WK-Bezirksstellenleiter Wolfgang Winkler, WK-Bezirksausschussmitglied Reinhard Schretter, WK-Direktorin Evelyn Geiger-Anker, WK-Präsidentin Barbara Thaler, Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann, Bezirkshauptfrau Katharina Rumpf, WK-Bezirksobmann Christian Strigl und Landesrat Mario Gerber (v.l.) stoßen mit Sektflöten beim NJE der WK-Bezirksstelle Reutte auf ein erfolgreiches Jahr 2024 an.
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Neujahrsempfang der WK Reutte

2024: In schwierigem Umfeld jede Chance nutzen

Lesedauer: 5 Minuten

25.01.2024

Die Ausgangslage für die Tiroler Wirtschaft zu Beginn des neuen Jahres ist herausfordernd. Der Arbeitskräftemangel ist für viele Betriebe nach wie vor ein Problem, die Energiepreise und die Inflationsrate verursachen hohe Kosten, und die Kaufkraft ist gedämpft. Der Tourismus stellt eine wertvolle Stütze für den Standort Tirol dar. Die Verkehrswirtschaft und der Handel, vor allem aber die Industrie, befinden sich stark unter Druck. „Es sieht also auf den ersten Blick relativ durchwachsen aus“, betont Wirtschaftskammer-Präsidentin Barbara Thaler, „auf den zweiten Blick zeigen sich jedoch auch Lichtblicke und Chancen.“

Dazu gehört die breite Struktur unseres Wirtschaftsstandortes. Tirol hat mit seinem einzigartigen Mix aus Dienstleistern und Produktionsbetrieben, aus kleinen, mittleren und großen Betrieben, aus Spezialisten und Allroundern, die Krisen der letzten Jahre besser überstanden als andere Standorte. „Ich habe in den vergangenen Jahren viele europäische Regionen kennengelernt - wenige sind so breit und stabil aufgestellt. Diese Balance müssen wir uns erhalten“, betont Thaler. Große Möglichkeiten liegen für Thaler in der fortschreitenden Digitalisierung. Eine „Verbesserung von Abläufen“ führe schlichtweg zu Effizienzsteigerungen – das wirkt dem Arbeitskräftemangel entgegen und entlastet damit vor allem auch bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt sind es für Barbara Thaler unternehmerische Antworten, die Zukunftslösungen bringen. „Herausfordernde Zeiten sind Zeiten des Unternehmergeistes. Und dieser ist in jedem Betrieb und in der Wirtschaftskammer Tirol zu Hause“, so Thaler.

Eine der zentralen Aufgaben der Wirtschaftskammer Tirol liegt für die Präsidentin darin, für die heimischen Betriebe geeignete Rahmenbedingungen auf allen Ebenen zu schaffen. Thaler sieht sowohl beim europäischen Lieferkettengesetz als auch bei den Regeln zur Wasserstoffproduktion und zum Import in die EU grobe Mängel, unterstreicht aber durchaus die großen Möglichkeiten Europas, auf der Weltbühne zu punkten. „Wir dürfen uns nicht klein reden, sondern müssen unsere Chancen nutzen“, fordert Thaler.

Dass Interessenvertretung wirkt, hat sich für Thaler deutlich beim Gesetz zur höheren Beruflichen Bildung gezeigt, das nach jahrelanger Überzeugungsarbeit im Dezember beschlossen wurde. Dieses Gesetz gilt als bedeutender Meilenstein für die berufliche Bildung in Österreich. Auch 2024 wird die WK Tirol neben den Bereichen Service und Bildung vor allem auf die Interessen der heimischen Betriebe achten: „Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Tiroler Betriebe das Umfeld vorfinden, um das zu tun, was sie am besten können: Etwas unternehmen“, erklärt Barbara Thaler.

Strategische Weichenstellungen: „Die Karten werden neu gemischt“

Die Wirtschaftskammer Reutte blickt trotz herausfordernder Umstände auf ein Jahr voller Potenzial und Möglichkeiten. „2024 steht im Zeichen des Wandels und der Chancen für die Außerferner Wirtschaft“, so Christian Strigl, Obmann der WK-Bezirksstelle Reutte. In der Tat zeigt sich der Bezirk mit 192 Neugründungen im Jahr 2023 dynamisch und innovationsfreudig. „Im vergangenen Jahr gründeten im Bezirk Reutte so viele Menschen ihr eigenes Unternehmen, wie noch nie zuvor. Dass so viele Außerferner:innen auch in schwierigen Zeiten bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, stimmt zuversichtlich“, gratuliert der Bezirksobmann den Gründer:innen. Dabei zeigt die Gründerstatistik, dass auch das Alter nicht vor Unternehmertum „schützt“. Im Jahr 2023 setzten Unternehmer:innen im Alter von 18 bis 72 Jahren ihre ersten Schritte in die Selbständigkeit. Die meisten Gründungen verteilten sich dabei auf das Gastgewerbe, gefolgt vom Handwerk und dem Handel.

Um die Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft langfristig abzusichern, setzt die Wirtschaftskammer Reutte auch im kommenden Jahr auf Maßnahmen, um den Fachkräftemangel abzufedern. WK-Bezirksobmann Christian Strigl spricht sich daher für mehr steuerbefreite Überstunden sowie steuererleichtertes Arbeiten für Pensionist:innen und eine Erhöhung der Saisonkontingente aus. Um darüber hinaus die Qualität des Lehrangebots im Bezirk hochzuhalten, setzt die WK Reutte auf Informationsveranstaltungen in Form von Lehrlingsmessen und dem jährlich stattfindenden Berufs-Festival. So soll bei der heranwachsenden Generation Bewusstsein für das attraktive Angebot der dualen Ausbildung geschaffen und die Vorteile einer Lehre aufgezeigt werden. „Die Bezirksstelle Reutte arbeitet laufend mit den Unternehmer:innen im Bezirk an Qualitätsverbesserungen der dualen Ausbildung, um das Gesamtpaket Lehre weiter aufzuwerten“, weiß der Bezirksobmann. Auch die Angebote der Elektroakademie am WIFI Reutte, die in den Schulunterricht eingebunden werden können, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels.

Zudem ist es der WK-Bezirksstelle im vergangenen Jahr mit der Umsetzung der HTL Reutte gelungen, ein langjährig verfolgtes Bildungsprojekt zu realisieren. „Eine eigenständige HTL war das fehlende Puzzlestück für unseren Bezirk und ist ein Meilenstein im Kampf gegen den 'Brain-Drain' im Außerfern. Das hilft maßgeblich dabei, der Talentabwanderung entgegenzuwirken“, freut sich der Bezirksobmann.

Anhaltende Verkehrsproblematik

Auch der Verkehr bleibt ein Brennpunktthema für den Bezirk. Schon lange rumort es in der Außerferner Wirtschaft und Bevölkerung angesichts der prekären Verkehrssituation, vor allem am Fernpass. „Unser Bezirk hat sieben ganzjährig befahrbare Übergänge ins benachbarte Allgäu, aber nur einen einzigen ins eigene Land und in Richtung Landeshauptstadt Innsbruck – nämlich den Fernpass. Bereits seit 40 Jahren wird über mögliche Lösungen diskutiert. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, dass sich die Situation im Außerfern verbessert“, so Bezirksobmann Christian Strigl.

In Zusammenarbeit mit den Anrainergemeinden wurden daher Sofortmaßnahmen wie die Aufrechterhaltung der 7,5 Tonnen Beschränkung, Abfahrverbote mit entsprechenden Kontrollen, ein generelles Radfahrverbot sowie die Beseitigung aller Linksabbiegespuren auf der Fernpassstraße und die Installation zusätzlicher Dosierampeln festgelegt. Als weitere Maßnahmen zur Linderung der Verkehrsproblematik fordert die WK Reutte eine Tunnellösung für den Katzenberg, die Auslagerung des Straßenverlaufs von der Umfahrung Heiterwang bis Lermoos sowie den Bau einer Umfahrungslösung der B 187 für das Ehrwalder Becken. Darüber hinaus begrüßt die WK Reutte die seit Jahren geplante Realisierung des Scheiteltunnels am Fernpass.

„Dass diese Maßnahmen Geld kosten, ist allen Beteiligten klar, schließlich reden wir hier über Summen von mehreren hundert Millionen Euro, was bei einem Gesamtbudget des Landes Tirol von 5,64 Milliarden aus dem ordentlichen Haushalt schwer zu finanzieren ist“, geben sich die Verantwortlichen der Wirtschaftskammer Reutte realistisch. Die Bemautung der Fernpassstrecke sei für das Land Tirol daher eine willkommene Einnahmequelle.

„Es kann nicht sein, dass wir nach wie vor die Verkehrsbelastung ertragen müssen und auch noch die Zeche dafür zahlen. Bei einer Bemautung der Fernpassstrecke hätten wir einen wirtschaftlichen Standortnachteil gegenüber Resttirol. Wir sind lösungsorientiert, verschließen uns auch keiner sachlichen Diskussion, drängen aber auf eine sofortige Umsetzung der geforderten Maßnahmen. Es muss endlich etwas weiter gehen“, argumentiert der Bezirksobmann.

Nachhaltige Entwicklung des Sommer- wie des Wintertourismus

Währenddessen bleibt der Tourismus im Sommer und im Winter ein wesentlicher Motor der regionalen Wirtschaft. „Mit insgesamt 3.791.968 Übernachtungen im Bezirk blicken wir auf ein starkes Tourismusjahr 2022/23 zurück“, berichtet Christian Strigl. „Die intakte Umwelt und Natur unseres Bezirks bilden dabei die Basis für diesen Wirtschaftszweig. Aber auch für unsere Bevölkerung muss dieser Naherholungsraum offen und erlebbar bleiben“, so der WK-Bezirksobmann weiter. Um neben der touristischen Wertschöpfung weitere Mehrwerte für die heimische Bevölkerung zu erzielen, spricht sich die WK Reutte darum für den Erhalt kleinerer Skigebiete zugunsten der Bevölkerung sowie des lokalen Skinachwuchses aus und befürwortet attraktive Initiativen und Angebote für Einheimische als auch für Gäste, wie das Lichtkunstfestival „Lumagica“ an der Burgruine Ehrenberg oder das Event „Reutte on Ice“ in der Bezirkshauptstadt.

Um auch die heimische Wirtschaft im anlaufenden Jahr weiterhin zu begleiten und optimal zu unterstützen, steht die Wirtschaftskammer Reutte den Unternehmen im Bezirk zudem mit einer Vielzahl an Sprechtagen und Services mit Rat und Tat zur Seite. „Mit einem optimistischen Blick auf die Zukunft und einer starken Gemeinschaft sind wir bereit, die Herausforderungen und Chancen des neuen Jahres anzunehmen“, so WK-Bezirksobmann Strigl abschließend.

Fotogalerie: NJE der WK Reutte 2024