EU-Lebensmittelinformationsverordnung
Informationspflicht über "Allergene" Zutaten im Gastgewerbe
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1. Ausgangslage
Mit Inkrafttreten der neuen EU-Lebensmittelinformationsverordnung Nr. 1169/2011 am 13. Dezember 2014 wurde die bisher nur für verpackte Lebensmittel geltende Informationspflicht über das Vorkommen der 14 Hauptallergene auch auf sogenannte "lose Ware" ausgedehnt.
Seit diesem Zeitpunkt müssen europaweit alle Gastgewerbebetriebe jene Zutaten in ihren Gerichten deklarieren, die Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten auslösen können.
Nach Meinung der EU Kommission ist diese Information grundsätzlich schriftlich an den Endverbraucher (Gast) weiterzugeben. Die Kommission erlaubt den Mitgliedstaaten im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung aber auch andere Möglichkeiten der Informationsweitergabe vorzusehen. Zuständig für die innerstaatliche Umsetzung ist in Österreich das Gesundheitsministerium.
Der Fachverband Gastronomie ist daher bereits im Juli 2011 an das zuständige Gesundheitsministerium herangetreten und hat verlangt, dass die Möglichkeiten der Informationsweitergabe im Rahmen der EU-Informationsverpflichtung so flexibel wie möglich geregelt werden und dabei insbesondere auch die mündliche Auskunft auf Anfrage des Gastes als ausreichend erachtet wird.
Nach zähen Verhandlungen ist es gelungen, dass die nationale Umsetzung diesen Spielraum im Interesse der Gastronomiebetriebe soweit als möglich ausnutzt.
Die Umsetzung erfolgt im Wege einer Verordnung des Gesundheitsministeriums, die durch Empfehlungen der Codexkommission ergänzt wird.
- Leitlinie für die Personalschulung über die Allergeninformation (regelt die Kompetenz von Personen, die mündliche Auskünfte geben)
- Leitlinie zur Allergeninformation bei nicht vorverpackten Lebensmitteln (“offene Waren“) in Einzelhandelsunternehmen im Sinne der Allergeninformationsverordnung (enthält Hinweise über notwendige innerbetriebliche Vorkehrungen)
- Empfehlung für die schriftliche Information (Verwendung von Kurzbezeichnungen und Buchstabencodes).
Damit wird der durch die EU Lebensmittelinformationsverordnung vorgegebene Rahmen für die innerstaatliche Anpassung der EU-Informationsverpflichtung soweit als möglich ausgenutzt.
Nährwerte müssen nicht in der Speisekarte angegeben sein. Dazu finden Sie HIER ein Schreiben des Ministeriums.
2. Grundsätzliches zu Informationspflicht
Die Informationspflicht gilt für Lebensmittel (einschließlich Getränke), die
- für den Endverbraucher bestimmt sind.
- von Anbietern der Gemeinschaftsverpflegung abgegeben werden.
- für die Lieferung an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung bestimmt sind.
- in Verkehrsunternehmen verabreicht werden, wenn der Abfahrtsort innerhalb der Hoheitsgebiete der EU-Mitgliedsstaaten liegt.
Die Informationsverpflichtung besteht, wenn für die Herstellung Zutaten verwendet werden, die in eine der 14 Hauptkategorien (einschließlich Erzeugnissen davon) fallen.
Nähere Informationen dazu finden Sie hier.
Was versteht man unter einer Zutat?
Als Zutat gilt jeder Stoff (einschließlich Zusatzstoffe und Enzyme), der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und − wenn auch möglicherweise in veränderter Form − im Enderzeugnis vorhanden bleibt (Artikel 6 Abschnitt 4a, EG Richtlinie 2000/13).
Das heißt: wesentlich ist jeder Stoff, der bei der Herstellung als Zutat oder Teil einer zusammengesetzten Zutat verwendet wird. Nicht maßgeblich sind unbeabsichtigt vorhandene Allergene, die nicht als Zutaten verwendet wurden und zum Beispiel über Kreuzkontakte in das Produkt gelangt sind.
"Spuren" gelten nicht als Zutat:
Enthält das Etikett eines Herstellers neben der Kennzeichnung der Allergene darüber hinaus den Zusatz: "kann Spuren von … enthalten", muss darüber nicht informiert werden, weil Spuren nicht als "Zutat" im Sinne der Informationsverordnung gelten.
Für diese Spuren gibt es laut EU-Verordnung keine Kennzeichnungspflicht (siehe dazu Artikel von Diplom-Ingenieur Andreas Schmölzer "keine Haftung bei Spuren?")
Alle Lebensmittelunternehmen (von der Produktion bis zum Verkauf) sind verpflichtet, Informationen über die verwendeten Inhaltsstoffe weiterzugeben.
2.1. Wie kommt man zu Informationen über enthaltene Allergene in Vorprodukten?
Für Hersteller von verpackten Lebensmitteln gilt bereits seit 2005 eine Kennzeichnungsverpflichtung für die 14 häufigsten Allergene im Rahmen des Zutatenverzeichnisses. Ab 13. Dezember 2014 müssen alle Hersteller von Lebensmittel-Vorprodukten (z.B. Convenience, Gewürzen etc.) alle Hauptallergene entsprechend kennzeichnen. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Produzenten von Lebensmitteln und den bäuerlichen Direktvertrieb (zum Beispiel Bauernwürste)!
Wo finden sich die Informationen der Hersteller?
Verpackte Lebensmittel:
- Hersteller sind verpflichtet, jene Zutaten, die in eine der 14 Kategorien des Anhang II fallen, in der Zutatenliste auf dem Etikett bzw. der Verpackung deutlich hervorzuheben (z.B. durch Fettdruck oder Unterstreichen).
Wenn keine Zutatenliste vorhanden ist, muss ein ausdrücklicher Hinweis auf die entsprechende Zutat erfolgen "enthält ..."
Unverpackte Lebensmittel:
- Produktinformationsblätter für Weiterverarbeitende
Verkauf durch Einsatz von Fernkommunikationstechniken (zum Beispiel Webshop):
- Verlinkung auf alle verpflichtenden Allergie-Angaben bei den jeweiligen Zutaten in der Zutatenliste
3. Möglichkeiten der Informationsweitergabe
Für die Weitergabe der Information bestehen 2 Möglichkeiten. Zu beachten ist aber, dass die Information dem Kunden bzw. Gast grundsätzlich zum Zeitpunkt der Bestellung verfügbar sein muss.
3.1. Schriftlich
Wo kann eine schriftliche Information erfolgen?
- Speise- oder Getränkekarte
- Preisverzeichnis
- Aushang
- Schild am bzw. in der Nähe des Lebensmittels
- in elektronischer Form (z.B. PDA)
Die schriftliche Information ist insbesondere empfehlenswert, wenn nur ein eingeschränktes Angebot und/oder ein hoher Standardisierungsgrad bei den Produkten besteht.
z.B.:
- Würstelstand
- Buffet
- Fast-Food Lokal
- Espresso
- Eissalon
- Lokal mit Selbstbedienung
Eine eigene Information (Kennzeichnung) ist dann nicht erforderlich, wenn sich die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die betreffende Zutat bezieht oder die Präsentation des Lebensmittels auf das Vorhandensein dieser Zutat schließen lässt.
Beispiele:
- "Krabbencocktail" − kein eigener Hinweis auf Allergen Krebstiere erforderlich
- "Milchshake" − kein eigener Hinweis auf Allergen Milch erforderlich
- "Selleriesalat" − kein eigener Hinweis auf Allergen Sellerie erforderlich
- Erdnüsse im offenen Schälchen − kein eigener Hinweis auf Allergen Erdnuss erforderlich, weil das allergene Lebensmittel durch seine Präsentation ohnehin als solches erkennbar ist.
3.1.1 wie ist zu kennzeichnen?
Für die Kennzeichnung dürfen auch Abkürzungen oder Symbole verwendet werden, wenn diese in unmittelbarer Nähe aufgeschlüsselt werden.
Bei der Verwendung von Symbolen ist darauf zu achten, dass diese eine bestimmte Mindestgröße haben, damit sie deutlich erkennbar sind.
Zur besseren Handhabung hat die Kodexkommission eine Empfehlung ausgearbeitet.
Eine große Erleichterung für die schriftliche Kennzeichnung ist, dass die Nennung der Allergengruppe mit einer Kurzbezeichnung ausreicht. Diese Kurzbezeichnung muss auch bei mehreren Zutaten derselben Gruppe dann nur einmal genannt werden (enthält eine Speise beispielsweise Milch und Schlagobers reicht als Allergeninformation "Milch oder Laktose").
Wird die Kurzbezeichnung verwendet, ist zum Beispiel in einer Fußnote klarzustellen, dass es sich um eine Allergeninformation gemäß der Codex Empfehlung handelt.
Um das Ganze noch einfacher zu machen und Platz zu sparen ist auch die Verwendung von Buchstabencodes zulässig. Werden Buchstabencodes verwendet, so ist folgende Zuordnung einzuhalten, damit es zu keinen Missverständnissen kommt:
Kurzbezeichnung | Buchstabencode |
---|---|
glutenhaltiges Getreide | A |
Krebstiere | B |
Ei | C |
Fisch | D |
Erdnuss | E |
Soja | F |
Milch oder Laktose | G |
Schalenfrüchte | H |
Sellerie | L |
Senf | M |
Sesam | N |
Sulfite | O |
Lupinen | P |
Weichtiere | R |
Eine Legende mit der Überschrift "Allergeninformation gemäß Codex-Empfehlung" ist in diesem Fall an gut sichtbarer Stelle und deutlich lesbar anzubringen oder zur Verfügung zu stellen. Diese kann beispielsweise − je nach Art des Angebotes − in Form von Aushängen, Theken- oder Tischaufstellern bzw. Informationsblättern erfolgen oder in der Speisekarte direkt vermerkt sein. Zu beachten ist, dass Legende und Buchstabencodes so nahe beieinander liegen, sodass eine zeitgleiche Information möglich ist.
Ein Beispiel für eine solche Legende finden Sie hier zum Download.
Empfohlene zusätzliche Hinweise bei schriftlicher Kennzeichnung auf der Speisekarte:
Zur Klarstellung und Absicherung im Hinblick auf die allfällige Geltendmachung von Haftungsansprüchen empfehlen wir folgende zusätzliche Erklärungen bzw. Hinweise auf der Speise bzw. Getränkekarte:
- Eine Nennung erfolgt, wenn die bezeichneten Stoffe oder daraus hergestellte Erzeugnisse als Zutat im Endprodukt enthalten sind.
- Die Kennzeichnung der 14 Hauptallergene erfolgt entsprechend den gesetzlichen Vorschriften (EU-Lebensmittelinformationsverordnung 1169/2011). Es gibt darüber hinaus auch noch andere Stoffe, die Lebensmittelallergien oder Unverträglichkeiten auslösen können.
- Trotz sorgfältiger Herstellung unserer Gerichte können neben den gekennzeichneten Zutaten Spuren anderer Stoffe enthalten sein, die im Produktionsprozess in der Küche verwendet werden.
3.2. Mündlich:
Voraussetzungen
- Schriftlicher Hinweis an gut sichtbarer Stelle im Lokal, z.B. auf der Speisekarte oder als Aushang, dass die Informationen auf Nachfrage erhältlich sind, durch folgenden Satz
"Lieber Gast! Informationen über Zutaten in unseren Speisen, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, erhalten Sie auf Nachfrage bei unseren ServicemitarbeiterInnen". - Bestimmung einer oder mehrerer beauftragter Person(en), die Anfragen im Sinne der Allergeninformation behandeln. Diese muss entsprechend geschult sein.
- Während der gesamten Öffnungszeiten des Betriebes muss zumindest eine beauftragte Person verfügbar sein, die Auskunft auf Anfrage erteilen kann.
Wer darf die Schulungen durchführen?
Grundsätzlich darf jeder Gastgewerbetreibende Schulungen für seine Mitarbeiter selbst durchführen. Voraussetzung ist allerdings, dass er über ein entsprechendes Fachwissen verfügt und auch in der Lage ist, die Schulungsinhalte gemäß Punkt 2 der Leitlinie Personalschulung entsprechend zu vermitteln. Erforderlichenfalls wird sich der Gastgewerbetreibende daher im eigenen Interesse entsprechend informieren müssen.
Schulungsinhalte (im Sinne der Personalschulungsleitlinie)
- Vermittlung der Wichtigkeit der Allergeninformation (was ist eine Allergie bzw. eine Unverträglichkeit und welche Auswirkungen hat diese) Näheres siehe hier.
- Sensibilisierung im Hinblick auf das Auslösen einer allergischen Reaktion bzw. Unverträglichkeit.
- Kenntnis über die Liste der allergenen Stoffe gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung-LMIV). Näheres siehe hier.
- Kenntnisse über die Durchführung der Allergeninformation im Betrieb und die Art und Weise der Weitergabe an den Endverbraucher.
Welche Unterlagen bzw. Nachweise sind im Falle einer mündlichen Information erforderlich?
- Schulungsnachweis; Dokumentation analog zur Leitlinie Personalschulung.
- Unterlagen, aus denen für jede Speise bzw. Getränk die entsprechenden allergenen Zutaten ersichtlich sind.
Hier finden Sie ein Beispiel für eine Dokumentation. Ein Excel Tool finden Sie hier (zur Verfügung gestellt von Bekom - www.bekom.at).
Das Vorhandensein der Schulungsnachweise und der Unterlagen, auf die sich die mündliche Allergeninformation stützt, werden von Seiten der Lebensmittelinspektion überprüft.
Übergangsregelung für Schulungsnachweise:
Um den Betrieben ausreichend Zeit für die notwendige Schulung ihrer Mitarbeiter zu geben, haben wir erreicht, dass die Lebensmittelinspektion Schulungsnachweise erst frühestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung (Dezember 2015) überprüfen wird.
Bei nicht ordnungsgemäßer Führung bzw. Aufbewahrung der Schulungsnachweise oder Unterlagen zur Dokumentation der verwendeten Zutaten können Verwaltungsstrafen verhängt werden.
4. Haftungsfragen:
Die Nichtinformation bzw. Falschinformation kann auch zivilrechtliche Haftungsfolgen für den Gastwirt nach sich ziehen (Verletzung eines Schutzgesetzes). Dies kann im äußersten Fall auch Schadenersatzansprüche aus dem Bewirtungsvertrag bzw. nach dem Produkthaftungsgesetz hervorrufen, sofern der Geschädigte einen Kausalzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Falsch- /Nichtinformation und dem Eintritt eines Schadens nachweisen kann.
Vorsicht bei Fragen des Gastes, ob ein Gericht "frei von" bestimmten Allergenen ist!
Eine derartige Zusicherung gilt als Garantiezusage, auf die sich der Gast auch verlassen können muss. Im Zweifelsfall besser dem Gast mitteilen, dass man nur sagen kann, welche Zutaten verwendet wurden aber keine Garantie abgeben kann.
5. Informationen über Süßungsmittel
Bei unverpackten Lebensmitteln, die Aspartam/Aspartam-Acesulfamsalz enthalten, ist der Hinweis "Enthält eine Phenylalaninquelle" anzubringen.
Bei unverpackten Lebensmitteln mit über 10 % zugesetzten mehrwertigen Alkoholen ist der Hinweis "Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken" anzubringen.
Die Hinweise sind deutlich lesbar, dauerhaft und an gut sichtbarer Stelle auf einem Schild, auch Preisverzeichnis, auf oder nahe bei dem Lebensmittel oder – in Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung – auf Speise- oder Getränkekarten, in sonstigen Fällen auf einem Aushang, den der Endverbraucher einsehen kann, anzubringen.
Achtung: Diese Information ist immer schriftlich zu machen, auch wenn die Allergeninformation sonst in mündlicher Form erfolgt.