Versicherungsagenten, Fachgruppe

Am 10. März ist es soweit! Ab dann bestehen neue Transparenz- und Offenlegungspflichten für Versicherungsagenten

Ziel ist es, dass mehr Kapital in nachhaltige Investitionen fließt

Lesedauer: 7 Minuten

13.09.2024

Hintergrund:

Die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (kurz: „Offenlegungs-Verordnung“) der Europäischen Union ist spätestens ab dem 10. März 2021 anzuwenden.

Ziel der Offenlegungs-Verordnung der EU ist es, dass mehr Kapital in nachhaltige Investitionen fließt, ein nachhaltiges und integratives Wachstum erreicht wird und finanzielle Risiken, die sich aus Klimawandel, Ressourcenknappheit, Umweltzerstörung und sozialen Problemen ergeben, bewältigt werden.

Nachhaltige Investitionen sollen den Übergang der EU-Wirtschaft zu einer umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Kreislaufwirtschaft unterstützen. 

Mit Sustainable Finance schafft die Europäische Kommission einen rechtlichen Rahmen, der die sogenannten „ESG“-Faktoren in den Mittelpunkt des Finanzsystems stellt.

  • „E“ steht für Environment: z.B. für Umweltverschmutzung oder -gefährdung, Treibhausgasemissionen oder Energieeffizienzthemen
  • „S“ steht für Social: das beinhaltet Aspekte wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
  • „G“ steht für Governance: darunter wird nachhaltige Unternehmensführung verstanden, z.B. Themen wie Unternehmenswerte oder Steuerungs- und Kontrollprozesse

Nachhaltige Finanzierungen sollen dazu führen, dass alle Finanzmarktteilnehmer- Versicherungsunternehmen und Finanzberater -  ESG-Aspekte in ihre Investitionstätigkeit integrieren. Die neue Offenlegungs-Verordnung gilt damit auch für Versicherungsvermittler. Versicherungsagenten müssen somit beim Beratungsgespräch offenlegen, wie nachhaltig und CO2-intensiv die angebotenen Veranlagungen und Versicherungen sind.

Folgende Verordnungen stehen im engen Zusammenhang zur Offenlegungs-Verordnung:

  • Taxonomie-Verordnung
  • Referenzwerte-Verordnung
  • Änderungen in den Delegierten Verordnungen zu MiFID II und IDD (wurden vom Europäischen Gesetzgeber noch nicht vorgenommen; geplante Änderung Ende 2021 und in Kraft treten im 2.Quartal 2021).

Was die neue Verordnung bedeutet und wie Sie sich darauf vorbereiten können:

Betroffen sind u.a. Versicherungsvermittler- daher auch die Versicherungsagenten,

  • die Versicherungsanlageprodukte vermitteln und
  • mehr als 2 Personen beschäftigen (Im Gremium der Versicherungsagenten haben rund 96% Prozent der Mitglieder weniger als 3 Beschäftigten).

Hinweis: Die Offenlegungs-Verordnung spricht von „employed“. Weder die Erläuterung noch die Verordnung enthalten zum Ausdruck „employed“ eine klare Definition. Nach Interpretation des Gremiums wird die Mitarbeiteranzahl in Jahresarbeitseinheiten gezählt d.h. der Zahl der Personen, die in dem betroffenen Unternehmen oder auf Rechnung dieses Unternehmens während des gesamten Berichtsjahres einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind. Für die Arbeit von Personen, die nicht das ganze Jahr gearbeitet haben oder die im Rahmen einer Teilzeitregelung tätig waren, und für Saisonarbeit wird der jeweilige Bruchteil an Jahresarbeitseinheiten gezählt.

Da die Offenlegungs-Verordnung von „employed“ spricht, ist ebenfalls davon auszugehen, dass nur angestellte Personen und keine selbstständigen (Sub-) Vermittler in die Beschäftigtenzahl einzurechnen sind.

Eine finale Klärung seitens des Gesetzgebers/der FMA steht dazu noch aus. 

Berater mit weniger als drei Mitarbeitern sind zwar nicht verpflichtet, Informationen gemäß dieser Verordnung auf ihrer Webseite zur Verfügung zu stellen. Sie müssen aber in ihrem Beratungsprozess die Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen und einbeziehen.   

Als Versicherungsanlageprodukt oder IBIP gilt ein Versicherungsprodukt (gemäß Artikel 3.2.), das einen

  • Fälligkeitswert oder einen Rückkaufwert bietet, der vollständig oder teilweise direkt oder indirekt Marktschwankungen ausgesetzt ist, (siehe dazu auch VO (EU) Nr. 1286/2014 des EP und des Rates vom 26. November 2014 über Basis-informationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte)
  • oder ein für einen professionellen Anleger bereitgestelltes Versicherungsprodukt, das einen Fälligkeitswert oder einen Rückkaufwert bietet, der vollständig oder teilweise direkt oder indirekt Marktschwankungen ausgesetzt sind.

Die Regelungen der Offenlegungs-Verordnung werden darüber hinaus voraussichtlich im Rahmen der Beratung gelten über:

  • Altersvorsorgeprodukte
  • einen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) sowie
  • PEPP

Die Verordnung regelt, dass Sie und wie Sie Ihren Kunden gegenüber transparent sein müssen:

  • bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken
  • bei der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen
  • bei der Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten.

Die Offenlegungspflichten sind über mehrere Ebenen umzusetzen:

  • über Interne Maßnahmen
  • über vorvertragliche Informationspflichten
  • über weitere Pflichten 

Darunter versteht man Ereignisse oder Bedingungen, deren Eintreten tatsächlich oder möglicherweise im Bereich Umwelt oder in sozialer Hinsicht wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert von Vermögenswerten bzw. auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Reputation eines Unternehmens haben könnten.

In der Praxis sind das

  • physische Risiken wie zum Beispiel Extremwetterereignisse oder die langfristige Veränderung klimatischer oder ökologischer Bedingungen,
  • sogenannte „Transitionsrisiken“ bei der Umstellung auf CO2-armes Wirtschaften, das zu höheren Kosten führen kann un
  • drittens „Reputationsrisiken“ aus (image)schädigendem Verhalten.

Dabei müssen die Nachhaltigkeitsrisiken aber nicht als „neue“ Risikokategorie behandelt werden; sie sind nur in schon „bekannte“ Risikoarten einzugliedern.

Bei Investitionsentscheidungsprozessen, Anlageberatungs- oder- Versicherungsberatungstätigkeiten:

  • Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen zu Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisken -Artikel 3.

Bei der Beratung

  • Informationen, ob und wie nachteilige Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Beratung berücksichtig sind -Artikel 4.

Eigene Vergütungspolitik

  • Angaben, inwiefern die eigene Vergütungspolitik mit der Einbeziehung von
    Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht -Artikel 5.

Achtung: Alle diese Informationen sind auf der eigenen Website zu veröffentlichen!

Tipp: Erstellen Sie eine eigene umfassende Nachhaltigkeitsstrategie für Ihr Unternehmen. Damit können Sie die Pflicht zur Veröffentlichung Ihrer Strategie zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungsprozessen und Beratungstätigkeiten erfüllen.  

Die vorvertraglichen Informationen haben folgende Erläuterungen zu enthalten -Artikel 6:

  • die Art und Weise, wie Nachhaltigkeitsrisiken bei Anlage- oder Versicherungsberatung einbezogen werden.
  • das Ergebnis der zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite der Finanzprodukte, die Gegenstand der Beratung sind.
  • klare und knappe Begründung, wenn Nachhaltigkeitsrisiken als irrelevant erachtet werden.    

Werden bei einem Finanzprodukt unter anderem ökologische und/oder soziale Merkmale beworben

  • so müssen die vorvertraglichen Informationen Angaben offenlegen, wie diese Merkmale erfüllt werden; und wenn ein Index als Referenzwert bestimmt ist, Angaben dazu, ob und wie dieser Index mit diesen Merkmalen vereinbar ist -Artikel 8.

Wird mit einem Finanzprodukt eine nachhaltige Investition oder eine CO2-Reduktion angestrebt und ist kein Index als Referenzwert bestimmt

  • so müssen die offenzulegenden Informationen Erläuterungen enthalten, wie das angestrebte Ziel zu erreichen ist - Artikel 9.

Tipp: Wenden Sie sich an Ihr Versicherungshaus, dem Produktehersteller und holen Sie sich Informationen über die Produkte, die Sie vermitteln. Versicherer müssen nämlich für jedes Finanzprodukt gemäß Artikel 8 und 9 (also „grüne Produkte“) auf der Internetseite zusätzlich zu den für Vermittler bestsehenden Informationsverpflichtungen – noch eine Beschreibung des nachhaltigen Investitionsziels, der Methoden zur Bewertung und Messung sowie Datenquellen angeben. Diese Angaben müssen klar und verständlich und möglichst knapp gefasst sein. 

Aktuelle und verständliche Informationen auf der Website

  • Für jedes Finanzprodukt (gemäß Artikel 8 bzw. 9) müssen gemäß Artikel 10 vollständige Informationen angeboten und aktuell gehalten werden: Beschreibung des nachhaltigen Investitionsziels, der Methoden zur Bewertung und Messung, Datenquellen
  • Die Informationen müssen klar und verständlich, nicht irreführend formuliert und an leicht zugänglicher Stelle auf der Website platziert sein.

Eigene Marketingmitteilungen

  • Diese dürfen nicht im Widerspruch zu den verordnungsgemäß zu veröffentlichenden Informationen stehen - Artikel 13. 

Fangen Sie jetzt schon an und beschäftigen Sie sich mit der Umsetzung.

Überlegen Sie sich selbst eine Nachhaltigkeitsstrategie für das eigene Unternehmen.

Informieren Sie sich rechtzeitig über die Produkte, die Sie auf dessen Basis anbieten bzw. beraten und wie Sie Ihre Kunden darüber künftig informieren wollen.

Wenden Sie sich an Ihr Versicherungshaus bezüglich der erforderlichen Informationen.

Rechnen Sie damit, dass die Zusammenarbeit und Kommunikation mit ihren Produktgebern bzw. Geschäftspartnern intensiver und mit ihren Kunden beratungsintensiver werden, hinsichtlich Nachhaltigkeitsrisiken und deren Auswirkungen.