Arbeitslosengeld – Arbeit fördern, nicht Arbeitslosigkeit

Argumente der WKÖ

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Aktualisiert am 18.07.2024

Vielfach wird eine Erhöhung des Arbeitslosengelds gefordert und argumentiert, dass Österreich im internationalen Vergleich nur wenig gewähren würde. Dabei zeigt gerade der internationale Vergleich: Österreich ist bereits großzügig, eine Erhöhung wäre gegen den internationalen Trend und arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv. 

Der internationale Vergleich

Das Arbeitslosengeld beträgt derzeit mindestens 55 % des letzten Nettolohns. Aufgrund von Zuschlägen liegt das Arbeitslosengeld faktisch meist weit höher: So verbleiben einem österreichischen Haushalt nach dem Jobverlust fast 80% des zuvor verdienten Nettoeinkommens.

Über die Hälfte der Arbeitslosen (Personen mit niedrigem Arbeitslosengeld, mit Kindern) erhält ein Arbeitslosengeld, das höher ist als die Nettoersatzrate von 55 %. Darüber hinaus erhält ein großer Teil der Arbeitslosen zum Arbeitslosengeld noch zusätzliche Sozialleistungen, etwa Wohnbeihilfe, Heizkostenzuschuss, Familienbeihilfe, Befreiung von Gebühren, etc.

Nach der OECD liegt Österreich im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit international im guten Mittelfeld. Bei längerer Bedürftigkeit liegt Österreich in der OECD an vierter Stelle, weil es sein Transferniveau hält, während die meisten Länder es drastisch senken. Langzeitarbeitslose erhalten in Österreich zeitlich unbegrenzt Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, ein Unikum.

Arbeitslosengeld in Prozent vom Nettolohn im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit und im Fünfjahresschnitt
© WKÖ

Kosten einer Erhöhung des Arbeitslosengelds 

Die von manchen geforderte Anhebung des Arbeitslosengelds  auf 70 % des Nettolohns würde das Arbeitsmarktbudget  um rund 1 Milliarde Euro zusätzlich belasten. 

Zusätzlich leistet fast die Hälfte der Pflichtversicherten keine oder nur geringere Arbeitslosenversicherungsbeiträge, nicht nur ein weiterer Widerspruch zum Versicherungsgedanken sondern auch ein Grund, dass sich die Erhöhung der Arbeitszeit für die Personen zu wenig lohnt.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Arbeitskräftemangels wäre die Erhöhung der Nettoersatzrate der falsche Weg, stattdessen braucht es In-Work-Benefits. Besonders wichtig ist es daher, die richtigen Akzente zu setzen und die Anreize zur Beschäftigungsaufnahme zu stärken, anstatt über höhere Transfers nachzudenken. Der Fokus sollte auf einer degressiven Staffelung des Arbeitslosengeldes und einer Einschränkung des geringfügigen Zuverdiensts neben dem Arbeitslosenbezug liegen, damit sich die Aufnahme einer regulären Beschäftigung in jedem Fall lohnt.

Arbeit fördern, nicht Arbeitslosigkeit 

Alle internationalen Studien und Erfahrungen belegen, dass günstige Rahmenbedingungen für Beschäftigung und gezielte Förderungen die Beschäftigung heben. Arbeitsmarktpolitisch erfolgreich sind daher etwa Eingliederungsbeihilfe und Kombilohn. Die Eingliederungsbeihilfe ist ein Zuschuss an den Arbeitgeber, der bereit ist, Arbeitslose mit Nachteilen am Arbeitsmarkt einzustellen. Der Kombilohn geht an Arbeitslose, die bereit sind, eine niedriger entlohnte Tätigkeit aufzunehmen. 

Eine Anhebung von Transfers reduziert hingegen Beschäftigung, weil die Mittel an anderer Stelle fehlen und der Anreiz zur Beschäftigungsaufnahme sinkt. Die Ökonomen Diamond, Mortensen und Pissarides erhielten 2010 den Wirtschaftsnobelpreis, als sie zeigten, dass die Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes die Arbeitslosigkeit beeinflusst. Je höher das Arbeitslosengeld, desto länger die Suchzeit. Die OECD hat Österreich bereits gewarnt, dass die hohe Notstandshilfe zu geringe Arbeitsanreize bietet. Der Abstand zu einem (offiziellen) Erwerbseinkommen ist - auch wegen der hohen Abgabenbelastung auf Erwerbseinkommen - zu gering.

Lohnnebenkosten inkl. Arbeitslosenversicherungsbeitrag senken 

Österreich hat die dritthöchste Abgabenbelastung des Faktors Arbeit in der OECD. So ist Österreich mit einem Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 5,9 % (davon 2,95 % für Arbeitgeber und 2,95 % für Arbeitnehmer) im Spitzenfeld. In Deutschland beträgt der Beitragssatz 2,6 %, in der Schweiz
2,2 %, in Italien 1,6 %, in Slowenien 0,2 %, in Ungarn 1,5 %, in der Slowakei 2 %, in Tschechien 1,2 %, und in Polen 2,45 %. Das liegt auch daran, dass die Notstandshilfe aus dem Arbeitsmarktbudget finanziert wird. In Deutschland und anderen Ländern werden Sozialtransfers für Langzeitarbeitslose (z.B. Hartz IV) aus dem allgemeinen Budget finanziert. 

Vorrang hat daher eine Senkung von Lohnnebenkosten, darunter auch des Arbeitslosenversicherungsbeitrags. Zu diesem Zweck sind die vom Rechnungshof empfohlene Harmonisierung von Notstandshilfe und Sozialhilfe sowie eine alternative Finanzierung der Notstandshilfe zu prüfen.


 

Autorin: Mag. Gabriele Straßegger 
Mai 2024