Die digitale Arbeitswelt braucht Empathie und Werte
Digitale Entwicklung. Dr. Robert Küng, Inhaus-Geschäftsführer, spricht im Interview mit „Die Wirtschaft“ über Veränderungen durch die Digitalisierung und was das für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen bedeutet.
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Herr Küng, wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht als Unternehmer die aktuelle Stimmungslage?
Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren durch Corona unwahrscheinlich stark verändert. Einerseits ist eine deutliche Tendenz zum Individualismus und damit zu einem erhöhten Stellenwert des Privatlebens vor allem bei jungen Mitarbeitenden feststellbar. Andererseits hat sich die Entwicklung bei allen Formen der Digitalisierung nochmals deutlich beschleunigt. Prozesse im Unternehmen verändern sich, werden schneller, einfacher, vernetzter und beeinflussen dadurch die gesamte Arbeitswelt.
Inhaus hat mit hoher Intensität die digitalen Prozesse im Unternehmen vorangetrieben.
Die größte Herausforderung war, dass Digitalisierung überall in unserem Unternehmen stattfindet: Von den manuell bewirtschafteten Regallagern, die durch ein vollautomatisches Kleinteilelager ersetzt wurden, über digitalisierte interne Abläufe bis zur digitalen Kommunikation mit dem Installateur, der seine Produkte in unserem Webshop oder über Schnittstellenanbindungen kauft und die Waren dadurch wesentlich schneller geliefert bekommt. Digitalisierung ist zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil geworden – für uns genauso wie für unsere Kunden, die heimischen Installateure und ihre Kunden.
Die Digitalisierung hat auch die Berufe verändert und sogar neue geschaffen?
Der Mensch steht bei Inhaus im Mittelpunkt. Wir sind uns bewusst, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Fähigkeiten brauchen, um die digitalen Prozesse umzusetzen. Zum Beispiel hat ein junger Mitarbeiter gerade die Lehre zum E-Commerce-Kaufmann im Handel mit Auszeichnung abgeschlossen. Als Unternehmen unterstützen wir die Menschen, indem wir ihnen entsprechende Schulungen anbieten – abgestimmt auf ihre persönliche Situation. Unser Ziel ist es, die Fähigkeiten unserer älteren Mitarbeitenden mit den Skills der jungen Generation, die mit der Digitalisierung aufgewachsen ist, zusammenzuführen.
Wie groß ist die Bereitschaft der Mitarbeiterinnern und Mitarbeiter, diese Prozesse mitzutragen?
Für uns ist wichtig, neben der Digitalisierung auch unsere Werte, Menschlichkeit und Emotionalität zu wahren. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen nicht nur digital fit sein, sondern auch emotional zufrieden mit ihrer Arbeit. Die Digitalisierung kann dies im Idealfall unterstützen: Die Mitarbeitenden wissen heute, wie groß die Vorteile sind und wie komplex und aufwendig unsere Arbeitsweise früher gewesen ist: Die Digitalisierung hat unsere Arbeit in jeder Hinsicht verbessert – von physischen Arbeitserleichterungen bis zur Vereinfachung von Abläufen und einer deutlichen Qualitätssteigerung. Wir wissen, dass konventionelles Arbeiten in unserem Unternehmen gar nicht mehr möglich wäre.
Wie reagieren Ihre Partner, die heimischen Installateur-Betriebe, Kunden und Lieferanten?
Bei unseren Lieferanten sind digitale Kommunikationsabläufe seit Jahren bereits Standard. Auch auf Kundenseite hat sich in letzter Zeit sehr viel bewegt: Unsere Installateur-Partner wickeln über 40 Prozent des Auftragsvolumens über unsere digitalen Tools mit uns ab. Der Generationswechsel in vielen Betrieben bringt hier einen enormen zusätzlichen Schub. Wenn die gesamte Kommunikation digital abläuft, von der Bestellung bis zur Abrechnung, dann profitiert auch der Endkunde. Gerade bei der Beratung für Bad- und Energielösungen können wir durch eigens entwickelte digitale Systeme faszinierende neue Leistungen für die Kunden anbieten. Man hört deutlich Ihre Begeisterung. Warum sind digitale
Entwicklungen gerade in der Beratung so wichtig?
Mit unseren eigenen Softwarelösungen können wir maßgeschneidert unsere Philosophie umsetzen. Etwa mit unserer wirklich großartigen Beratungs-App, die wir zur Unterstützung unserer Berater im Bäderpark entwickelt haben. Ein Rundgang durch den Bäderpark bietet tolle Anregungen und Inspirationen. Anschließend werden die ganz individuellen Kundenwünsche von unseren Beratern in einem intensiven Prozess mit dem Kunden abgestimmt und in die optimale Badlösung umgewandelt. Dabei werden modernste Planungstools eingesetzt und die Ergebnisse automatisch in der App zusammengefasst und dargestellt. Ein einzigartiger und kostenloser Service für alle Inhaus Kunden. Parallel wird dem Berater ein Großteil der administrativen Arbeit abgenommen. Dadurch gewinnt er Zeit für die Bedürfnisermittlung und die eigentliche Beratung des Kunden. Nur so können wir rasch auf alle Veränderungen und neuen Trends reagieren und unsere Kunden bestens betreuen.
Sie sagen ja, man muss sich alle fünf Jahre neu erfinden.
Ich bin überzeugt, dass wir nur durch ständigen Wandel und einen offenen Austausch erfolgreich sind. Das gilt nicht nur für die Prozesse im Unternehmen, sondern vor allem auch für die Ausbildung: Ein gutes Beispiel ist die Duale Akademie, ein innovatives Traineeprogramm für Maturanten, das wir jetzt anbieten. Hier ist eine neue attraktive Ausbildung für AHS-Absolventen entstanden. Oder auch unser Bootcamp, in dem unsere Lehrlinge und Mitarbeitenden in einer virtuellen Kopie unseres Unternehmens Prozesse erlernen und trainieren können.
Inhaus ist stark gewachsen – was braucht es, um dieses Wachstum erfolgreich gestalten zu können?
Die Veränderungs- und Lernbereitschaft der Mitarbeitenden sowie eine hohe Identifikation mit unseren Werten und Zielen sind sicher die Grundvoraussetzung, damit ein Unternehmen heute überhaupt wachsen kann. Nur so können die Entwicklungen umgesetzt werden und es entstehen neue und zusätzliche Arbeitsplätze. Wir beschäftigen aktuell 250 Mitarbeitende und suchen laufend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch wenn der Fachkräftemangel nicht mehr im gleichen Ausmaß vorhanden ist wie noch vor einem Jahr.
Von großen Veränderungen ist aktuell auch die Baubranche betroffen. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Wir können derzeit noch bestehende Aufträge im Wohnbau abarbeiten. Der Auftragseingang für Neuprojekte hat sich in den vergangenen Monaten in Folge des Rückgangs bei den Wohnungsverkäufen aber deutlich reduziert. Die Problematik in Zusammenhang mit den massiven Zinserhöhungen und den Eigenmittelvorgaben sind ja bekannt. Das trifft im Moment alle in der Baubranche – in absehbarer Zukunft somit auch uns. Ich sehe diese Situation aber nicht nur negativ.
Inwiefern kann diese Krise auch positiv sein?
Ich bin zuversichtlich, dass wir aus dieser Situation auch lernen können und dass wir wieder verstärkt Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Ich sehe die steigenden Zinsen daher nicht nur schmerzhaft: Es wird uns wieder bewusst, dass auch eine lange Zeit der Niedrigzinsphase nicht selbstverständlich ist und dass Nachhaltigkeit auch im Wirtschaften zum obersten Gebot gehört.
Inhaus konnte seine Eigenkapitalquote weiter ausbauen – in weiser Voraussicht?
Nachhaltigkeit gehört zu unserer Firmen-DNA. Im Energiebereich genauso wie im wirtschaftlichen. Wir haben schon vor der Energiekrise unser gesamtes Betriebsgebäude auf erneuerbare Energie umgestellt und sind stolz auf unsere Vorreiterrolle als energieautonomes Unternehmen. Diese Unabhängigkeit von Energiepreisen gibt uns Sicherheit und Handlungsfreiheit. Im finanziellen Bereich ist es genauso. Eine vernünftige Eigenkapitalquote bringt jetzt wieder betriebswirtschaftliche Vorteile, reduziert die externen Abhängigkeiten und ermöglicht künftiges Wachstum. Bei Inhaus machen wir das seit über 20 Jahren so. Jetzt erleben wir: Bodenständigkeit in allen wirtschaftlichen Belangen und folglich auch beim Eigenkapital – das wird wieder zum nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
Warum setzen Sie sich dafür ein, dass die Mitarbeitenden die wirtschaftliche Situation des Unternehmens verstehen?
Mir ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter:innen die wichtigsten Kennzahlen des Unternehmens kennen und verstehen. In freiwilligen Schulungen informiere ich über diese Themen und erkläre allen Interessierten die Bilanz unseres Unternehmens. Unternehmerisches Denken ist auch ein zentrales Thema in der Lehrlingsakademie für unsere Partnerbetriebe. Vor vielen Jahren haben wir eine Akademie für die Installateur-Lehrlinge entwickelt, die wir über alle drei Lehrjahre mit internen und externen Referenten anbieten. Ich freue mich sehr, dass diese Ausbildungen von unseren Installateur-Kunden so super angenommen werden.
Sie sind leidenschaftlicher Marathonläufer. Wie färbt das Laufen auf die Arbeit ab?
Die Fähigkeiten von Marathonläufern werden tatsächlich oft aufs Berufsleben übertragen. Das sind Eigenschaften wie Ausdauer und Disziplin, aber auch Zuversicht, körperliche Fitness und Selbstmotivation, genauso wie die Fähigkeit mit Stress und auch Rückschlägen gut umgehen zu können. Vor allem soll Sport so wie auch die tägliche Arbeit Freude machen, am liebsten im Team mit den Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank für das Gespräch!