Entlastungswoche für das Pflegepersonal
Eckpunkte der neuen Regelung
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Am 1. Jänner 2023 ist eine Änderung des Nachtschwerarbeitsgesetzes (BGBl I 2022/214) in Kraft getreten, mit der ein Anspruch auf eine 6. Urlaubswoche für Pflegepersonal ab Erreichen des 43. Lebensjahres eingeführt wurde.
Mit 1. Jänner 2024 ist eine weitere gesetzliche Änderung in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt wird beim Anspruch auf die Entlastungswoche nicht mehr auf das Kalenderjahr sondern auf das für die Arbeitnehmer*innen geltende Urlaubsjahr abgestellt.
Was versteht man unter der Entlastungswoche und wo ist diese geregelt?
Unter dem Begriff „Entlastung“ ist eine Freistellung von der Arbeitsverpflichtung unter Beibehaltung des Entgeltanspruches zu verstehen. Funktional betrachtet handelt es sich somit um eine (zusätzliche) Urlaubswoche.
Die Entlastungswoche entspricht einer Woche im Ausmaß einer vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit, höchstens jedoch 40 Stunden. Der Verbrauch der Entlastungswoche ist zwischen demr Arbeitgeber*in und der Arbeitnehmer*in zu vereinbaren und muss in den Arbeitszeitaufzeichnungen dokumentiert werden.
Die Entlastungswoche ist in §3a des Art. V des Bundesgesetzes BGBl Nr. 473/1992 verankert.
Wer ist anspruchsberechtigt und ab wann entsteht der Anspruch?
Die Entlastungswoche gebührt allen Arbeitnehmer*innen,
- die in einem Gesundheits- und Krankenpflegeberuf nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) beschäftigt werden, somit
- Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger*innen (DGKP)
- Pflegefachassistent*innen (PFA) und
- Pflegeassistent*innen (PA)
[Hinweis: auch Fach- bzw. Diplombetreuer*innen mit Schwerpunkt Behindertenarbeit gelten als PA]
- ab dem Urlaubsjahr (Änderung seit 01.01.2024), in dem die Arbeitnehmer*in das 43. Lebensjahr vollendet, sprich in das der 43. Geburtstag fällt.
Die tatsächliche Beschäftigung in einem Gesundheitsberuf ist notwendig. Das bedeutet die Arbeitnehmer*in hat auch tatsächlich die Tätigkeit einer DGKP, PFA oder PA auszuüben.
Welcher Zeitpunkt ist für die Entstehung des Anspruchs relevant?
Seit 1.1.2024 wird für die Entstehung des Anspruchs nicht mehr auf das Kalenderjahr, sondern auf das Urlaubsjahr abgestellt. Entspricht das Urlaubsjahr nicht dem Kalenderjahr, gebührt für den Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 2024 und dem Beginn des nächsten Urlaubsjahres der aliquote Teil der Entlastungswoche, unabhängig davon wann im Kalenderjahr 2024 das 43. Lebensjahr vollendet wird.
Ergeben sich bei der Berechnung des Ausmaßes des aliquotierten Anspruchs der Entlastungswoche Teile von Werktagen, so sind diese auf ganze Werktage aufzurunden.
Sind z.B. bereits geleistete Berufsjahre bzw. der Dienstort bzw. der Schweregrad der Tätigkeit relevant für die Entstehung des Anspruchs?
Der Anspruch auf die Entlastungswoche gebührt unabhängig von/m
- der Anzahl der bereits zurückgelegten Berufsjahre
- Dienstort bzw. von der Organisationseinheit, in der die Tätigkeit verrichtet wird sowie
- Schweregrad der verrichteten Arbeit und Tageszeit, zu der die Arbeit verrichtet wird.
In welchem Stundenausmaß gebührt die Entlastungswoche?
Vollzeitbeschäftigten gebührt eine Entlastungswoche im Ausmaß von 40 Stunden. Teilzeitbeschäftigten gebührt eine Entlastungswoche im Ausmaß der individuell vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit (z.B. bei einem Beschäftigungsausmaß iHv 30 Stunden, ist die Entlastungswoche im Ausmaß von 30 Stunden zu gewähren).
Ändert sich die wöchentliche Normalarbeitszeit innerhalb eines Urlaubsjahres, ist das Ausmaß der Entlastungswoche anzupassen.
Wie ist das Verhältnis zwischen Entlastungswoche - Urlaub?
Die Entlastungswoche gebührt zusätzlich zu einem allfälligen Anspruch auf Zeitguthaben und Urlaub. Werden dem Arbeitnehmer jedoch Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Mindestanspruch von 30 Werktagen (5 Wochen) hinausgehen, gewährt, so sind diese auf die Entlastungswoche anzurechnen.
Zu einer Anrechnung kommt es nur dann nicht, wenn dies im Nachhinein durch eine kollektivvertragliche oder betriebliche Regelung - wenn auch nur teilweise - ausgeschlossen wird.
Der Anspruch auf Urlaub und der Anspruch auf die Entlastungswoche fußen auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und sind daher auch unterschiedlich zu behandeln. Während der Urlaub aus dem Urlaubsgesetz resultiert, handelt es sich bei der Entlastungswoche ebenso wie beim Zeitguthaben um eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne des Arbeitnehmerschutzes handelt. Ob zuerst der Urlaub und dann die Entlastungswoche verbraucht werden soll, ist zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in zu vereinbaren.
Wie ist das Verhältnis zwischen Entlastungswoche – Zeitguthaben für die Verrichtung von Nachtschwerarbeit?
Die Entlastungswoche gebührt jedenfalls zusätzlich zu einem allfälligen Anspruch auf Zeitguthaben für die Verrichtung von Nachtschwerarbeit. Zusätzliche Urlaubsansprüche wegen Nachtschwerarbeit sind nicht auf die Entlastungswoche anzurechnen.
Wie ist das Verhältnis zwischen Entlastungswoche – Freistellungsansprüchen?
Auch Freistellungsansprüche z.B. Pflegefreistellung, Familienhospizkarenz, Postensuchtage, etc. sind nicht anrechenbar.
Kann die Entlastungswoche in Geld abgelöst werden?
Die Entlastungswoche darf in einem aufrechten Arbeitsverhältnis nicht in Geld abgelöst werden.
Ausnahme: Während einer dreijährigen Übergangsfrist – also bis inklusive 2026 – ist eine finanzielle Abgeltung der Entlastungswoche möglich, sofern diese - aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden Umständen - nicht in Anspruch genommen werden konnte.
Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wurde die Entlastungswoche nicht verbraucht, so kann diese in Geld abgelöst werden.
Wann liegt eine Verwaltungsübertretung vor?
Eine Verwaltungsübertretung liegt dann vor, wenn:
- Die Entlastungswoche – unter Berücksichtigung der oben genannten Ausnahme - in Geld abgelöst wird bzw.
- Wenn die Entlastungswoche in den Arbeitsaufzeichnungen nicht dokumentiert wird.
Das Nicht-Gewähren der Entlastungswoche stellt keine Verwaltungsübertretung dar und zieht somit keine Verwaltungsstrafe nach sich.
Verbrauch der Entlastungswoche
Die Entlastungswoche dient der Erholung der Arbeitnehmer*innen und wird solchermaßen als Ausgleichsmaßnahme für die beschwerliche Arbeit gesehen. Vor diesem Hintergrund soll ein durchgehender oder ein tageweiser Verbrauch der Entlastungswoche angestrebt werden. Ein stundenweiser Verbrauch entspricht nicht dem Erholungscharakter der Bestimmung und ist somit nicht zulässig.
Die Entlastungswoche ist im jeweiligen Urlaubsjahr, für das sie gebührt, zu verbrauchen. Der Verbrauch der Entlastungswoche ist dabei zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in zu vereinbaren.
Aliquotierung der Entlastungswoche?
Kommt es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ende des Urlaubsjahres und konnte/kann die Entlastungswoche nicht mehr verbraucht werden, kommt es zu einer Aliquotierung der Entlastungswoche. Bereits verbrauchte Teile der Entlastungswoche können bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zurückgefordert werden, da es sich dabei um Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Arbeitnehmerschutzes handelt.
Quellen:
Bundesgesetz, mit dem das Nachtschwerarbeitsgesetz und Artikel V des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 473/1992 geändert werden (BGBl I 2022/214 und BGBl 2023/2147)
BMAW FAQ: FAQ: Entlastungswoche für das Pflegepersonal (bmaw.gv.at), Stand: 20.12.2023
Entlastungswoche im Pflegebereich, Andreas Gerhartl, PV-Info 2/2023
Entlastungswoche für Pflegepersonal und Aussetzung der Erhöhung des NSchG-Beitrages – BGBl, Manfred Lindmayr, ARD 6830/14/2023
Stand: 08.01.2024