WKÖ-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer
© WKÖ/Nadine Studeny

„Zurück zu Leistung und Wettbewerb“

WKÖ-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer spricht im „diwi“-Interview über den Start in seine neue Tätigkeit, den Wirtschaftsstandort Österreich, den „Aktionsplan Wachstum“ und die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 23.01.2025

Herr Generalsekretär: 2025 ist noch jung, aber es hat sich schon sehr viel getan in Österreich. Wie haben Sie die ersten Wochen erlebt?
Ich glaube, es ist niemandem verborgen geblieben, dass wir in wirtschaftlich und gesellschaftlich turbulenten Zeiten leben. Was die vergangenen Jahre galt, das können wir auch 2025 in den ersten Wochen beobachten. Umso wichtiger ist es, hier nicht nur Beifahrer zu sein, sondern Vordenker und Anpacker für eine aktive Standortpolitik. Das muss unser Anspruch als zukunftsorientierte Interessenvertretung und moderner Servicedienstleister für unsere Mitglieder sein. Ich bin ein passionierter Läufer, deswegen sage ich immer: Wir müssen Pacemaker sein. Und in meiner neuen Position sehe ich ganz klar, dass es hier sehr viele Gleichgesinnte gibt.

Die Sozialpartnerschaft bleibt auch in diesen Zeiten wichtig?
Sie bleibt nicht nur wichtig, sie bleibt essenziell, genau darum habe ich diese spannende Aufgabe angenommen. Herausforderungen der Zukunft brauchen Lösungen auf breiter Basis, die Sozialpartnerschaft ist dafür seit jeher ein verlässliches Modell. Die WKÖ hat eine gesellschaftspolitische Verantwortung als Speerspitze für ein leistungsfreundliches und wettbewerbsbereites Österreich. Hier sitzen die Expertinnen und Experten, hier ist das geballte Know-how zu finden – wer, wenn nicht wir, sollten hier die Vordenker sein?

Stichwort „Wettbewerb“ – wie soll dieser in Österreich gestärkt werden?
In den letzten Jahren führten mehrere internationale Krisen zu mehr Ausgaben und weniger Einnahmen. Da brauchen wir klar eine Schubumkehr: Weniger Ausgaben, mehr Einnahmen. Das ergänzt sich auch mit dem gesellschaftlichen Anspruch, den ich an meine Arbeit für die Sozialpartnerschaft habe, denn nur mit dieser Schubumkehr finanziert sich unser Wohlstand langfristig.

Wie kann diese gelingen?

Indem wir ein Comeback von Leistung in den Mittelpunkt stellen, um so Wachstum zu schaffen und Jobs zu sichern. Das kann durch ein Bündel an Maßnahmen gelingen, wobei für mich die Hebung des Arbeitskräftepotenzials eine zentrale Rolle spielt. Und dabei sage ich deutlich: Ohne qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt werden wir das Arbeitskräftepotenzial nicht heben können. Denn der demografische Wandel ist die Schicksalsfrage unserer Gesellschaft und insbesondere für unseren Arbeitsmarkt. Aber natürlich gibt es noch viele andere Themen, denen wir uns widmen müssen: Senkung der Lohnnebenkosten, Bürokratieabbau, Energiepreise, Nachhaltigkeit, Förderung des Innovationsgeists, Digitalisierung und Internationalisierung. Die Fleißigen müssen belohnt werden.

Kürzlich wurde über eine „Leistungs-Flat-Tax“ berichtet, die die Wirtschaft fordert. Was hat es damit auf sich?
Die „Leistungs-Flat-Tax“ ist eine radikale Steuersenkung für die Fleißigen. Wer Überstunden leistet oder bereit ist, nach Erreichen des Pensionsalters weiterzuarbeiten, soll belohnt werden, indem man auf diese Leistung nur noch 20 Prozent Steuern zahlt, egal welche Größenordnung etwa der Zuverdienst hat. Das wird aus unserer Sicht helfen, den Wohlstand im Land zu halten, denn den halten wir nur mit mehr Leistung – auch im Hinblick auf den demografischen Wandel. Allein in den nächsten fünf Jahren gehen über 500.000 Baby-Boomer in Pension, diesen Arbeitskräftemangel müssen wir mit allen Mitteln kompensieren, dazu gehört auch ein Anreiz mehr zu arbeiten, wie die „Leistungs-Flat-Tax“.

Sie haben auch einen „Aktionsplan Wachstum“ gefordert

Genau – denn alles, was ich hier sage, das sagen ja nicht nur wir, sondern auch andere renommierte Expertinnen und Experten. Gemeinsam mit WKÖ-Präsident Harald Mahrer haben wir deshalb die geballte Expertise der österreichischen Wirtschaftsforschung vor Kurzem zu uns in die Wirtschaftskammer eingeladen, um darüber zu diskutieren, wie wir Bremsen lösen und Wachstumsimpulse setzen können. Und wir waren uns einig, dass es hier viele Stellschrauben gibt, an denen sich drehen lässt. (Anm . der Red: Für nähere Informationen zum „Aktionsplan Wachstum“, siehe diwi 2/2025.)

Auch die Rolle Österreichs in der EU wird wieder vermehrt diskutiert – wie sehen Sie diese?
Ich finde es gut, wenn wir darüber diskutieren – aber nur, wenn wir dabei unterstreichen, wie viel wir der EU und dem Export im Allgemeinen zu verdanken haben. Ich stehe für ein klares Bekenntnis zum freien Handel und zu einer offenen Volkswirtschaft. Wir leben vom Außenhandel, wir leben vom Export, und wir leben auch von einer weltoffen gestalteten Handelspolitik. Gerade als Land, das 6 von 10 Euro auch im Export verdient, ist diese Perspektive essenziell. Österreich ist als Exportland auf funktionierende Handelsbeziehungen angewiesen, das ist ein Rückgrat unseres Wohlstands, das wir nicht aufgeben dürfen. Die nächste Regierung braucht deshalb ein klares Bekenntnis zur EU und offenen internationalen Handelsbeziehungen. Auch deshalb ist es von so zentraler Bedeutung, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, die auch die Exportwirtschaft beflügeln und die Stimmung dort heben.

Sie sprechen viel von Anpacken: Wie kann man sich den „Anpacker“ Hattmannsdorfer in der Zusammenarbeit vorstellen?
Meinem politischen Stil, den ich auch schon in Oberösterreich gepflegt habe und der sich bewährt hat, werde ich auch in Zukunft treu bleiben. Erstens bin ich jemand, der Probleme offen anspricht. Zweitens suche ich nach Lösungen und gehe der Frage nach, wie wir diese auch entsprechend ausgestalten können. Und drittens bin ich jemand – und ich finde das ist in der Zusammenarbeit das Um und Auf –, der Brücken baut und über Parteigrenzen hinweg die Hand ausstreckt.

Herr Generalsekretär, wir danken für das Gespräch.