Sparte Industrie

Kommunale Abwasserrichtlinie bringt erstmals erweiterte Herstellerverantwortung

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 1 Minute

11.03.2023

Verpflichtender Ausbau der Spurenstoffentfernung für große Abwasserreinigungsanlagen bringt hohe Kosten – wer zahlt?

Ein Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie läutet möglicherweise eine neue Ära in der EU-Umweltpolitik ein: Zum ersten Mal soll eine erweiterte Herstellerverantwortung pauschal für bestimmte Branchen im europäischen Wasserrecht institutionalisiert werden. Dazu ein paar Hintergründe:

Grundsätzlich sind europäische und nationale Gewässer im Vergleich zur Vergangenheit in einem recht guten Zustand, insbesondere im Hinblick auf Nährstoffe oder die meisten Schwermetalle. Durch enorme Fortschritte in der Spurenstoff-Analytik (Größenvergleich: Nachweis eines Würfelzuckers im Bodensee) konnten aber auch viele Micropollutants, d.h. Spurenstoffe in den letzten Jahren identifiziert und mit neuen Grenzwerten ausgestattet werden. Um diese Stoffe aus dem kommunalen bzw. betrieblichen Abwasser umfassend entfernen zu können, sind sogenannte „4. Reinigungsstufen" erforderlich. Dabei handelt es sich beispielsweise um eine Kombination aus Ozonierung bzw. UV-Behandlung des Abwassers mit einer nachfolgenden Adsorption an Aktivkohle. Die EK schlägt für spätestens 2035 eine flächendeckende Installation für kommunale Anlagen > 100.000 Einwohnerwerte vor, betroffen sind Dutzende in ganz Österreich.

Die Kosten dafür sind hoch, weshalb die Kommission laut RL-Entwurf die Inverkehrbringer von Pharmazeutika und Kosmetika zur Übernahme der Vollkosten (!) verpflichten will. Warum sie nicht gemäß Verursacherprinzip fairerweise alle relevanten und lokal ermittelbaren Emittenten-Gruppen dafür heranziehen möchte, ist nicht bekannt.

Jedenfalls ist zu erwarten, dass mit diesem Vorschlag der Startschuss für eine Etablierung der erweiterten Herstellerverantwortung in vielen anderen EU-Rechtsmaterien gefallen ist. Wer letztendlich auf den Kosten sitzen bleiben wird, ist noch offen – zu unausgegoren sind derzeit die Vorstellungen der Kommission.

Derzeit läuft innerhalb der Industrie der interne Meinungsbildungsprozess. Im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene wird die BSI via Rat (österreichische Position) und Parlament (Abänderungsanträge) ihre Positionen in den kommenden Monaten einbringen.

Autor:
Mag. Richard Guhsl
E-Mail: Richard.Guhsl@wko.at

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