Ukraine Führerscheine und Fahrerqualifizierungsnachweise
Verordnung (EU) 2022/1280
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Am 22.7.2022 wurde die Verordnung (EU) 2022/1280 vom 18. Juli 2022 zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen in Anbetracht der russischen Invasion in der Ukraine in Bezug auf ukrainische Fahrerdokumente im Amtsblatt der EU kundgemacht.
1 Führerscheine (Art 3)
Mit der Verordnung wird ein gemeinsamer Unionsrahmen für die Anerkennung von Führerscheinen geschaffen, die von der Ukraine ausgestellt wurden und im Besitz von Personen sind, denen nach nationalem Recht vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz gewährt wird.
Um die Belastung solcher Personen und der Behörden der Mitgliedstaaten zu verringern, werden Führerscheine, die die Ukraine diesen Personen ordnungsgemäß ausgestellt hat, für die Dauer ihres vorübergehenden Schutzes anerkannt, ohne dass die Inhaber sie umtauschen müssen. Die Mitgliedstaaten können weder die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung noch eines internationalen Führerscheins nach Artikel 41 Absatz 2 des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr verlangen. Die Mitgliedstaaten können jedoch die Vorlage eines Reisepasses, einer Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt oder eines anderen entsprechenden Dokuments verlangen, um die Identität des Inhabers des Führerscheins zu überprüfen.
Bei Verlust oder Diebstahl des Führerscheins können die EU-Staaten einen neuen EU-Führerschein ausstellen, wenn sie bei den ukrainischen Behörden nachprüfen, ob die betreffende Person in ihrem Land einen gültigen Führerschein besaß und diese Person eine Bescheinigung über ihre körperliche und geistige Eignung vorlegt.
2 Fahrerqualifizierungsnachweise und Fahrerbescheinigungen (Art 4)
Die VO gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit,
- einen Fahrerqualifizierungsnachweis gemäß der Richtlinie 2003/59/EG auszustellen oder
- Personen, denen vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird und die Inhaber eines von der Ukraine gemäß den nationalen Rechtsvorschriften der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises sind, auf dem entsprechenden Führerschein den besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ zu vermerken, um ihnen vorübergehend ähnliche Rechte zu verleihen wie Personen, die zum Führen von Fahrzeugen gemäß Artikel 1 der Richtlinie 2003/59/EG qualifiziert sind.
Abweichend von Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 2003/59/EG ist es einem Kraftfahrer, der vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießt und Inhaber eines von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises zur Güterbeförderung ist, außerdem gestattet, den Nachweis über die in Absatz 4 dieses Artikels genannte Qualifikation und Ausbildung durch die in der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehene Fahrerbescheinigung zu erbringen, sofern auf dieser Bescheinigung der Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ vermerkt ist.
Für die Zwecke dieser Verordnung vermerkt der ausstellende Mitgliedstaat den Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ im für Bemerkungen vorgesehenen Feld auf der Fahrerbescheinigung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009, wenn der betreffende Inhaber die Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen und die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit nach diesem Artikel erfüllt hat.
Im Falle einer Erklärung über den Verlust oder den Diebstahl eines von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises prüfen die Mitgliedstaaten bei den zuständigen Behörden der Ukraine, ob die betreffende Person im Besitz eines von der Ukraine ausgestellten gültigen Befähigungsnachweises ist. Als ergänzende Maßnahme kann der besondere befristete Unionscode auch auf der dem Fahrer ausgestellten Fahrerbescheinigung vermerkt werden.
Vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des besonderen befristeten Unionscodes „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ auf dem Führerschein oder auf der Fahrerbescheinigung verlangen die Mitgliedstaaten von dem Inhaber des von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises eine mit einer Prüfung abgeschlossene ergänzende obligatorische Ausbildung, um zu überprüfen, ob der Fahrer über den in Anhang I Abschnitt 1 der Richtlinie 2003/59/EG geforderten Kenntnisstand verfügt.
Die Dauer der ergänzenden obligatorischen Ausbildung beträgt mindestens 35 Stunden und darf 60 Stunden nicht überschreiten, einschließlich mindestens 2,5 Stunden, in denen gemäß Anhang I Abschnitt 2 Nummer 2.1 der Richtlinie 2003/59/EG persönlich ein Fahrzeug geführt wird. Eine solche Ausbildung kann in Form einer obligatorischen Weiterbildung gemäß Anhang I Abschnitt 4 der Richtlinie 2003/59/EG erfolgen. Der Schwerpunkt soll auf der Kenntnis der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 liegen.
Nach Abschluss dieser Ausbildung wird der Kraftfahrer von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder der von ihnen benannten Stelle einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung unterzogen oder legt in einem dafür festgelegten Testzentrum einen Computertest ab.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des Vermerks im Führerschein die dazu erlassenen nationalen Vorschriften mit.
Wenn eine Person nicht im Besitz eines von einem Mitgliedstaat nach dem Unionsmuster ausgestellten Führerscheins ist, schreiben die Mitgliedstaaten eine Untersuchung vor, bei der Mindeststandards der körperlichen und geistigen Eignung für das Führen eines Fahrzeugs im Einklang mit den zur Umsetzung von Anhang III der Richtlinie 2006/126/EG erlassenen nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden, vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweis oder vor der Eintragung des besonderen befristeten Unionscodes gemäß dieses Artikels.
Zur Verlängerung der Gültigkeit von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumente, die abgelaufen sind, siehe Art 5, zur von der Ukraine ausgestellte verlorene oder gestohlene Führerscheine siehe Art 6.
Diese Verordnung tritt mit 27. Juli 2022 in Kraft.
Die Geltung dieser Verordnung endet an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die in Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG genannte Dauer des vorübergehenden Schutzes von Vertriebenen aus der Ukraine gemäß Artikel 6 der genannten Richtlinie endet.