Prof. Dr. Maximilian Lude
© Lea Mahler

„Unsere wichtigste Technologie ist und bleibt die Konversation“

Der Unternehmer und Experte für Innovation und Strategie, Maximilian Lude, im Interview mit "Die Wirtschaft" über eine Zukunft, in der Technik den Menschen stärkt, anstatt ihn zu ersetzen.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 10.10.2024

Forderung, Tradition und Innovation zu vereinen. Wie schaffen Sie es, eine Balance zwischen diesen beiden Aspekten für Ihre Kunden zu finden?
Wenn man über die Balance zwischen Tradition und Innovation in familiengeführten Unternehmen spricht, muss man verstehen, dass diese Unternehmen oft auf einem sehr stabilen Fundament von Werten und Praktiken aufbauen. Unser Ansatz besteht darin, diese Stärken zu respektieren und gleichzeitig den Raum für innovative Prozesse zu öffnen. Wir unterstützen unsere Kunden, indem wir ihnen helfen, Innovationslabore innerhalb ihrer Unternehmen zu schaffen, die wie geschützte Werkstätten funktionieren, in denen neue Ideen ohne das Risiko des Gesamtscheiterns getestet werden können. Das erlaubt es, die Neuerungen schrittweise und kontrolliert in die bestehenden Strukturen zu integrieren.

Welche Faktoren sind entscheidend für den Erfolg eines Transformationsprozesses in Unternehmen?

Was die Transformation betrifft, wird oft die Bedeutung der Unternehmenskultur unterschätzt. Es geht nicht nur um die Technologie, sondern auch, oder vor allem um die Menschen, die diesen Wandel mittragen müssen. Wichtig ist, eine offene Kommunikationskultur zu schaffen, die den Mitarbeitenden hilft, ihre Ängste zu überwinden, indem neue Technologien erklärt und die Vorteile klar aufgezeigt werden. Hier spielt auch KI eine Rolle: Sie entlastet von Routinetätigkeiten und gibt den Menschen mehr Zeit, sich auf zwischenmenschliche Interaktion und die Kundenbeziehungen zu konzentrieren. Achtung, klingt komisch aber so macht uns KI „menschlicher“, indem sie den Fokus auf Beziehungen verstärkt.

Dennoch unterliegt die Arbeitswelt derzeit tiefgreifenden Veränderungen, vor allem durch Remote Work, Automatisierung und neue Technologien...
Technologien wie KI und Robotik werden Routineaufgaben zunehmend übernehmen. Unternehmen, die diese Technologien effektiv nutzen, können nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch neue Innovationspotenziale freisetzen. Darüber hinaus hat sich Remote Work bereits als fester Bestandteil der Arbeitswelt etabliert, hybride Arbeitsmodelle werden weiterhin an Bedeutung gewinnen. Unternehmen können ihre Wettbewerbsfähigkeit so enorm steigern, werden aber auch vor die Herausforderung gestellt, eine starke Unternehmenskultur zu bewahren, wenn Mitarbeitende zunehmend digital zusammenarbeiten. Im Handel geht das auf den ersten Blick nicht. Der zweite Blick lässt aber auch hybride Modell zu, dazu aber mehr in meinem Vortrag! Zusätzlich wird nachhaltige Innovation eine große Rolle spielen. Die Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit zwingen Unternehmen dazu, nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nachhaltigkeit wird kein ‚Nice-to-have‘ mehr sein, sondern ein zentraler Wettbewerbsfaktor. Dies erfordert eine Transformation, die nicht nur auf technologische Lösungen setzt, sondern auch auf die Einbeziehung unserer ökologischen Umwelt.

Bringen familiengeführte Unternehmen in Bezug auf moderne Arbeitsmodelle Besonderheiten mit?
Familienunternehmen zeichnen sich häufig durch eine starke kulturelle Prägung aus, die über Generationen hinweg aufgebaut wurde. Diese Prägung fördert Flexibilität, Vertrauen und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Generationen, was eine natürliche Grundlage für die Einführung moderner Arbeitsmodelle schafft. Flexibilität in Arbeitszeiten, individuelle Förderung und Vertrauen sind oft bereits gelebte Werte in diesen Unternehmen. Die Herausforderung besteht jedoch darin, den Spagat zwischen bewährten Traditionen und der Notwendigkeit von Innovation zu meistern. Das Spannungsfeld besteht darin, technologische Fortschritte zu nutzen, ohne den familiären Charakter zu verlieren, der viele dieser Unternehmen auszeichnet.

Gerade in diesen in Zeiten von Transformation und Unsicherheit sind Führungskräften speziell gefordert.
Führungskräfte, die in Zeiten des Wandels erfolgreich sein wollen, müssen mehr als nur mutige Entscheidungen treffen. Ein transformierender Führungsstil ist gefragt, der Vertrauen aufbaut und das Team inspiriert.

Transformative Führung? Können Sie das näher erläutern?
Es bedeutet, Vorbild zu sein und durch authentische, transparente Kommunikation Vertrauen zu schaffen. Offenheit gegenüber neuen Ideen und Technologien wie Künstlicher Intelligenz ist essenziell, um die Mitarbeiter aktiv in den Wandel einzubeziehen und Ängste zu reduzieren. Besonders wichtig ist es, den Fokus auf die langfristige Vision des Unternehmens zu legen und gleichzeitig Empathie zu zeigen – bauen Sie also positive Zukunftsbilder und Visionen mit Ihrem Team. In unsicheren Zeiten hilft es den Mitarbeitenden, wenn die Führungskraft nicht nur rational agiert, sondern auch die emotionalen Aspekte berücksichtigt. Menschen müssen spüren, dass sie Teil eines größeren Ganzen sind. Transformative Führung befähigt und ermutigt Mitarbeitende, aktiv an der Veränderung mitzuwirken, anstatt passiv auf Vorgaben zu warten. Ein zentrales Merkmal ist die Bereitschaft, Verantwortung zu delegieren und den Mitarbeitenden zu vertrauen, während gleichzeitig die Ziele klar definiert bleiben. Dadurch entsteht eine Kultur der Innovation und des Wachstums. Führungskräfte sollten ihr Team inspirieren und in eine Zukunft führen, in der Technik den Menschen stärkt, anstatt ihn ersetzt.

 Sie referieren beim Handelstag der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Können Sie uns schon die eine oder andere zentrale Botschaft verraten, die Sie den Handelsunternehmer:innen mitgeben werden?

Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich folgende zentrale Botschaft verraten: Unsere wichtigste Technologie ist und bleibt die Konversation. Ich freue mich deshalb auch besonders auf den Handelstag, weil hier Austausch und Konversation über Zukunft – oder soll ich sagen: über Zukünfte? – ins Rampenlicht gerückt werden.
 
Zum Abschluss: Wenn Sie einem jungen Unternehmer oder einer jungen Unternehmerin, der/die ein Unternehmen transformieren möchte, einen einzigen Ratschlag geben könnten – welcher wäre das?
Hab keine Angst, früh zu scheitern. Nur durch ständiges Experimentieren und Anpassen gelingt die erfolgreiche Transformation. Sprich dabei aber nicht von „Fehlerkultur“, sondern eher von „Lernkultur“, denn Fehler machen, ohne dabei etwas zu lernen, wäre auch sinnbefreit.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Herbert Motter.