FV Immobilien fordert weitere Maßnahmen zur Bewältigung der massiven Baukrise
WKÖ-Gollenz: "Baukonjunkturpaket setzt wichtige Impulse, es braucht aber mehr für die gewerbliche Immobilienwirtschaft" – "Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch"
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„Mit dem Schritt, ein Wohnraum- und Baukonjunkturpaket rasch umzusetzen, hat Bundeskanzler Karl Nehammer Wohnen zum vorrangigen Anliegen der Bundesregierung erklärt und damit einen wichtigen Impuls gesetzt“, kommentiert Gerald Gollenz, Obmann des WKÖ-Fachverbandes Immobilien in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), das vergangene Woche präsentierte Baukpaket der Bundesregierung.
Wohnbau erstmals vorrangiges Anliegen
"Als Sozialpartner begrüßen wir, dass der drohende Fachkräfteverlust der Bauwirtschaft, vor dem wir seit langem gewarnt haben, abgemildert werden soll. Damit die Fachkräfte auch auf Baustellen der gewerblichen Immobilienwirtschaft weiterarbeiten, braucht es aber weitere Maßnahmen, insbesondere der Länder sowie ein Einlenken der gemeinnützigen Bauvereinigungen, kurz GBV", fordert Gollenz und konkretisiert: "Überbordende und veraltete Normen, etwa die Stellplatzverpflichtung müssen rasch ersetzt oder weggelassen werden. Zudem braucht es eine Gleichstellung von gewerblichen Bauträgern bei der Förderungs- und Darlehensvergabe, außerdem eine Verschiebung der Einkommenshöchstgrenze beim Zugang zu gemeinnützigem Wohnbau nach unten und eine verpflichtende Auflage der vorrangigen Nachverdichtung von Bestand an die GBV."
Maßnahmen für gewerbliche und private Immobilienwirtschaft ein Anfang
Die von der Bundesregierung präsentierten Maßnahmen zur Unterstützung der Baukonjunktur - die befristete erhöhte Absetzung für Abnutzung (AFA) von Wohngebäuden, die verbesserte Abschreibungsmöglichkeit von Sanierungsmaßnahmen, der Ökozuschlag für Wohngebäude und die Verlängerung des absehbaren Zeitraumes in der Liebhabereiverordnung - werden vom Fachverbund begrüßt. "Jeder noch so kleine steuerliche Anreiz ist für uns als wesentlicher Leistungsträger am österreichischen Markt ein Pluspunkt. Aufgrund der schwerwiegenden Krise braucht es jedoch noch mehr", sagt Gerald Gollenz.
Dramatischer Rückgang: Gewerblicher Wohnungsneubau bricht bis 2025 um 86 Prozent ein
Allein die Neubauzahlen werden im gewerblichen Bereich von rund 30.000 neu errichteten Miet- und Eigentumseinheiten (2023) ab 2025 auf prognostiziert 4.186 neu errichtete Miet- und Eigentumswohnungen sinken. "Das ist ein dramatischer Rückgang von rund 86 Prozent. Dem stärksten Wohnbauer der Republik geht die Luft aus", so Gollenz. Durch steigende Grund- und Baukosten, überregulierten und veraltete Normen, wie etwa bei der Stellplatzverpflichtung, sowie steigende Zinsen und durch die, aufgrund der KIM Verordnung immer weniger kaufkräftigen Kunden, stehen wir langsam mit dem Rücken zur Wand", warnt der Fachverbandsobmann.
Pisecky: Privater und gewerblicher Wohnraum immer knapper
Michael Pisecky, stellvertretender Fachverbandsobmann und Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien (WKW), hält fest, dass "gemeinnütziger Wohnungsneubau alleine die Herausforderungen der kommenden 3 Jahre nicht löst. Durch Zugangsbeschränkungen und hohen Einkommensgrenzen werden viele Menschen, die auch günstigen Wohnraum brauchen, von gemeinnützigen Bauträgern von vornherein ausgeschlossen. Gewerblicher Wohnbau wird zusehends knapper. Ohne Einlenken der GBV gerät der österreichischen Immobilienmarkt massiv aus dem Gleichgewicht. Rund 8.000 gemeinnützig errichtete und sanierte Wohnungen pro Jahr werden die Angebotsverknappung in Relation zur Nachfrage nicht decken."
Gemeinnützige zu sozialer Fairness in der Vergabe und zu Nachverdichtung gefordert
"Würde gemeinnützig errichteter Wohnraum in der Vergabe treffsicher an die einkommensschwächere Bevölkerung vergeben, der Bestand saniert und durch Zu- und Ausbauten neue Wohnflächen geschaffen werden, würde dies ohne zusätzliche Förderungen erheblichen Schwung in den Gesamtmarkt bringen", betont Pisecky. "Gerade in der Bundeshauptstadt gibt es gemeinnützig innerstädtischen Bestand mit Nachverdichtungsmöglichkeit. Wir schätzen für Wien alleine mindestens 60.000 zusätzliche neue, gemeinnützige Wohneinheiten ohne weitere Infrastrukturkosten", spricht er sich für eine Verpflichtung der GBV zu Nachverdichtung aus. "Die gewerblichen Bauträger könnten mitziehen, verdichten und in der Folge wirtschaftlich sanieren, wenn die Beschränkungen aus Bauordnung und Flächenwidmung und Mietrecht beseitigt werden. Eine Win-Win-Situation für den gesamten Immobilienmarkt und den Bodenschutz."
Leerstandsabgabe am gewerblichen Immobilienmarkt wenig zielführend
"Jene zu bestrafen, die in den vergangenen Jahren zwei Drittel des Wohnungsneubaus alleine gestemmt haben, ist angesichts der schweren Krise der gewerblichen Immobilienwirtschaft nicht zielführend," so Pisecky weiter. "Unsere Branche hat dafür gesorgt, dass wir derzeit genügend Angebot am privaten Immobilienmarkt haben. Das wirkt sich neben einer Preisdämpfung natürlich auch für die Allgemeinheit positiv aus. Und aus kaufmännischer Sicht ist Leerstand sowieso nie gewollt." Es gelte, missbräuchliche Leerstände, die durch extrem günstige Alt- oder Sozial-Mietverträge zustande kommen, zu bekämpfen.
Wild: "Landesregierungen müssen gleichberechtigten Zugang bei Darlehen schaffen"
Johannes Wild, ebenfalls stellvertretender Fachverbandsobmann sowie Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ), sieht auch die Landesregierungen in der Umsetzung des Konjunkturpaketes in der Pflicht. "Wir brauchen in den Bundesländern eine Leerstandsabgabe, die Wohnungshortungen von sozialem Wohnraum bekämpft. Es darf aber nicht dazu führen, dass leere Wohnungen, die am Markt sind, mit einer solchen Abgabe belastet werden." Zusätzlich müssten Zugänge für Förderungen und Darlehen für gewerbliche Bauträger genauso erleichtert werden, wie für private Häuslbauer und gemeinnützige Bauträger.
Verpflichtung zur Verdichtung
"Der Bundeskanzler hat die Weichen gestellt, jetzt sind die Länder in der Pflicht. Auch gewerbliche Bauträger bekommen wenig bis keine Kredite mehr. Mit einer zusätzlichen Prioritätsverpflichtung zur Bestandsverdichtung in Ortskernen statt der Bebauung von Grünflächen, wird auch gewerblicher Wohnbau mit angekurbelt", zeigt sich Wild überzeugt.
Rasche Hebel pro gewerbliches Bauen
Um den prognostizierten Einbruch am gewerblichen Immobilienmarkt abzumildern, sind für Gollenz jedenfalls wenige zusätzliche Maßnahmen, diese dafür aber jetzt notwendig. "Unsere Vorschläge liegen alle auf dem Tisch. Wenn die GBV mitzieht, schaffen wir mit der Wohnbaumilliarde auch eine echte Anhebung des gewerblichen Wohnbaus, einen Sanierungsturbo und ein bestehendes Gleichgewicht am Markt. Es liegt jetzt an den gemeinnützigen Bauträgern, die Mittel der Bundesregierung treffsicher und nachhaltig, aber auch umsichtig einzusetzen", so der Branchensprecher.
(PWK081/ES/JHR)