Sujet EU Panorama
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EU-Wirtschaftspanorama 23/2024

Ausgabe 7. Juni 2024

Lesedauer: 8 Minuten

14.09.2024

Im Brennpunkt


Vertiefung der Kapitalmarktunion: Ein wichtiger Investitionsturbo für Europa

Detailansicht am Rand stehender Ein- und Zwei-Euro-Münzen auf Dokument mit Diagramm, darüber Schriftzug EU-Wirtschaftspanorama im Brennpunkt Vertiefung Kapitalmarktunion
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Europas Wirtschaft braucht eine große Menge an frischem Kapital, um den grünen und digitalen Wandel bestreiten zu können. Laut der Studie „Wirtschaftsstandort Europa: Lagebeurteilung und Handlungserfordernisse“ der WKÖ wäre eine Stärkung und Vertiefung der innerhalb der EU nach wie vor schwach ausgebildeten Kapitalmärkte der vielversprechendste Wachstumsimpuls, um die Finanzierung wichtiger Investitionen zu sichern.

Denn sowohl private als auch öffentliche Bruttoanlageinvestitionen sind seit 2020 weitgehend konstant geblieben. Laut WKÖ-Studie bedeutet dies, dass trotz des enormen Kapitalbedarfs, den die bevorstehende Twin Transition benötigt, der Bruttoinvestitionsanteil am BIP nicht wächst. Auch eine durch die EZB erwartete Leitzinssenkung sollte nicht zu einem größeren Wachstumsschub führen, da die Unternehmensfinanzierung durch Kreditvergabe in der EU bereits stark ausgebaut ist.

Frisches Kapital scheint auch nicht über ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investitions, FDI) nach Europa zu kommen. Die EU hat in den vergangenen Jahren sogar an Attraktivität als Investitionsraum eingebüßt. Der weltweite Anteil der EU an FDI ist mit rund 26 Prozent in den vergangenen zehn Jahren stagniert. In anderen Wirtschaftsräumen sind die FDIs hingegen gestiegen. In den USA haben sie sich von 19,1 auf 24,3 Prozent erhöht. Auch in den OECD-Ländern sind sie merklich auf 67,2 Prozent gestiegen. Es sollte für die EU ein Warnsignal sein, wenn ausländische Geldgeber:innen offenbar andere Märkte als Europa für Investitionen bevorzugen. 

Bleibt noch der bereits angesprochene europäische Kapitalmarkt. Die einzelnen Kapitalmärkte der EU sind weiterhin fragmentiert und unterentwickelt. Unternehmen finanzieren sich in der EU nur zu einem geringen Teil über Kapitalmarktinstrumente wie börsennotierte Aktien, Anleihen oder Venture Capital (z.B. Investitionen in Start-Ups). Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten ist das genaue Gegenteil der Fall. Aktien werden beispielsweise mehr als doppelt so stark als Finanzierungsinstrument genutzt. Auch der Anteil an Venture Capital in der EU ist unterentwickelt, dabei ist diese Finanzierungsform besonders wichtig, um innovatives Unternehmertum zu fördern.

Aus Sicht der heimischen Wirtschaft sind deshalb die Arbeiten an einer Vertiefung der Kapitalmarktunion begrüßenswert. Auf EU-Ebene gab es in den vergangenen Jahren viele Bestrebungen und Ideen, zuletzt vorgeschlagen durch eine vom französischen Finanzminister Bruno LeMaire eingesetzte Arbeitsgruppe und im Binnenmarkt-Bericht des italienischen Ex-Premiers Enrico Letta. 

Der Bericht enthält einige Vorschläge dazu, wie etwa die Schaffung einer Spar- und Investitionsunion, um privates Kapital für Investitionen zu mobilisieren. Weiters plädiert Letta für den Abbau der Fragmentierung von Steuersystemen sowie den Abbau von Bürokratie, um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern und Investitionen anzuregen.

Vonseiten der EU wird der Vertiefung der Kapitalmarktunion für die kommenden Monate besondere Priorität eingeräumt. Die Anstrengungen konzentrieren sich dabei auf ein investitionsfreundlicheres Ökosystem der Kapitalmärkte, Erleichterungen für Unternehmen und einen erleichterten Zugang der Bürger:innen zu den Kapitalmärkten. Im Raum stehen mehrere Überlegungen, unter anderem, wie der europäische Verbriefungsmarkt (Handel mit Wertpapieren aus Forderungen und Eigentumsrechten) attraktiver gemacht vereinfacht werden kann. Die Pläne beinhalten auch die Stärkung der unternehmerischen Finanzkompetenz, besonders bei KMU. Damit sollen sie sich in die Lage versetzt fühlen, auch grenzüberschreitende Beteiligungen einzugehen oder neue Finanzierungsquellen zu erschließen. 

Ansprechpartnerin: Astrid Satovich


Binnenmarkt


Handel innerhalb der EU erlebte 2023 leichten Rückgang

Im Vordergrund ist die Flagge der Europäischen Union, wie ein Vorhand zur Seite geschoben. Dahinter sind gestapelte Container, um Waren zu transportieren
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Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat betrugen die Exporte von EU-Staaten in andere EU-Länder im Vorjahr 4135 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zum Jahr 2022 einem Rückgang von 2,4 Prozent. Seit Beginn der 2000er-Jahre waren die intra-EU-Exporte bis August 2022 stetig gestiegen. Ausnahme waren Einbrüche während der Finanzkrise (2009) und der Covidpandemie (2020). Nach einem Höhepunkt im August 2022 setzte der langsame Abwärtstrend ein.

Der EU-Binnenmarkt umfasst 447 Millionen Menschen und 23 Millionen Unternehmen. Gerade für ein kleines, exportorientiertes Land wie Österreich ist der Binnenmarkt von besonderer Wichtigkeit. 70 Prozent des österreichischen Außenhandels werden mit den anderen EU-Staaten abgewickelt. Unser größter Handelspartner ist nach wie vor Deutschland, die Exporte in das Nachbarland beliefen sich 2023 auf 58,5 Milliarden Euro und damit 29,2 Prozent aller österreichischen Exporte. Insgesamt haben sich Österreichs Exporte in die EU zwischen 2002 und 2023 von 40 Milliarden Euro auf 144 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Laut Eurostat wachsen die heimischen Exporte in die EU jährlich um 4,3 Prozent.

Aber auch Märkte außerhalb der EU gewinnen an Bedeutung für uns. Gemessen an den Warenexporten von über 14,7 Milliarden Euro (7,4 Prozent aller Exporte) im vergangenen Jahr sind mittlerweile die Vereinigten Staaten unser zweitwichtigster Auslandsmarkt, gefolgt von Italien, welches lange Zeit den zweiten Platz innehatte, mit 12,4 Milliarden Euro (6,2 Prozent aller Exporte).

Ansprechpartner: Peter Dohr


Kurz & Bündig


EZB senkt Zinsen

Der EZB-Rat hat heute beschlossen, die drei Leitzinssätze der EZB um jeweils 25 Basispunkte zu senken. Dies stellt eine erstmalige Zinssenkung seit 2016 dar. Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität mit Wirkung zum 12. Juni 2024 auf 4,25 %, 4,50 % bzw. 3,75 % gesenkt. Der EZB-Rat sei entschlossen, für eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2 % zu sorgen. Er werde die Leitzinsen so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv halten, um dieses Ziel zu erreichen.


Melden Sie sich jetzt zum Exporttag24 am 18. Juni an!

Am 18. Juni lädt der Exporttag zum Blick „BEYOND THE BOX“. Jährlich mehr als 3.000 Besucher:innen und mehr als 100 internationale Expert:innen machen den Exporttag zur größten und wichtigsten Informations- und Netzwerkveranstaltung Österreichs. Holen Sie sich wertvollen Input, lassen Sie sich zu einem Blick über den nationalen Tellerrand verführen und profitieren Sie von persönlicher Beratung – die 64 Wirtschaftsdelegierten der WKÖ sowie über 30 Exportdienstleister freuen sich auf Sie. Melden Sie sich gleich an!


Wasserstoffmarkt: Kommission startet mit Arbeit an neuem Informations- und Vernetzungsmechanismus

Dieser Pilotmechanismus soll die Entwicklung des europäischen Wasserstoffmarktes unterstützen. Er wurde im Rahmen des kürzlich angenommenen „Pakets für dekarbonisierte Gase und Wasserstoff“ geschaffen. Der Mechanismus zielt darauf ab, die Kontakte zwischen Abnehmer:innen und Lieferant:innen zu erleichtern sowie ein klareres Bild der Marktsituation zu bieten. Das soll Investitionen in den europäischen Wasserstoffmarkt erleichtern. Der Mechanismus wird fünf Jahre bestehen und Teil der europäischen Wasserstoffbank sein. Zudem hat die Kommission ein Vergabeverfahren für die Entwicklung der IT-Plattform eröffnet, über welche der Mechanismus betrieben werden soll. Angebote können bis 12. August 2024, 16:00 Uhr (Brüssler Zeit) gelegt werden.


„Alliance for Zero-Emission Aviation“ will Wasserstoff und Elektrizität in der europäischen Luftfahrt ermöglichen

Auf der Luftfahrtmesse ILA Berlin hat die Alliance for Zero-Emission Aviation (AZEA) ihre Vision vorgestellt, wasserstoff- und strombetriebene Flüge in Europa zu ermöglichen. Die Vision setzt das Ziel, bis 2050 36 bis 68 Prozent der Flüge innerhalb der EU mit wasserstoff- und strombetriebenen Flugzeugen durchzuführen, und beschreibt, wie diese schrittweise in den Markt eingeführt und expandiert werden sollen. Die AZEA legt Schätzungen vor, dass mit Wasserstoff oder Strom betriebene Flugzeuge die CO2-Emissionen des Luftverkehrs auf Strecken innerhalb der EU bis 2050 um bis zu 31 Prozent senken könnten. AZEA wurde von der Europäischen Kommission als freiwillige Initiative privater und öffentlicher Partner:innen ins Leben gerufen, die darauf abzielen, die Inbetriebnahme von wasserstoffbetriebenen und elektrischen Flugzeugen zu entwickeln und vorzubereiten. Die Allianz versammelt Vertreter:innen von Flugzeughersteller:innen, Fluggesellschaften, Flughäfen, Energieunternehmen und Kraftstoffanbieter:innen, Normungs- und Zertifizierungsagenturen, Interessengruppen für Passagiere und Umwelt sowie Regulierungsbehörden.


Eurochambres veröffentlicht Policy-Rückblick für 2019-2024

Unter dem Motto „The Good, the Bad and the Ugly” hat Eurochambres, der europäische Dachverband der Wirtschaftskammern, eine Rückschau auf die zentralen Gesetzesvorhaben der auslaufenden EU-Legislaturperiode veröffentlicht. Dabei wurden aus Sicht der Wirtschaft positive sowie negative Trends aufgezeigt, sowie die Begründung dafür. Positiv hervorgehoben wurden unter anderem Initiativen, welche Unternehmen beim grünen und digitalen Wandel unterstützen. Dazu gehören der Net Zero Industry Act und der Critical Raw Materials Act. Ebenso wurde begrüßt, dass das Thema Erweiterung wieder zu einer europäischen Priorität wurde, wovon positive Impulse für die Wirtschaft zu erwarten sind. Kritisiert wurden Rechtsakte, welche zusätzliche, unverhältnismäßige bürokratische Belastungen für Unternehmen bringen, darunter insbesondere das europäische Lieferkettengesetz, kurz CSDDD. Nicht zuletzt werden stagnierende Prozesse auf EU-Ebene wie die Vertiefung der Kapitalmarktunion, sowie die weiterhin bestehende Fragmentierung des Binnenmarktes bemängelt. Interessierte können den Bericht hier nachlesen.


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ESMA sucht Economist and Risk Analysis Officer

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) mit Sitz in Paris (Frankreich) sucht:

  • Economist and Risk Analysis Officer (m/w/d)
    Contract Agent, Grade: FG IV, Reference: ESMA/2024/VAC04/FGIV, Deadline for applications: 17/6/2024, 23:59 (Paris local time)

Weitere Informationen sind online abrufbar.


EU-Agenda


Sitzungen der Europäischen Kommission

12. Juni 

  • Entwurf des Haushaltsplans 2025
  • Jährliche Management- und Leistungsbilanz für den EU-Haushalt
  • Vorstellung des gemeinsamen Umsetzungsplans für den Migrationspakt


Ausgewählte Tagungen des Rates  

13. − 14. Juni

  • Rat Justiz und Inneres
    • Verlängerung des vorübergehenden Schutzes für Personen, die aus der Ukraine geflohen sind
    • Schengen
      • Allgemeine Lage des Schengen-Raums
        • Schengen-Statusbericht 2024 der Kommission
        • Prioritäten für den Schengen-Rat-Zyklus 2024-2025
      • Schengen-Erklärungen (Billigung)
    • Migrations- und Asylpaket
    • Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts (Fortschrittsbericht)
    • Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung (allgemeine Ausrichtung)

13. − 14. Juni


Ausgewählte Ausschüsse des Europäischen Parlaments

12. Juni 

  • Haushaltsausschuss (BUDG) – Außerordentliche Sitzung
    • Annahme der Tagesordnung
    • Mitteilungen des Vorsitzes
    • Genehmigung von Sitzungsprotokollen (22. April 2024)
    • Erläuterungen zum Entwurf des Haushaltsplans der Kommission für 2025 durch Johannes Hahn, für Haushalt und Verwaltung zuständiges Mitglied der Kommission
    • Verschiedenes
    • Nächste Sitzung(en)

Ausgewählte laufende Konsultationen

Verkehr
Ökologisierung von Unternehmensflotten
6.2.2024 − 8.7.2024 

Maritime Angelegenheiten und Fischerei
Besserer Schutz von Haien durch nachhaltige Fischerei und nachhaltigen Handel
12.3.2024 − 4.6.2024

Wirtschaft, Finanzen und der Euro
Instrument für technische Unterstützung – Halbzeitevaluierung
18.3.2024 − 10.6.2024

Justiz und Grundrechte
Programm „Justiz“ − Abschlussbewertung des Programms 2014-2020 und Zwischenbewertung des Programms 2021-2027
3.4.2024 − 26.6.2024

Justiz und Grundrechte
Programme für Rechte, Gleichstellung, Unionsbürgerschaft und Werte (REC, EfC und CERV) – Evaluierungsbericht
4.4.2024 − 27.6.2024

Allgemeine und berufliche Bildung
Europäischer Bildungsraum − Zwischenbewertung
4.4.2024 − 27.6.2024  

Binnenmarkt
EU-Vorschriften für pyrotechnische Gegenstände − Bewertung
8.4.2024 − 1.7.2024

Binnenmarkt
EU-Vorschriften über zivile Explosivstoffe − Bewertung
8.4.2024 − 1.7.2024 

Zoll, Binnenmarkt
Drogenausgangsstoffe − Überarbeitung der EU-Vorschriften
17.4.2024 - 10.7.2024

Verkehr
Binnenschifffahrt − intelligente und flexible EU-Vorschriften über Schiffsbesatzungen
22.4.2024 - 15.7.2024

Energie, Klimaschutz
Anforderungen an die Energieverbrauchskennzeichnung von Computern
25.4.2024 − 18.7.2024

Energie, Klimaschutz
Ökodesignanforderungen an Computer − Überprüfung
25.4.2024 − 18.7.2024

Binnenmarkt
Europäische Normung − Bewertung
2.5.2024 − 25.7.2024 

Steuern
Zusammenarbeit im Bereich direkte Steuern − Bewertung
7.5.2024 − 30.7.2024

Umwelt
Handel mit Robbenerzeugnissen − Eignungsprüfung der EU-Vorschriften
15.5.2024 − 7.8.2024

Handel
Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) − Bewertung
28.5.2024 − 16.9.2024

Kultur und Medien
Programme des Programms Kreatives Europa − Evaluierungen 
31.5.2024 − 6.9.2024 

Inneres
Umsetzung der EU-Drogenstrategie und des EU-Drogenaktionsplans 2021-2025 – Evaluierung
3.6.2024 − 26.8.2024


REDAKTION: 
Alexander Maurer, EU Representation der WKÖ

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