Chart of the Week: Wirtschaftswachstum bleibt mittelfristig unter Vorkrisenniveau
Aktuelle Daten und Fakten visualisiert
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19.11.2024: Wirtschaftswachstum bleibt mittelfristig unter Vorkrisenniveau
Die Zeit seit 2020 war in ökonomischer Hinsicht maßgeblich durch die COVID-19-Pandemie und die Energiepreiskrise geprägt. Das durchschnittliche reale BIP-Wachstum in der Krisenperiode 2020 bis 2024 betrug lediglich 0,4 % p.a. Auch in den kommenden Jahren wird die heimische Wirtschaft voraussichtlich nicht vollständig zurück zur alten Dynamik finden. Laut WIFO bleibt das durchschnittliche BIP-Wachstum in den nächsten fünf Jahren deutlich unter dem Niveau der Vorkrisenperiode von 2015 bis 2019. Maßgebliche Rolle spielen die hohen Lohn- und Energiekosten.
Durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum bis 2029 um 35 % unter Vorkrisenniveau
Reale Wirtschaftswachstumsraten, jährlich und im Periodenschnitt
Angaben in Prozent
Fazit
Ein ausreichend hohes Wirtschaftswachstum ist für eine Volkswirtschaft essenziell. Es sichert nicht nur Arbeitsplätze und Einkommen, sondern hat auch positive Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen. Um das Wachstum in den kommenden fünf Jahren zu steigern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Wirtschaftsstandortes zu verbessern, sind ehestmöglich gezielte Maßnahmen für eine spürbare Senkung der Lohnnebenkosten sowie Anreize für private Investitionen etwa durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten oder eine Ausweitung des Investitionsfreibetrags zielführend.
12.11.2024: Die Kosten eines Handelskonflikts zwischen EU und USA
Donald Trump steht vor seiner zweiten Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten. Im Wahlkampf hat er unter anderem umfangreiche Zollerhöhungen angekündigt. Sollten diese tatsächlich eingeführt werden, hat die EU bereits signalisiert, dass sie im Gegenzug ebenfalls mit Zollanhebungen auf US-Einfuhren im selben Ausmaß reagieren würde. Zollkonflikte führen am Ende des Tages zu Einschränkungen des internationalen Handels, die sowohl der US-Wirtschaft als auch der europäischen schaden würden. Mittelfristig würde es die EU sogar stärker treffen.
EU mittelfristig mit -0,9 % des BIP deutlich stärker von Zollerhöhungen betroffen als USA
Auswirkungen von US-Zollerhöhungen und entsprechenden EU-Gegenmaßnahmen auf US-Importe
Abweichungen des BIP für das jeweilige Jahr im Vergleich zum Basisszenario in Prozent
Fazit
Aufgrund der starken Exponiertheit der offenen EU-Wirtschaft gegenüber der US-Zollpolitik ist es im europäischen Interesse, weiterhin alles daran zu setzen, mit der amerikanischen Regierung zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen. Gleichzeitig ist es richtig, dass sich die EU im Sinne einer in geopolitischer Hinsicht robusteren Handelspolitik adäquat auf ein unilaterales Vorgehen der USA vorbereitet. Auch jenseits der transatlantischen Beziehungen ist es mehr denn je geboten, sich für einen offenen und regelbasierten internationalen Handel einzusetzen und eigene Abhängigkeiten durch Diversifizierungsstrategien zu reduzieren.
5.11.2024: Der unvollkommene Markt. Hemmnisse im EU-Binnenhandel bremsen Innovation und Produktivität
Der EU-Binnenmarkt ist der größte gemeinsame Markt der Welt und gilt als stärker integriert als die anderen großen Wirtschaftsräume. Dadurch weist er eine hohe Attraktivität für ausländische Unternehmen auf, was ihn zum wichtigsten geopolitischen Asset der EU im globalen Standortwettbewerb macht. Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass der Binnenmarkt nach wie vor stark fragmentiert ist. Neueste Schätzungen des IMF zeigen, dass die grenzüberschreitenden Handelskosten innerhalb Europas im Jahr 2020 durchschnittlich einem Zolläquivalent von 44 Prozent für das verarbeitende Gewerbe entsprochen haben. 15 Prozent waren es zwischen den US-Bundesstaaten. Im Dienstleistungssektor erreichte der errechnete Zollsatz sogar 110 Prozent.
Nationale Grenzen wirken auf den EU-Binnenhandel wie Zölle in Höhe von 44 % bis 110 %
Verbliebene Barrieren im Intra-EU-Handel in Zolläquivalenten (2020), in %
Fazit
Der EU-Binnenmarkt ist eine der größten Errungenschaften des europäischen Integrationsprojekts. Er ist zugleich Wohlstandsgarant und wichtigstes geopolitisches Asset Europas. Und im Gegensatz zu anderen globalen Herausforderungen, haben die EU-Verantwortlichen seine Ausgestaltung selbst in der Hand. Die neue Kommission darf daher keine Zeit verlieren, das noch unausgeschöpfte Potenzial des Binnenmarkts zu heben. Sie muss sicherstellen, dass Waren-, Arbeitnehmer- und Dienstleistungsmobilität auch in Krisenzeiten funktionieren. Bestehende Binnenmarktregeln gilt es zu verbessern und den Rechtsrahmen effizienter, wettbewerbs- und zukunftsorientierter auszugestalten. Dazu gehört im Wesentlichen auch die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im wirtschaftlichen Bereich. Zuletzt benötigt die EU eine große Menge an frischem Kapital, um Innovationsfähigkeit zu fördern sowie den grünen und digitalen Wandel zu bestreiten. Dazu müssen die Arbeiten an der Kapitalmarktunion zügig vorangetrieben werden.
29.10.2024: Geringe Erwerbsbeteiligung bei 55+
In Österreich liegt die Erwerbsbeteiligung älterer Personen deutlich unter dem EU-Schnitt und weit unter jener unserer nördlichen Nachbarn. Während in Deutschland im Vorjahr knapp drei Viertel der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig waren, trifft dies in Österreich lediglich auf 57,3 % der Bevölkerung dieser Alterskategorie zu. Die Hauptursache dafür ist das frühe Pensionsantrittsalter in Österreich – insbesondere bei Frauen.
In Österreich arbeiten lediglich 57 % der 55- bis 64-Jährigen
in Deutschland sind es 3 von 4
Fazit
Die allgemeine Lebenserwartung steigt, und damit verändern sich auch die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und das System der sozialen Sicherung. Die Attraktivierung von Arbeiten im Alter ist eine der zentralen Stellschrauben sowohl zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels als auch in Hinblick auf die Finanzierbarkeit des Pensionssystems. Die künftige Regierung sollte wirksame Anreize für längeres Arbeiten setzen. So fallen derzeit für den Zuverdienst in der Pension beträchtliche Steuern und Abgaben an. Ein Mehr an Netto vom Brutto für all jene, die in der Pension dazuverdienen wollen, verbessert nicht nur die individuelle Einkommenssituation im Alter, sondern wirkt sich auch gesamtwirtschaftlich positiv aus.
22.10.2024: KI auf dem Vormarsch - EU darf den Anschluss nicht verlieren
Künstliche Intelligenz (KI) gilt als Schlüsseltechnologie und verspricht die digitale Transformation weiter voranzutreiben. Die größte Dynamik ist bei generativen KI-Anwendungen wie ChatGPT, Gemini und Midjourney zu beobachten. Das enorme Potenzial der generativen KI schlägt sich auch in wirtschaftlichen Zahlen nieder. So wird der weltweite Umsatz mit generativer KI laut Bloomberg im Jahr 2024 bereits rund 137 Mrd. USD betragen und sich Prognosen zufolge bis 2032 beinahe verzehnfachen.
Verzehnfachung des weltweiten Marktes für generative KI bis 2032 erwartet
Umsatz mit generativer KI weltweit, in Mrd. US-Dollar
Fazit
KI ist die Schlüsseltechnologie der kommenden Jahrzehnte. Ihr Einsatz transformiert Wirtschaft, Märkte und Industrien fundamental und übt schon heute enormen Impact auf digitale Geschäftsmodelle aus. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die EU bei der KI-Entwicklung eine führende Rolle einnimmt. Damit dies gelingt, gilt es Investitions- und Innovationshindernisse zu beseitigen und die Innovationsfähigkeit langfristig zu sichern.
Draghis Ausarbeitungen zu einer europäischen Standortpolitik, die F&I in den Fokus rückt, Unternehmen von regulatorischen Hürden befreit und sie rechtlich und finanziell dazu befähigt, Innovationen verantwortungsvoll in marktfähige Lösungen umzusetzen, sind hier als handlungsleitend zu sehen.
15.10.2024: Industrierezession besonders stark in den energieintensiven Branchen
Österreich durchläuft derzeit die zweitlängste Industrierezession seit dem EU-Betritt. Ausgelöst durch den Energiepreisschock infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine setzte im Jahr 2022 ein Abwärtstrend in der Produktion ein, der besonders die energieintensive Industrie getroffen hat. Der Produktionsindex in diesem Bereich sackte ab, Einschnitte bei der Wertschöpfung sind die Folge.
Seit dem Energiepreisschock ging die Produktion in der energieintensiven Industrie um 10,6 % zurück
Produktionsindex, Jahr 2015 = 100, saisonbereinigt
Fazit
Die energieintensive Industrie hat durch die multiplen Krisen der vergangenen Jahre schwere Einbußen hinnehmen müssen. Hinzu kommen die Herausforderungen der grünen Transformation, die besonders von dieser Branche getragen werden müssen. Damit dies gelingt, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen: Die Sicherung wettbewerbsfähiger Energiepreise, Investitionen in eine verlässliche und zukunftsorientierte Energieinfrastruktur sowie eine zügige Reduktion der Abgabenbelastung auf Arbeit sind hier die Stellschrauben, an denen es zu drehen gilt, um Österreich auch in Zukunft als Industriestandort im internationalen Wettbewerb zu halten.
8.10.2024: Investitionsschwäche als anhaltende Wachstumsbremse
Investitionen sind Wachstumstreiber und Basis für die Wettbewerbsfähigkeit, die Arbeitsplätze und den Wohlstand von morgen. Die multiplen Krisen der letzten Jahre haben die Investitionstätigkeit in Österreich stark belastet, sodass bereits seit 2022 Wachstumsimpulse auf das BIP ausgeblieben sind. Nach den Rückgängen im vergangenen Jahr und 2024 ist laut WIFO auch 2025 keine Erholung in Sicht: Mit einem prognostizierten Nullwachstum bleibt das Investitionsvolumen im kommenden Jahr merklich unter dem Vorkrisenniveau von 2019.
Nullwachstum: Bruttoanlageinvestitionen bleiben auch 2025
unter Vorkrisenniveau
Bruttoanlageinvestitionen real gegenüber Vorjahr in % (linke Achse) und
Index 2019 =100 (rechte Achse)
Fazit
Anhaltende Unsicherheiten und nach wie vor hohe Finanzierungskosten haben zur Folge, dass Unternehmen sich auch nächstes Jahr in ihrer Investitionstätigkeit zurückhaltend zeigen dürften. Dabei sind Investitionen gerade jetzt notwendiger denn je, entscheiden sie doch maßgeblich über die künftige Wettbewerbsfähigkeit.
Laut WIFO könnte die Situation durch geeignete politische Impulse verbessert werden, etwa durch befristete Maßnahmen wie beschleunigte Abschreibungsmöglichkeiten, eine Ausweitung des Investitionsfreibetrags oder Investitionsprämien. Denn gerade in der aktuellen Konjunkturphase könnten die Multiplikatoreffekte der staatlichen Investitionsförderung überdurchschnittlich ausfallen.
1.10.2024: Deutsche Exporteure verlieren gegenüber China an Wettbewerbsfähigkeit
Die deutsche Wirtschaft entwickelt sich weiterhin sehr schwach. Als Gründe für die verhaltenen Wachstumsaussichten nennen die Expert:innen neben konjunkturellen Faktoren auch strukturelle Herausforderungen wie steigende Energiepreise, die Kosten der Dekarbonisierung und Digitalisierung der Wirtschaft, den demografischen Wandel und den damit einhergehenden Mangel an Arbeitskräften sowie einen sich intensivierenden internationaler Standortwettbewerb. Vor allem der Blick auf die Wettbewerbsverhältnisse Deutschlands mit China zeigt eine besorgniserregende Tendenz.
Deutschlands Vorteile im Wettbewerb mit China schmelzen dahin
Komparativer Wettbewerbsvorteil Deutschlands gegenüber China, 2012 - 2023, gew. RCA-Differenz
Fazit
Deutschlands Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China muss auch hierzulande aufhorchen lassen. Zum einen wirkt sich die daraus resultierende Wachstumsschwäche unseres wichtigsten Handelspartners negativ auf die heimische Exportwirtschaft aus. Zum anderen verlieren auch österreichische Industrieunternehmen zunehmend Marktanteile aufgrund einer verstärkten Konkurrenz durch subventionierte chinesische Industriegüter.
Zeit- und Handlungsdruck sind in jedem Fall enorm: Auf nationaler Ebene gilt es, schleunigst sämtliche Maßnahmen zu setzen, um Unternehmen kostenseitig zu entlasten und neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Auf europäischer Ebene ist die neue Kommission angehalten, zügig eine aktive, an EU-eigenen Interessen ausgerichtete strategische Industrie- und Handelspolitik zu etablieren.