbewerb steht, aber natürlich auch für viele KMU eine schwierige Situation. Hier muss man dringend gegensteuern und der beste Hebel dazu sind die Lohnnebenkosten. Diese könnte eine Entlastung von einigen Milliarden Euro bringen, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe aufrecht zu erhalten und Spielräume für neue Investitionen zu schaffen. Profitieren würden davon nicht nur die Unternehmen, sondern auch der Arbeitsmarkt und somit auch die Arbeitnehmerinnen  und Arbeitnehmer.

Den Sozialstaat stellen wir damit keineswegs in Frage. Es geht um die Entlastung des Faktors Arbeit, das sollte eigentlich auch im Sinne der Gewerkschaft sein. Umso unverständlicher sind die Stimmen jener, die sich öffentlich gegen eine solche Senkung aussprechen. Wir werden uns jedenfalls weiter massiv für eine Senkung der Lohnnebenkosten einsetzen.  

Mit Blick auf das anstehende Superwahljahr können wir uns monatelangem Stillstand durch Wahlkämpfe jedenfalls nicht leisten. Es braucht auf allen Ebenen einen Schulterschluss aller Parteien, um bestimmte Fragen wie die Sicherung des Standorts außer Streit zu stellen. 

Mehr arbeiten muss sich mehr auszahlen 

Wollen wir Wachstum und Wohlstand erhalten, brauchen wir daher wieder einen positiven Blick auf Arbeit sowie Anreize, mehr zu arbeiten, nicht weniger. Die vergangenen Jahre haben die heimische Wirtschaft vor große Herausforderungen gestellt. Sie haben uns aber auch gezeigt, wie widerstandsfähig, innovativ und exzellent der Wirtschaftsstandort Österreich ist.

Gegen kürzere Arbeitszeiten sprechen die Fakten, aber auch die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher will das nicht. Weil jeder weiß, dass das heißt, dass er länger auf einen Arzt warten muss, dass es schwieriger wird, einen Pflegeplatz zu bekommen und die Personalknappheit in den Krankenhäusern oder in der Kinderbetreuung noch größer wird. Wer im echten Leben steht, weiß, dass das Konzept einer 32-Stunden-Arbeitswoche ein vollkommen unrealistisches Konzept ist und de facto eine Art Wohlstands- und Sozial-Abbauprogramm ist.

Wir dürfen daher keinesfalls weniger arbeiten, nein, wir müssen nicht zuletzt auch aufgrund der demografischen Entwicklung eher mehr arbeiten, wenn es uns auch künftig gut gehen soll. Wenn aber alle nur mehr genießen und weniger arbeiten wollen, dann werden wir alle den damit einhergehenden Wohlstandsverlust in Kauf nehmen müssen!

Klar ist , Arbeit muss entlastet werden, was bedeutet, dass die Abgabenquote gesenkt werden muss, damit die unabdingbare Symbiose zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wieder ins Lot kommen kann 

Mir ist bewusst, dass es neben der Leistungsbereitschaft auch dafür passende Rahmenbedingungen braucht. Diese muss die Politik schaffen, indem zum Beispiel steuerliche Anreize geschaffen und gezielte Maßnahmen gesetzt werden! Was lässt mich daran glauben, dass wir das gemeinsam schaffen können? Eine österreichweite Studie vom Juli 2023 zeigt auf, dass 50 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen bereit wären, sogar mehr zu arbeiten, wenn es gilt, den Wohlstand weiter aufrecht zu erhalten. 

Machen wir keine Parteipolitik aus diesem für uns alle so bedeutenden Thema, sondern lasst uns an einem Strang ziehen und die gemeinsame Zukunft aktiv gestalten! Wir haben es uns verdient, dass sich Leistung auch künftig lohnt! 

„Qualifizierte Zuwanderung"

Erleichterungen beim Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte sind dringend notwendig. Besonders ein zeitlich befristeter „Erprobungsaufenthalt“ mit der Möglichkeit, die Qualifikationen einer Person etwas konkreter zu prüfen, wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ohne qualifizierte Zuwanderung werden wir als Wirtschaftsstandort in Zukunft nicht auskommen und aus Sicht der Betriebe gibt es hier nach wie vor erhebliche Hürden. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen könnten von weiteren Erleichterungen profitieren.

Kinderbetreuung 

Gerade vor dem Hintergrund des akuten Arbeitskräftemangels ist eine gut ausgebaute Kinderbetreuung das Gebot der Stunde: Frauen sind heute so gut ausgebildet wie noch nie. Wir können es uns nicht leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten. Der Fokus muss in Vorarlberg auf einen flächendeckenden Ausbau und einer Verbesserung der Öffnungszeiten der Kinderbetreuung gelegt werden. Eine qualitätsvolle Kinderbildung und Kinderbetreuung sichern Kindern bessere Zukunftsaussichten, Eltern echte Wahlfreiheit, Unternehmen mehr Arbeits- und Fachkräfte sowie der gesamten Gesellschaft mehr Wertschöpfung, Wohlstand und Chancengerechtigkeit. 

Verkehrsinfrastruktur 

Ob Schiene oder Straße, ob grenzüberschreitende Verkehrsanbindungen, Verteilnetze oder die Verlagerung vom Güterverkehr auf die Schiene: Die Vorarlberger Wirtschaft muss auf das künftig steigende Güterverkehrsaufkommen gerüstet sein und darf den sprichwörtlichen Anschluss an die anderen Wirtschaftsstandorte und den Weltmarkt nicht verlieren. Eine qualitative hochwertige Anbindung in den Norden ist aber sowohl für den Personenverkehr als auch für den Güterverkehr dringend notwendig. Das bedeutet, sowohl den Straßen- als auch den Schienen-Infrastrukturausbau im Land jetzt voranzutreiben und konkrete Projekte rasch umzusetzen. Ein zukunftsfähiger Ausbau der Verkehrsinfrastruktur muss das Ziel sein. 

Bauwirtschaft

Die Bauwirtschaft ist mit massiven Herausforderungen konfrontiert. Die Ursachen für die Krise im Wohnbau sind komplex. Einerseits massive Preissteigerungen und andererseits stark angestiegenen Zinsen, vor allem sind jedoch die nur in Österreich zusätzlich verschärften Kredit- Finanzierungsmaßnahmen verantwortlich. Daher muss die äußerst restriktive Kredit-Verordnung abgeschafft werden. Die Hoffnungen für 2024 liegen umso mehr im öffentlichen und im gewerblichen Bau, sowie im absehbaren Rückgang der Zinsen im 2.Halbjahr.

Erfolgsmodell Sozialpartnerschaft 

Österreich gehört zu den wirtschaftlich erfolgreichsten und sozial stabilsten Ländern innerhalb der EU und auch weltweit. Dabei ist der wirtschaftliche und soziale Erfolg Österreichs entscheidend mit dem österreichischen Weg der Sozialpartnerschaft verbunden. Das „österreichische Modell“ der Sozialpartnerschaft, dem so manch einer bereits die Zukunftsfähigkeit absprach, hat sich im veränderten internationalen Umfeld bewährt. Es ist kein Auslauf-, sondern nach wie vor ein Vorzeigemodell und wirtschaftspolitisches Asset. Studien bestätigen, dass die bessere Arbeitsmarktperformance in den sozialpartnerschaftlich orientierten Ländern nicht nur mit einer schnelleren Krisenbewältigung, sondern auch mit einem dynamischeren Wirtschaftswachstum verbunden ist. 

Die KV-Verhandlungen waren heuer besonders herausfordernd. Dennoch gibt es viele Bereiche, in denen wir gut und gemeinschaftlich zusammenarbeiten —  wir schultern beispielsweise das ganze Sozialversicherungssystem gemeinschaftlich. Eine Partnerschaft muss auch schwierige Zeiten aushalten.  

Die Wirtschaft braucht die Menschen und die Menschen brauchen die Wirtschaft.

Mehr Miteinander statt Gegeneinander würde unserem Land guttun. Kommunikation sollte Brücken bauen und nicht immer noch mehr polarisieren.