Stefan Hagen
© Frederick Sams

Optimistischer Realismus in der Bildung

Wirtschaft und Wirtschaftskammer engagieren sich seit vielen Jahren für eine leistungs- und zukunftsorientierte Bildung in Vorarlberg. Vieles funktioniert und gelingt sehr gut. Beispielsweise beneiden uns viele Länder um unsere ausgezeichnete Lehrlings- und Berufsausbildung. Es gibt jedoch auch Missstände, die seit vielen Jahren zu schlechten Resultaten und Frustration vieler Beteiligen führen. Das ist inakzeptabel.

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Aktualisiert am 14.11.2023

Wie wichtig ist gute Bildung für ein gelingendes, selbstbestimmtes Leben? Die meisten Menschen würden wohl spontan antworten: „Sehr wichtig!“ Wie ist es dann zu erklären, dass politische Parteien mit mutigen, innovativen und evidenzbasierten Bildungs-Reformprogrammen keine Wahlen gewinnen? Drei Thesen dazu:

Angst: Die meisten Menschen haben Angst, die Probleme im Bildungssystem wirklich an der Wurzel zu packen. Kann das Neue funktionieren? Was, wenn es schief geht? Experimente mit meinem Kind? Niemals!

Bildungsverständnis: Die meisten Menschen verwechseln Wissen oder akademische Abschlüsse mit ganzheitlicher, lebenspraktischer und humanistischer Bildung. Um sich der enormen Bedeutung von Bildung - speziell in einer zunehmend digitalisierten Welt -
bewusst zu werden, braucht es ein neues, differenzierteres und tieferes Bildungsverständnis.

Idealismus: Die meisten Menschen haben eine mehr oder weniger starke Vorstellung von dem, wie aus ihrer Sicht ein besseres Bildungssystem aussehen würde. Dieser Idealismus führt häufig zu destruktivem Dogmatismus. Dies ist ein zentraler Grund, warum wir uns in Bildungsfragen gegenseitig blockieren und wertvolle Zeit verlieren.

Die Strategie der Wirtschaftskammer im Bereich Bildung lautet: Realismus. Der Musiker Jolly Konjappu hat neulich in einem Interview gesagt: „Früher war ich Idealist. Heute bin ich Realist mit Idealen.“ Als unternehmerische Interessenvertretung wollen wir die Diskussionen versachlichen, zum interdisziplinären Diskurs anregen aber auch dort Tacheles reden, wo es wichtig und notwendig ist. Ohne Schuldzuweisungen gegenüber der Politik oder einzelnen Personengruppen - aber mit konstruktiver und unternehmerischer Klarheit. Denn das Thema Bildung ist „too important to fail“ - für uns alle.
Was dies für die Wirtschaftskammer Vorarlberg nun konkret im Handlungsfeld Bildung bedeutet, wurde im Rahmen des WKV Bildungsausschusses in den vergangenen Monaten erarbeitet. Der Ausschuss, der auf Initiative der Sparte Industrie ins Leben gerufen wurde, legte u.a. folgende strategische Stoßrichtung fest:

• Mehr Ressourcen für das Thema Bildung und
personelle Verstärkung der bildungspolitischen
Abteilung.

• Weitere Intensivierung des Bildungsmonitorings
sowie der vertiefenden, kontinuierlichen Analyse und
Interpretation der Zahlen-Daten-Fakten.

• Maßnahmenprogramm zur messbaren Verbesser-
ung der Grundfertigkeiten von Schülerinnen und
Schülern.

• Die WKV ist aktiver (Pro)Motor für zukunftsfähige
Bildung und tritt noch stärker als Unterstützerin und
Ermöglicherin für Schulen auf.

• Bewusstseinsbildung und Unterstützung von Be-
trieben, um ihre Verantwortung und Rolle im Kontext
Aus- und Weiterbildung noch besser wahrnehmen zu
können.

• „Dauerbrenner“ Lehre in Vorarlberg konsequent
weiterentwickeln und an die neuen Herausforderun-
gen anpassen.

In diesem Sinne: Wir bleiben dran. Mit optimistischem Realismus.