Nächster Mehrjähriger Finanzrahmen ab 2028
Zukunft der EU-Finanzierung: Prioritäten, Aufgaben und die Rolle der Schuldenaufnahme
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Die Wirtschaftskammer Österreich als Interessenvertretung der österreichischen Wirtschaft bringt bereits in dieser vorentscheidenden Phase grundlegende Überlegungen sowie spezifische Vorschläge zu den einzelnen Finanzschwerpunkten für die Zeit ab 2028 in den Planungsprozess ein.
Bevor Überlegungen über die Finanzierung (Einnahmenseite) angestellt werden, müssen die künftigen Aufgaben der EU klar definiert bzw. geklärt werden, welche Bereiche sinnvollerweise aus EU-Mitteln (ko-)finanziert und welche Bereiche dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend von den einzelnen Mitgliedstaaten finanziert werden sollen. Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt werden müssen, in welchen Bereichen nicht gekürzt bzw. wie Geldmittel in andere (produktivere) Bereiche umgeschichtet werden sollen.
Grundsätzlich ist im EU-Haushaltrecht die Schuldenaufnahme beschränkt, zB auf Sondersituationen wie die Covid-19 Pandemie. Zuerst wäre die Grundsatzdiskussion zu führen, welche (künftigen) Aufgaben die EU wahrzunehmen hat, bevor Überlegungen zur Finanzierung angestellt werden.
Die Lehren aus der Pandemie sollten gezogen und die Ergebnisse der Evaluierung der in dieser Zeit geschaffenen Instrumente [1] aus unserer Sicht abgewartet werden, bevor allenfalls ein neuer permanenter Fonds installiert wird.
Europäische Mittel für europäische Projekte mit europäischem Mehrwert sollen verstärkt bereitgestellt werden. Umschichtungen im bestehenden EU-Budget werden dazu nötig sein, um dies sicherstellen zu können. Unter Umständen könnte es allerdings notwendig sein, ausnahmsweise neue Mittel aufzunehmen, sofern die Umschichtungen nicht ausreichen.
Auch aus der Stellungnahme der WKÖ zum Letta-Bericht geht hervor: Sobald (europäische) öffentliche Güter von essenziellem gemeinsamem Interesse identifiziert wurden, müssen auch die Mittel bereitgestellt werden, um sie zu finanzieren. Gedacht ist an Förderung der F&I zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Gemeinsame Verteidigung und Grenzschutz sowie Energie- und Verkehrsinfrastruktur. Aufgrund von Spill-Over Effekten kommt dem privaten und öffentlichen Sektor dabei eine wichtige Rolle zu und es stellt sich daher die Frage, wie die Möglichkeit einer gemeinsamen Kreditaufnahme durch die EU-Mitgliedstaaten besser genutzt werden kann, um Investitionen in Bereichen, in denen zersplitterte Ausgaben die Gesamteffizienz verringern, zu erhöhen. Durch verbesserte Rahmenbedingungen müssen die Ziele begleitend unterstützt werden.
Die Anwendung der goldenen Regel (Finanzierung von öffentlichen Investitionen insbesondere in den grünen und digitalen Wandel durch Budgetdefizite und Nichtanrechnung dieser Ausgaben auf das jeweilige nationale Budget) lehnen wir ab.
Vorhandene Mittel sollen zunächst ausgeschöpft werden, bevor die Aufnahme neuer Schulden ausnahmeweise in Betracht gezogen wird. Wie bei SURE sollten die Ergebnisse der Evaluierung des NextGenerationEU-Programms durch die Kommission berücksichtigt werden. Eine etwaige weitere ausnahmsweise Schuldenfinanzierung sollte wie Next Generation EU auf alle Fälle an Reformen geknüpft werden. Der EU-Haushalt muss grundsätzlich ausgeglichen sein (Art 310 Abs. 1 AEUV).
[1] Hier ist vor allem der SURE-Fonds zu erwähnen (förderte die Kurzarbeit während der Lockdowns in insgesamt 19 Mitgliedstaaten mit insgesamt Darlehen von 100 Mrd.€, besichert durch freiwillige Garantien der Mitgliedstaaten und finanziert durch 9 Tranchen Sozialbonds mit 5-30-jähriger Laufzeit), der bis Ende 2024 evaluiert wird und dazu dienen soll, um aus SURE ein permanentes stabilitätspolitisches Instrument gegen externe Schocks zu machen.