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Fachverband der Schienenbahnen appelliert an Gewerkschaft vida: Ausbildung fördern anstatt mit Aktionismus verunsichern

Obmann Scheiber: Dass die vida den Gesetzesvorschlag als potenzielles Sicherheitsrisiko darstellt, ist unverantwortlich und unbegründet

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 07.06.2024

„Die Bahn ist und bleibt das sicherste Verkehrsmittel, die einzige Verunsicherung geht von der Gewerkschaft vida aus“, betont Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbands der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Der Fachverband kritisiert, dass die vida die geplante Novelle des Eisenbahngesetzes als potenzielles Sicherheitsrisiko darstellt und mit Emotionen spielt und die Fahrgäste ohne Not und fälschlicherweise verunsichert. „Wir reden hier ausschließlich von Verschubfahrten, die künftig für Kolleginnen und Kollegen ab 19 Jahren möglich sein werden. Also keine Fahrten auf der öffentlichen Strecke im Personenverkehr oder auch Güterverkehr. Keine Fahrgäste, wie die vida fälschlicherweise suggeriert. Der Einsatz erfolgt ausschließlich in einem kleinen überschaubaren Bereich mit geringen Geschwindigkeiten bis maximal 25 km/h“, stellt Scheiber klar. 

„Und das wollen wir nicht? Oder trauen es unseren Fachkräften nicht zu? Ja, da habe ich tatsächlich ein anderes Branchenverständnis als der Sozialpartner. Und vor allem mehr Vertrauen in unsere Ausbildung und in die jungen Kolleginnen und Kollegen, die wir ja in den Unternehmen begleiten“, so Scheiber weiter. 

Der Fachverband verweist dabei auf andere Berufe mit hoher Sicherheitsverantwortung, bei denen das Mindestalter ebenfalls unter 20 Jahren liegt:

  • Die Ausbildung als Fluglotse/in bei Austro Control setzt eine abgeschlossene Matura sowie den Grundwehrdienst (bei Männern) voraus.
  • Für die Private Pilot Licence (PPL) ist das Mindestalter 15 Jahre (vollendetes 16. Lebensjahr vor dem ersten Soloflug, 17 Jahre bei Ausstellung).
  • Für den Berufspilotenschein (ATPL) beträgt das Mindestalter 18 Jahre. 

„Diese Beispiele verdeutlichen, dass junge Menschen in Berufen mit hoher Sicherheitsverantwortung erfolgreich ausgebildet werden können“, betont Scheiber. 

Analysen bestätigen: Erfahrung zählt, nicht das Lebensalter 

Zahlreiche Untersuchungen bei den Unternehmen zeigen eine eindeutige Korrelation zwischen der Dauer der Berufserfahrung und dem Unfallrisiko. Expertinnen und Experten im Bereich Sicherheit bestätigen diese Analysen: „Es gibt eine Korrelation zwischen Dienstalter bzw. Berufserfahrung und sicherheitsrelevanten Vorfällen. Es gibt aber keine Korrelation zwischen Lebensalter und sicherheitsrelevanten Vorfällen. In den ersten drei bis sechs Jahren passieren statistisch gesehen mehr Vorfälle, da die Berufsroutine erst danach einsetzt. Dabei spielt es keine Rolle, mit welchem Alter man beginnt, sondern das gilt auch für Quereinsteiger, die im zweiten oder dritten Berufsweg einsteigen. Und dabei ist völlig egal, ob es sich um Stunden hinter dem Lenkrad, Flugstunden oder Zugstunden handelt“, erläutert Michaela Schwarz, zertifizierte Luftfahrtpsychologin und Expertin für Sicherheitskultur & Human Factors bei den ÖBB. 

Fachkräfte gewinnen und nicht verschrecken 

Mit 17 Jahren kann man bereits fliegen, mit 18 Jahren darf man quer durch Europa einen 40-Tonnen-Lkw fahren. Objektive Studien und Untersuchungen der Unternehmen zeigen dasselbe Ergebnis: Entscheidend sind die Ausbildung und die Praxis, das Lebensalter hat auf die Fehleranfälligkeit keinen Einfluss. "Die vida betreibt Aktionismus und schürt Verunsicherung mit dem vermeintlichen Thema Sicherheit, ohne dies objektiv belegen zu können," kritisiert Scheiber. "Wir brauchen die Arbeitskräfte, wir wollen ihnen nach der Lehre Karrieremöglichkeiten eröffnen und wir wollen die jungen künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht an andere Branchen verlieren." 

Anpassung an die Bedürfnisse der Generation Z 

Klar ist auch: wie sich die Fehlerraten bei der Generation Z - geboren ca. 1995-2010, mit Internet und mobilen Endgeräten - entwickeln werden, ist noch nicht absehbar, da die Datenlage klein ist. Die Entwicklung hängt maßgeblich davon ab, inwieweit es gelingt, die Qualität der Grundausbildung und Weiterbildung an die Bedürfnisse dieser Generation anzupassen. „Und genau da müssen wir als Sozialpartner gemeinsam ansetzen. Und nicht gegeneinander arbeiten. Es spielt keine Rolle, ob jemand mit 40 oder 19 Jahren in den Lokführerberuf einsteigt. In den ersten Jahren ist die Fehleranfälligkeit höher, was völlig normal ist. Umso mehr muss es unser gemeinsames Interesse sein, dass wir auf eine gute Ausbildung setzen. Und junge Menschen für unsere Branche gewinnen, sie Schritt für Schritt aufbauen und nicht verschrecken, wie es die vida gerade macht“, so Scheiber abschließend. 


Über den Fachverband der Schienenbahnen 

Der Fachverband Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich ist die österreichweite Interessensvertretung für alle Eisenbahnen und städtischen Nahverkehrsunternehmen. Derzeit umfasst der Fachverband 105 Mitglieder und vertritt diese auch auf EU-Ebene. Neben der Initiierung, und Begutachtung von Gesetzen, fungiert der Fachverband auch als bewährter Sozialpartner und verhandelt für seine Mitgliedsunternehmen branchenweit die Kollektivverträge im Eisenbahnbereich.

(PWK218/DFS)