WKÖ-Präsident Harald Mahrer
© WKÖ/Nadine Studeny

WKÖ-Mahrer/LH-Stv. Pernkopf: Energiewende kann nur mit gut ausgebautem, belastbarem Gas- und Stromnetz gelingen

Bisher zu wenige Maßnahmen für Infrastrukturausbau - Versorgungssicherheit braucht mehr als Speicherbefüllung – Netzinfrastrukturfonds soll Kosten für Kund:innen verringern

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Aktualisiert am 21.11.2023

"Erneuerbare Energien und Grüner Strom bringen nichts, wenn wir die Energie nicht zuverlässig, zu wettbewerbsfähigen Preisen und effizient zu Menschen und Unternehmen bringen können. Tatsache ist: Ohne eine leistungs- und widerstandsfähige Netzinfrastruktur werden wir die Energiewende nicht schaffen", stellte Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), heute im Rahmen eines gemeinsamen Pressegesprächs mit Niederösterreichs LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, klar. Entsprechend rasch müsse nun der Ausbau vorangetrieben werden – nicht zuletzt im Interesse der Versorgungssicherheit, deren hoher Stellenwert spätestens durch den Ukraine-Krieg offensichtlich geworden ist. "Wir können unseren Gesamtenergieverbrauch nicht allein durch inländische Förderung und Erzeugung decken. Gasspeicher zu füllen, reicht also nicht. Wir brauchen auch die nötigen Netze, um den Speicherstand krisensicher aufrechterhalten zu können – und auch, um für die Zukunft gerüstet zu sein", so Mahrer, "denn schließlich kann das alles ja auch für Grünes Gas und Wasserstoff genutzt werden". 

Gas kurz- und mittelfristig nicht ersetzbar, leistungsfähige Gasinfrastruktur von zentraler Bedeutung

Gas sei sowohl für Haushalte als auch für die Industrie kurz- und mittelfristig nicht ersetzbar, die heimischen Vorkommen decken aber nur 7 Prozent des Bedarfs, was Österreich sehr importabhängig macht. Der Hauptteil des Bedarfs wird aktuell nach wie vor durch Lieferungen aus Russland gedeckt, der verbleibende Teil kommt u.a. Beispiel aus Norwegen sowie über LNG-Mengen. "Angesichts des drohenden Auslaufens des russisch-ukrainischen Gastransitvertrags müssen wir mit dem Totalausfall von russischen Gaslieferungen ernsthaft rechnen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wurde seitens des zuständigen Bundesministeriums für Energie aber zu wenig für die Diversifizierung bei den Gasimporten – etwa über alternative Pipelines - getan", so Mahrer. Stattdessen habe man sich auf die Speicherbefüllung zu Höchstpreisen konzentriert – ohne nachhaltige Investitionen im Infrastrukturbereich. Auch Unternehmen haben für die erforderlichen Investitionen weder Unterstützung noch einen verlässlichen Rahmen erhalten. "Die wiederholten Forderungen der Wirtschaftskammer wurden nicht berücksichtigt", so Mahrer. Dabei liegen die Forderungen am Tisch: Fast-Track-Genehmigungen für standortkritische Versorgungssicherheitsprojekte, das Finden von Alternativen zum Gastransit durch die Ukraine, den Beschluss von Gesetzen zur Förderung erneuerbarer Gase, Wasserstoff-Ertüchtigung der bestehenden Gasinfrastruktur, mehr politisches Engagement im Hinblick auf "Entry Murfeld" und "Entry Arnoldstein", um die Versorgung Österreich vom Süden her sicherzustellen. "Neben einer sicheren Gasversorgung dürfen wir außerdem bei den Stromnetzen nicht auf der Leitung stehen", wie der Präsident hervorhob. 

Wer mehr Energie erzeugen will, muss mehr Leitungen bauen

"Wer A sagt, muss auch B sagen: Wer mehr Energie erzeugen will, muss auch mehr Leitungen bauen! Im Moment passiert das aber viel zu schleppend, viel zu zögerlich und viel zu bürokratisch. Für die Menschen und die Betriebe in Österreich bedeutet der schleppende Netzausbau eklatant höhere Stromkosten. Allein im Vorjahr entstanden österreichweit Mehrkosten von 2 Mrd. Euro durch nicht ausreichende Leitungskapazitäten. Für die Energiewende und damit für den Klimaschutz bedeutet das, dass Ökostrom-Anlagen abgeschaltet werden, weil das Netz den Strom oft gar nicht mehr aufnehmen kann" skizzierte Stephan Pernkopf die aktuelle Lage. Auch beim Thema Strom sei die Energiewende ohne entsprechenden Netzausbau nicht zu schaffen. Ebenso wenig könne Versorgungssicherheit garantiert werden: "Wir brauchen einen massiven Ausbau der überregionalen Netze, sowohl beim Strom als auch beim Gas. Sonst sehen wir sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Energiewende gefährdet." Österreich müsse jetzt rasch ins Tun kommen – und auch entsprechend Geld in die Hand nehmen, um im Energiebereich zukunftsfit aufgestellt zu sein, wie Pernkopf forderte: "Österreich braucht massive Investitionen und ein Strom- & Gasnetze-Beschleunigungsgesetz sowie eine klare Priorität für den Ausbau dieser Infrastruktur bei der eControl." 

Netzinfrastrukturfonds für sichere, planbare Finanzierung des Investitionsbedarfs

Aus Sicht von WKÖ stelle sich beim Ausbau der Netzinfrastruktur naturgemäß die Finanzierungsfrage. "Wir schlagen hier einen neu zu schaffenden Netzinfrastrukturfonds vor, der die Kosten für die Kund:innen gering halten soll – sei es bei Strom- oder Gasnetz. Immerhin sind rund 20 Mrd. Euro an notwendigen Netzinvestitionen zu erwarten - rund 5 Mrd. davon sollte im Rahmen eines entsprechend dotierten Fonds der Staat tragen", präzisierte Mahrer, der abschließend hinzufügte: "Was es braucht, sind mehrjährige, stabile Rahmenbedingungen, deren genaue Ausgestaltung die Regierung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen und Expert:innen diskutieren und ausarbeiten muss. Wir brauchen diese Planungssicherheit für die notwendigen Investitionen in Österreichs Energiezukunft – und wir müssen sofort damit anfangen. Denn nur so können wir die Versorgungssicherheit gewährleisten und gleichzeitig die Energiewende schaffen."

(PWK409/RA)

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