„Mein Ziel ist es, die Kommunikation untereinander zu stärken“
EPU-Sprecherin. Beim jüngsten EPU-Tag der Wirtschaftskammer Vorarlberg, welcher im November 2024 mit rund 250 Teilnehmenden im Kulturhaus Dornbirn stattfand, übernahm Heidi Winsauer die Funktion der EPU-Sprecherin.
Lesedauer: 4 Minuten
Frau Winsauer, Sie haben kürzlich das Amt der EPU-Sprecherin übernommen. Was sind Ihre wichtigsten Ziele für die EPU-Vertretung in Vorarlberg und wie möchten Sie speziell die Interessen der Vorarlberger Ein-Personen-Unternehmen stärken?
Mein Ziel als EPU-Sprecherin ist es, die Kommunikation untereinander zu stärken. Mit rund 14.500 Ein-Personen-Unternehmen in Vorarlberg, verteilt auf nahezu alle Branchen, können wir viel voneinander lernen und gemeinsam erreichen. Zudem möchte ich aufzeigen, wie die Mitglieder die Angebote der Wirtschaftskammer nutzen können, um Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
EPU brauchen Sicherheit – etwa im Krankheitsfall oder bei einem Betriebsausfall, da ihre Einkommensquelle oft direkt an ihre Arbeitsfähigkeit gekoppelt ist. Hier ist es wichtig, Risikovorsorge zu treffen. Die gesetzliche Sozialversicherung der SVS deckt in der Kranken- und Unfallversicherung bereits vieles ab. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sich bei der SVS höher zu versichern bzw. eine Krankenzusatzversicherung abzuschließen. Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung halte ich für unverzichtbar, um vor Einkommensausfällen zu schützen. Ebenso die Bildung von Rücklagen, sobald die Geschäftsentwicklung dies erlaubt. Wichtig ist auch, darüber nachzudenken, wer mich im Notfall vertreten könnte.
Die wirtschaftliche Lage in Vorarlberg wurde in den vergangenen Jahren von verschiedenen Herausforderungen geprägt – sei es durch die Pandemie, die steigenden Energiekosten oder die Inflation. Wie schätzen Sie die Situation der EPU in Vorarlberg ein und welche konkreten Lösungen fordern Sie?
Die unsichere Auftragslage ist derzeit eine große Herausforderung. Viele Kundinnen und Kunden investieren nur noch das Nötigste und kürzen Budgets für Anschaffungen und Weiterbildungen. Auch Konsumentinnen und Konsumenten schnallen den Gürtel enger und geben teilweise weniger für Dienstleistungen und Einkäufe aus. Das trifft EPU besonders, die sich auf diese Dienstleistungen spezialisiert haben.
Was heißt das konkret?
Nach dem Prinzip „Fahren auf Sicht“ bedeutet das für EPU, rechtzeitig Maßnahmen bei drohendem Umsatzrückgang zu ergreifen – sei es durch mögliche Kosteneinsparungen, eine Adaptierung des Geschäftsmodells oder die Bildung von Rücklagen. Kommt das Ein-Personen-Unternehmen dennoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten, ist der Kontakt mit Finanzamt und Sozialversicherung dabei essenziell. Es ist entscheidend, sich zu informieren und rechtzeitig Beratung in Anspruch zu nehmen bzw. über die Möglichkeit von Ratenzahlungen oder Stundungen zu verhandeln.
Ein positives Beispiel ist mein Erlebnis mit der ÖBB-Hotline nach dem Hochwasser in Niederösterreich. Trotz überlasteter Leitungen wurde mir ein Rückruftermin genannt und ich konnte alle notwendigen Informationen vorbereiten. Der Rückruf erfolgte pünktlich, das Anliegen war in wenigen Minuten geklärt, und kurz darauf hatte ich mein Geld zurück. Solche effektiven Service-Hotlines sollten als Standard etabliert werden, nicht nur in Krisensituationen. Sie könnten Behördengänge deutlich vereinfachen und beschleunigen.
Welche Themen und Anliegen beschäftigen Vorarlberger Ein-Personen-Unternehmen derzeit besonders?
Die EPU in Vorarlberg bilden eine vielfältige Mischung aus allen Branchen, mit einem Frauenanteil von rund 55 Prozent. Wie fast alle anderen Unternehmen auch, spüren Vorarlbergs Ein-Personen-Unternehmen die schwierige Konjunktur. Auf der einen Seite sind die Kosten weiterhin hoch, die Kundinnen und Kunden aber merklich zurückhaltend.
Ein-Personen-Unternehmen sind meist flexibel und lösungsorientiert, können aber nicht alles allein bewältigen. Der regelmäßige Austausch und eine gute Vernetzung sind entscheidend, um notwendige Verbesserungen und Wünsche zu besprechen. Mein Ziel ist es, möglichst viele EPU zu erreichen und sie zur aktiven Teilnahme an unseren Veranstaltungen und Serviceangeboten zu motivieren.
Welche bürokratischen Hürden gibt es für EPU in Vorarlberg und was muss auf Landesebene getan werden, um diese zu verringern?
Wie bereits erwähnt. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die bereits bestehenden Unterstützungen und Förderungen einfacher genutzt werden können. Maßnahmen sind vor allem dann sinnvoll, wenn sie unmittelbar wirken. Im Bereich der Bundesgesetzgebung würden umfassendere steuerliche Pauschalierungen anstelle von aufwändigen Gewinnermittlungspflichten EPU dabei helfen, sich noch stärker auf ihre Kund:innen anstatt auf Bürokratie zu konzentrieren. Auf Landesebene würde ich mir wünschen, dass Ausschreibungen für Aufträge von Land oder Kommunen so gestaltet sind, dass auch EPU faire Chancen haben.
Stichwort: faire Chance - dabei spielt die Digitalisierung auch eine bedeutende Rolle. Wie können EPU von der Digitalisierung profitieren?
Technologien, die Arbeitsabläufe vereinfachen, erleichtern den Alltag enorm. Eine Software ist aber nur so gut, wie sie genutzt wird. Seit meine Kundinnen und Kunden Termine online reservieren können, habe ich deutlich mehr Buchungen – früher waren mehrere Mails oder Telefonate nötig. Gleichzeitig habe ich festgestellt, dass nicht jede Aktivität sinnvoll ist. Nach einer Analyse habe ich meine Aktivitäten in den sozialen Medien reduziert und setze stärker auf mein persönliches Netzwerk und Live-Veranstaltungen, da diese effektiver sind. Digitalisierung erleichtert den Berufsalltag und senkt Kosten, wenn sie effizient eingesetzt wird. In Vorarlberg gibt es Experten, deren Wissen wir besser nutzen sollten, um nachhaltiger zu wirtschaften und wettbewerbsfähiger zu werden.
Ein-Personen-Unternehmerinnen und -Unternehmer arbeiten meist dort, wo sie auch wohnen. Besonders die Regionalität und die damit verbundene Nähe zu den Kund:innen ist eine Stärke von EPU. Um arbeiten zu können, braucht es eine gute Infrastruktur – vor allem in Bezug auf die Internetqualität. Sie brauchen daher in allen Regionen des Landes schnelle und stabile Internetverbindungen – gerade auch in abgelegeneren Gegenden.
Als EPU-Sprecherin sind Sie nun die Stimme vieler kleiner Unternehmen in Vorarlberg. Wie wollen Sie die Wertschätzung für EPU steigern?
Für mich ist Kommunikation der Schlüssel. Gemeinsam mit meiner Kollegin Susanna Troy, EPU-Referentin der Wirtschaftskammer, entwickeln wir neue Formate, die EPU vernetzen und Zugang zu wichtigen Informationen bieten. Im nächsten Schritt laden wir weitere Selbstständige ein, sich aktiv einzubringen und als Botschafter:innen mitzuwirken. Es ist wie bei einer LED-Leuchte: Viele kleine Lichtpunkte zusammen erzeugen eine beeindruckende Strahlkraft. Gemeinsam können wir die Sichtbarkeit und Wertschätzung für Ein-Personen-Unternehmen in Vorarlberg stärken, indem wir unsere Stimmen vereinen und als starke Gemeinschaft auftreten. So wird die Vielfalt und die Leistungsfähigkeit unserer 14.500 Ein-Personen-Unternehmen sichtbar, wertgeschätzt und anerkannt.
Vielen Dank für das Gespräch!