„Der CO2-Fußabdruck der Skigebiete ist erstaunlich gering“
Die technische Beschneiung wird immer wieder kontrovers diskutiert. Umso wichtiger ist es, das Thema aus einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten. Günther Aigner, Forscher und Berater zum Thema „Zukunft des Skisports“ stand nach der Pressekonferenz der Fachgruppe Seilbahnen für Fragen über das Thema Schneesicherheit hinaus zur Verfügung.
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Ich steige gleich direkt in das Thema Zukunft des Skisports in Zeiten des Klimawandels ein. Wie sehen Sie die langfristigen Perspektiven für den Skisport angesichts des Klimawandels und der sich verändernden Schneesicherheit?
Für die Beantwortung dieser Frage dienen die offiziellen österreichische Klimaszenarien ÖKS15 – das ist der aktuelle Stand der Wissenschaft. Bis 2050 wird darin eine weitere Erwärmung der Winter um 1,4 °C erwartet, und zwar im „Worst Case“-Szenario. Das entspricht einem Anstieg der Schneegrenze bzw. Nullgradgrenze vom aktuellen Niveau bis zum Jahr 2050 um gut 200 Meter. Der Innsbrucker Tourismusforscher Robert Steiger hat berechnet, dass dann immer noch gut 80 Prozent der heute bestehenden österreichischen Skigebiete schneesicher sein werden – in Kombination mit der technischen Beschneiung.
Welche Rolle spielen technologische Entwicklungen wie technische Beschneiung oder Schneemanagementsysteme für die Zukunft des Skisports?
Die technische Beschneiung wird immer wichtiger. Das hat genau drei Gründe: Erstens steigen die Erwartungen der Skifahrer an die Pistenqualität immer weiter an. Zweitens schreitet der Klimawandel voran. Und drittens war und ist Frau Holle seit jeher unzuverlässig: So können die Einschneizeitpunkte in unseren Bergen um mehr als drei Monate variieren. Für die moderne Pistenpräparierung braucht man bedeutend mehr Schnee als früher, und es ist auch wichtig, wo sich dieses „Mehr“ an Schnee befindet. Dazu dienen die Schneemanagementsysteme, welche inzwischen in den Pistenraupen integriert sind.
Kann denn der Skisport nachhaltiger gestaltet werden, ohne dass die wirtschaftliche Bedeutung für viele Regionen verloren geht?
Innerhalb der Skigebiete sind die Fortschritte schon groß. Praktisch alle österreichischen Skigebiete haben Verträge über den Bezug von Strom aus erneuerbaren Quellen abgeschlossen. Darum ist der Betrieb von Seilbahnen, Liften und Beschneiungssystemen viel sauberer als von der Öffentlichkeit angenommen. Der CO2-Fußabdruck der Skigebiete ist erstaunlich gering. Was die Bilanz noch trübt, ist der Diesel für die Pistenraupen, der schon in vielen Skigebieten durch den pflanzenbasierten Kraftstoff HVO ersetzt wurde. Auch die Maßnahmen zur Erhöhung der Vielfalt an Flora und Fauna auf den Pistenflächen sind in Österreich vorbildlich, wie auch die Bemühungen um Renaturierungen von Wunden in der Vegetation aus vergangenen Jahrzehnten. Außerhalb des Skigebietes aber lauert die Hauptaufgabe für die Nachhaltigkeit: Mindestens Zweidrittel des CO2-Fußabdrucks eines Skiurlaubes resultiert aus der An- und Abreise der Gäste. Hier gilt es, das Angebot der „Öffis“ zu verbessern und die Skifahrer vom Umstieg auf diese Angebote zu überzeugen.
Der Skisport steht vor der Herausforderung, sich inmitten gesellschaftlicher Trends und einer Vielzahl konkurrierender Freizeitaktivitäten zu behaupten. Um für jüngere Generationen attraktiv zu bleiben, sind innovative Ansätze und Anpassungen erforderlich.
Das ist ein guter Input, und ich kann es gleichzeitig nicht beantworten. Denn niemand weiß im Detail, wie sich das Freizeitverhalten der Jugend in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verändern wird. Was wir wissen, ist, dass das Skifahren in den Alpen seit mehr als 120 Jahren eine zeitlose Faszination ausübt. Was als „weißer Rausch“ begann, findet bis heute seine Fortsetzung, beispielsweise in den beiden Haupttrends seit der Jahrtausendwende: Freeriding und Skitouren.
Was ist Ihre persönliche Vision für die Zukunft des Skisports in den nächsten 20 Jahren, und welche Rolle möchten Sie mit Ihrem Unternehmen dabei spielen?
Die Gesellschaft fordert, dass das Skifahren in Zukunft noch besser ökologisch vertretbar sein wird. Hier sehe ich zwei Aufgaben für mich:
Einerseits ist das Skifahren gar nicht so unökologisch wie vielfach gedacht. Ich bemühe mich, mit Daten und Fakten aufzuklären. Und andererseits versuche ich die Skigebiete zu Verbesserungen zu motivieren. Ich sehe eine gute Zukunft für das Skifahren. Ein paar Hindernisse gilt es aber zu umschiffen. In diesem Bereich stehe ich als ein Lotse zur Verfügung. Ich persönlich hoffe, dass ich mein Lieblingshobby, das Skitourengehen, noch lange ausüben kann, und dass es auch in Zukunft noch Pulverschnee auf den Bergen geben wird.
Sie haben in Ihrem Vortrag Gründe für Optimismus angeführt, welche hier teilweise schon angerissen wurden. Wollen Sie uns noch einen weiteren Grund verraten?
Sehr gerne. Ich finde es faszinierend, dass die weltweite Anzahl der Skifahrer seit vielen Jahren ansteigend ist. Das liegt zwar nicht unbedingt an einem Boom in Europa, sondern vor allem am Wachstum in Asien und im speziellen in China. Und trotzdem finde ich es bemerkenswert: Aktuell gibt es weltweit 150 Millionen Skifahrerinnen und Skifahrer – mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Die Skifahrer:innen sterben also nicht aus!
„Im Jahr 2050 werden – mit den heutigen Möglichkeiten der technischen Beschneiung – immer noch 80 Prozent (!) der heute bestehenden österreichischen Skigebiete schneesicher sein.“ Günther Aigner, Beratung Zukunft Skisport
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Daniela Vonbun-Häusle