„Mehr Miteinander statt Gegeneinander, das wünsche ich mir!“
WKV-Präsident Kommerzialrat Wilfried Hopfner übergibt mit 1. Jänner 2025 sein Amt an Kommerzialrat Karlheinz Kopf. Im „diwi“-Gespräch spricht er über die vergangenen drei Präsidentenjahre, aktuelle Herausforderungen und Wünsche für die Zukunft.
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Herr Präsident Hopfner, Sie übergeben nach knapp drei Jahren Ihr Amt. Wie geht es Ihnen damit?
Es geht mir gut. Ich habe mir das lange und gut überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es jetzt Zeit ist, zu übergeben. Damals habe ich zur Funktion in der Wirtschaftskammer ja gesagt, weil ich das Team, das hier arbeitet, sehr schätzte und dies nach wie vor tue. Dieses Ja habe ich daher nie bereut.
Sie haben die Wirtschaftskammer 2022 in einer nicht einfachen Phase übernommen.
Ja, weniger wirtschaftlich, mehr politisch bezogen. Aber ich denke, es ist uns gelungen, Klarheit zu schaffenund unsere Arbeit ganz konsequent als Interessensvertretung voranzubringen. Dabei galt es Themen und Projekte in allen Sparten/Fachgruppen zu unterstützen, die Auswirkungen der Energiekrise z.B. durch die Organisation der Energiekostenzuschüsse und die Kooperation mit dem Landesenergieversorger illwerke/vkw zu mildern und neben anderen Projekten beispielhaft die Start-up-Szene in Vorarlberg gemeinsam mit WISTO und FHV „neu aufzustellen“.
Nun hat sich sie wirtschaftliche Situation in den vergangenen Monaten deutlich verschärft.
Die internationale Nachfrage, das Schwächeln der deutschen Wirtschaft und die generelle geopolitische Situation stellt gerade unsere Industrie vor größte Herausforderungen. Aber es gibt auch hausgemachte Probleme wie das Budgetloch, die Bürokratie oder die erdrückende Steuerlast.
Dennoch sind Sie optimistisch?
Ja. Weil unsere Unternehmen immer wieder mit schwierigen Situationen umgehen mussten und diese auch immer wieder gemeistert haben.
Sie betonen, dass das Geschäftsmodell Europa nicht mehr so funktioniert, wie es funktioniert hat. Warum?
Europa hat nicht besonders viele Rohstoffe. So haben wir in der Vergangenheit von der Internationalisierung und Globalisierung unheimlich profitiert und überall dort eingekauft, wo es am günstigsten war. Europa und insbesondere Österreich und Deutschland konnten mit hervorragender Ingenieurkunst, mit gutem Wissen veredeln und diese Produkte dann wieder in die Welt exportieren. Das war das wirtschaftliche Erfolgsmodell Europas.
Ihr Credo ist und war es immer, Ökologie und Ökonomie unter einen Hut zu bringen.
Definitiv, aber wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass es eine funktionierende Wirtschaft braucht, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen. Sie schafft nämlich die Arbeitsplätze für die Menschen. Beide – Unternehmen und Mitarbeitende – ermöglichen übrigens mit den Steuerleistungen die Aufrechterhaltung des Sozialstaats. Und gleichzeitig investieren viele unserer Unternehmungen auch in nachhaltige Entwicklungen und die Ökologisierung.
Wie können wir den Wohlstand sichern?
Mich beschäftigt das tatsächlich sehr stark. Es wird nicht funktionieren, wenn es immer mehr Menschen gibt, die weniger arbeiten wollen. Da braucht es steuer- und sozialversicherungsrechtliche Anpassungen, dass Leistung attraktiv ist. Wenn nämlich immer weniger Menschen – auch demografisch bedingt – arbeiten, dann lassen sich die sozialstaatlichen Errungenschaften nicht aufrechterhalten
Sie sagen auch stets: Der Wohlstand ist nicht gekommen, um zu bleiben.
Wohlstand muss man sich ständig mit Leistung erarbeiten. Allein aufgrund der demografischen Entwicklung ist es ein Fakt, dass die immer kleiner werdende Gruppe der Erwerbstätigen nicht in der Lage sein wird, die immer größer werdende Gruppe der Pensionisten und die Gott sei Dank auch wachsende Gruppe der Kinder und Jugendlichen zu finanzieren. Ich wundere mich sehr, dass die Politik das eigentlich immer vor sich herschiebt; da braucht es jetzt klare Ansagen und Entscheidungen, auch z.B. in Richtung Pensionsantrittsalter.
Blicken wir auf die Wirtschaftskammer. Was hat sich im Haus getan?
Wir haben intensiv in einem Musterbrecher-Prozess und im Rahmen der Führungskräfte mit dem Ansatz der Positiven Psychologie an unserer Unternehmenskultur gearbeitet. Da gilt es jetzt, genauso wie in allen anderen Themen, konsequent dranzubleiben. Zudem konnten wir die Serviceleistungen, die immer schon ein sehr hohes Niveau hatten, konsequent weiterentwickeln. Etwa im Bereich der Start-ups, aber auch bei Themen wie Digitalisierung und KI.
Wenn Sie die Arbeit in den vergangenen knapp drei Jahren Revue passieren lassen. Was waren für Sie Highlights, die das Arbeiten auch entsprechend spannend und interessant gemacht haben?
Das waren zum einen die vielen Kontakte mit den Unternehmerinnen und Unternehmern in Form von Betriebsbesuchen, bei Veranstaltungen, aber auch die vielen Gespräche mit unterschiedlichen Sparten. Wir konnten für viele Themenstellungen Lösungen diskutieren und finden. Mir war es immer wichtig, Brücken zu bauen. Und das gilt es auch in der Zukunft fortzusetzen. Ich denke, wir sind dann ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort, wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten.
Ein gemeinsames Projekt der Wirtschaftskammer ist die wirtschaftspolitische Agenda…
Ja, über die bin ich sehr glücklich, weil sie zum einen die Leitplanken für unsere Arbeit festlegt und zum anderen klare Akzente in Richtung Politik setzt. Nicht umsonst fand sie auch zu weiten Teilen Eingang ins Programm der Landesregierung.
Die Herausforderungen werden nicht weniger, im Gegenteil. Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Mit Karlheinz Kopf wurde ein Vollprofi mit enormer Erfahrung und einem großen Netzwerk für diese Funktion gefunden. Darüber bin ich sehr froh. Es gilt jetzt, die Themenstellungen der Wirtschaft zu erkennen, sie in die politische Arbeit einzubringen und dann Lösungen zu präsentieren. Das ist eine Arbeit, die gemeinsam mit dem sehr engagierten Team im Haus passieren wird müssen. Dafür wünsche ich ihm alles Gute.
Jetzt geht Wilfried Hopfner ein zweites Mal in den Ruhestand. Was macht ein Wilfried Hopfner künftig?
Ich habe fast 50 Jahre immer zuerst auf die anderen, auf das Wohlergehen des Unternehmens geachtet. Ehrlich gesagt, freue ich mich daher jetzt darauf, etwas leiser zu treten und mehr auf meine Familie und auf mich zu schauen und neues zuzulassen.
Gibt es einen speziellen Wunsch zum Abschluss?
Ja, dass die Diskussionskultur generell und in der Politik, aber auch im Umgang untereinander, wieder etwas entkrampfter wird. Und wir sollten wieder mehr füreinander agieren und nicht nur auf das eigene Wohlergehen schauen. Wünschenswert wäre mehr Miteinander und Füreinander statt Gegeneinander. Aus wirtschaftlicher Sicht wünsche ich mir, dass die Menschen erkennen, wie attraktiv und sinnstiftend arbeiten sein kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Herbert Motter.